Treffen der G7-Staaten "Ohne Russland geht nicht viel"
05.06.2015, 21:00 Uhr
2014 annektierte Russland die Krim. Seitdem haben die weltweit wichtigsten Industrienationen Moskau aus ihren Reihen verbannt und aus G8 wurde wieder G7. Auch bei dem Gipfeltreffen im bayerischen Elmau sitzt der russische Präsident Wladimir Putin nicht mit am Tisch. Richtig so, findet die Presse. Eine Dauerlösung aber sei das nicht.
"Was sind die G7 ohne Russland wert", fragt der General-Anzeiger. Mit Russland zu reden, sei sinnvoller, als Präsident Wladimir Putin zu isolieren, meint die Zeitung aus Bonn. Aber Putin habe "in brutaler Weise die territoriale Ordnung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg verändert. Er hat sich mit der Halbinsel Krim Land genommen, das ihm nicht gehört. Das konnte nicht folgenlos bleiben."
Das sieht das Mindener Tageblatt genauso: "Dass regelmäßige Treffen in überschaubarem Kreis persönliches Vertrauen wachsen lassen können, ist ein alter Hut. Aber deswegen nicht weniger wahr. Clubs teilen zudem gemeinhin Werte, zumindest aber Regeln. Russland war ein gern gesehener Neuzugang, als man noch Hoffnung auf eine demokratische Entwicklung haben durfte. Putin hat Vertrauen enttäuscht, Regeln gebrochen. Ihn auszuladen, war konsequent. Allerdings wird 'G7' auf Schloss Elmau mehr demonstrieren müssen als völkerrechtliche Selbstverständlichkeiten. Zukunftsfähigkeit, zum Beispiel."
Auch der Neuen Osnabrücker Zeitung erscheint der Schritt "verständlich", Putin nicht dabei haben zu wollen, da die Annexion der Krim ein völkerrechtswidriger Akt gewesen sei. "Andererseits schmälert Putins Abwesenheit die Bedeutung des Gipfels erheblich. Denn ohne Russland geht in vielen Bereichen nichts oder nicht viel."
Die Frankfurter Rundschau glaubt, dass ein G8-Treffen nicht so schnell wieder stattfinden wird. Ohne Moskau aber "werden viele Themen wie Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht vorankommen." Die G7-Mitglieder sollten sich ihrer Gemeinsamkeiten und ihrer Werte – hier seien vor allem die Menschenrechte zu nennen – vergewissern und dafür in der globalisierten Welt eintreten. "Der G7-Club würde dann auch zeigen, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die wichtigsten Industrienationen versuchten, den anderen Staaten die wirtschaftlichen Regeln zu diktieren."
Auf Schloss Elmau müsse es aber auch darum gehen, "wie Russland in den Club der wichtigsten Industrienationen zurückgeholt werden kann oder, falls dieser Weg schon verbaut ist, wie sonst ein neuer Gesprächsfaden geknüpft werden kann", so die Freie Presse aus Chemnitz. Niemand könne ein Interesse an einer Neuauflage des Kalten Krieges haben. Außerdem wäre Europa ärmer "ohne den kulturellen und wirtschaftlichen Austausch mit Russland. Und auch für die Russen, die viel in Westeuropa investiert haben, wäre es ökonomischer Unsinn, die Beziehungen auf dem jetzigen Niveau einzufrieren. Der Umgang mit Russland wird für die G7-Staaten zur Bewährungsprobe."
"Das Bedauern über den 'Ausschluss' Russlands ist auch irgendwie fad", schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung, denn "Russland, als Nachfolgemacht der Sowjetunion, hätte niemals zu diesem Kreis hinzukommen dürfen, dessen Mitglieder viel mehr als nur eine vergleichbare Wirtschaftsordnung verbindet. Wer anführt, Russland werde gebraucht zur Regelung vieler Konflikte, der hat nicht unrecht, sei aber an den UN-Sicherheitsrat verwiesen. Dort kann sich Russlands Wille zur Kooperation ja zeigen."
Zusammengestellt von Katja Sembritzki
Quelle: ntv.de