Pressestimmen

Athen lehnt Kooperation mit Troika ab "Mit solchen Leuten ist kein Staat zu machen"

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Beim Besuch des Eurogruppen-Chefs Jeroen Dijsselbloem in Athen kommt es zum Eklat. Die neue Regierung unter Alexis Tsipras sagt der Troika die Zusammenarbeit ab. Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis bezeichnet den Zusammenschluss der Kontrolleure von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds als ein illegales und antieuropäisches Gremium. Die Kommentatoren der deutschen Presse rätseln über die wahren Absichten hinter dem Athener Muskelspiel.

Der General-Anzeiger ist der Ansicht, Athen habe sein Blatt wohl überreizt: "So handelt eine Regierung, die einen innenpolitischen Schaukampf führen will. Diplomatisch geschickter und effizienter wäre es gewesen, solche Schritte in Verhandlungen einzubringen. Jetzt kann die Eurogruppe nichts anderes tun, als die offene Brüskierung zurückzuweisen. Aus dem Eklat droht eine Krise zu werden. Den Preis für diese Eskalation werden am Ende die Griechen zahlen."

"Der Sieg von Alexis Tsipras war auch eine Niederlage von Angela Merkel", kommentiert der Spiegel. Die Griechen hätten eine radikale Regierung gewählt, "um sich von deutschem Druck zu befreien". Deutschland müsse sich, so das Magazin weiter, in Geduld üben: "Eine Politik, die zunächst richtig wirkt, erweist sich als falsch, wenn sie die Lage nicht besser macht, sondern schlechter. Jetzt muss die Politik dafür sorgen, dass die Lage wieder besser wird. Dafür sollte sie ihre Ziele und Strategien definieren. Für die Deutschen heißt das: Nachsicht üben." Mit Blick auf den neuen starken Mann Griechenlands bemerkt das Blatt: "Wenn Tsipras einen Funken politischen Verstandes hat, dann weiß er, dass er Merkel nicht zu viel zumuten darf, denn selbstverständlich ist sie weiterhin den deutschen Wählern verpflichtet, und die AfD lauert. Nichts wäre schlimmer als ein gegenseitiges Aufschaukeln der Populisten. Sollte Tsipras genau das wollen, hat Europa keine Chance."

Der Tagesspiegel sieht eine gewisse Kontinuität im Verhalten des neuen griechischen Premiers: "Worüber Tsipras verhandeln will, entspricht genau seinen Wahlkampfaussagen. Er fordert neue Bedingungen für die Hilfskredite von 240 Milliarden Euro, will einen Schuldenerlass von 50 Prozent und eine Streckung der Tilgung der dann noch ausstehenden Beträge."  Die griechische Haltung zu einer Verlängerung des bisherigen Hilfspaketes würde sich erst bei den Verhandlungen mit der Troika aus IWR, EZB und Europäischer Union zeigen. Auf einer Ablehnung zu beharren, "wäre gleichbedeutend mit der unmittelbaren Staatspleite".

Die Hessische Niedersächsische Allgemeine plädiert für eine harte Hand der EU-Verantwortlichen im Umgang mit Griechenland: "Nach Jahren der gefälschten Statistiken, der gebrochenen Vereinbarungen und angesichts einer immer noch nicht funktionierenden griechischen Verwaltung konnte es für die institutionellen Helfer des Landes, die Europäische Union, die Europäische Zentralbank und den Weltwirtschaftsfonds, nur einen verantwortlichen Kurs gegenüber Griechenland geben: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Mit der Rücknahme der Sparbeschlüsse, der Ankündigung milliardenschwerer Ausgaben und dem Rauswurf der Troika hat die neue Regierung in Athen in kürzester Zeit maximalen politischen Schaden angerichtet. Mit solchen Leuten ist kein Staat zu machen. Aber auch keine Währungsgemeinschaft. Brüssel, wir haben ein Problem."

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.

Quelle: ntv.de

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