Pressestimmen

Reformzwang in Griechenland "In Athen ist es fünf nach zwölf"

Griechenlands Präsident Alexis Tsirpas und Finanzminister Yanis Varoufakis versuchen, die Schuldenkrise wegzulächeln. Angela Merkel und Co. sind sauer - auch ohne den berühmten Mittelfinger. Die deutsche Presse zweifelt an Reformen in Athen.

Die Lüneburger Landeszeitung spricht von einem "Silberstreif am Horizont", den die griechische Presse nach dem Spitzentreffen in Brüssel ausmache. "Dem kann man zustimmen, wenn damit angesprochen sein soll, dass die Europartner unverdrossen weitersuchen nach einer Lösung im Schuldenstreit - sachlich, alle verbalen Giftpfeile und andere Brüskierungen außer Acht lassend." Aber substanziell könne von einem "Silberstreif" noch keine Rede sein, meint das Blatt. "Für das Setzen des Lichtleins am Ende des Tunnels ist die Links-Rechts-Regierung in Athen nämlich ganz allein zuständig. Und da sind Zweifel angebracht - mit Blick auf auch früher schon gemachte Zusagen, die dann nicht eingehalten wurden." Nun verspricht Athen eine Selbstverständlichkeit - die Wiederaufnahme der Kooperation mit den Geldgeber-Institutionen. Ferner erneut eine Liste mit Reformvorschlägen, diesmal aber vollständig und schnell.

"Es ist doch wohl vollkommen ausgeschlossen, dass Europa einem bankrotten Griechenland, in dem Massenarmut und Hungersnot, das Zusammenbrechen der Gesundheits- und der Energieversorgung und der staatlichen Ordnung zu Lebensverhältnissen wie in einem scheiternden Dritte-Welt-Land führen, nicht zur Seite stehen würde", schreibt die Berliner Zeitung. Zu den im Falle des Bankrotts verlorenen Milliardenkrediten kämen also neue Milliarden, um die europäischen Landsleute im Süden vor den ärgsten Folgen einer desaströs gescheiterten Rettungspolitik zu retten, so das Blatt.

Der Münchner Merkur sieht wieder einen Brüsseler Gipfel-Krimi. "Wieder ein 'Durchbruch' nach durchlittener Nacht. Und wieder die Frage: Wie lange hält sich die Athener Regierung diesmal an ihre Zusagen, die sie, das Messer an der Kehle, nur gemacht hat, um in letzter Minute frische Milliarden zu erhalten?" Den Optimismus der Kanzlerin, nun werde an neuem Vertrauen gearbeitet, hält das Blatt in Ehren: "Aber in Athen ist es 5 nach 12. Kein Investor dieser Welt schafft Jobs in einem Land, in dem eine unternehmensfeindliche Regierung sich an ihrem Gequatsche von der Weltrevolution berauscht, statt sich an die Arbeit zu machen." Wo ist es denn, das Sofortprogramm zum Abbau bürokratischer Hürden für Investoren. Zur Heimholung von in der Schweiz gebunkertem Schwarzgeld? Zur Einführung von Kapitalkontrollen, fragt sich die Zeitung. "Syriza steht blank da."

Für das Offenburger Tageblatt  reicht es eben nicht, wenn die Anführer des Athener Krisenmanagements - allen voran Tsipras und Varoufakis - mit ins Gesicht getuckertem Dauergrinsen durch die Welt laufen und selbstgefällig Milliarden fordern. Wer so richtig dicke Schecks zur Errettung aus der eigenen Not verlangt, muss Gegenleistungen nicht nur bieten, sondern liefern. Davon ist Athen meilenweit entfernt."

"Die griechische Regierung muss so schnell wie möglich einen tragfähigen Reformplan vorlegen, dann bekommt sie die ausständigen Milliarden aus dem zweiten Hilfspaket", fordern das Straubinger Tagblatt und die Landshuter Zeitung. Wenn das funktioniere, werde Athen bald ein drittes Paket brauchen, so die Zeitungen. Und dann vermutlich noch einige. "Seine Schulden wird es wohl nie zurückzahlen. Ein Schrecken ohne Ende. Besser wäre es, jetzt einen Schlussstrich zu ziehen, bevor noch mehr Geld sinnlos verbrannt wird."

Zusammengestellt von Lisa Schwesig

Quelle: ntv.de

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