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Recht verständlich Darf der Kollege die Krankmeldung übernehmen?

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Im Gesetz ist die sogenannte Anzeigepflicht festgelegt.

Im Gesetz ist die sogenannte Anzeigepflicht festgelegt.

(Foto: dpa)

Ein Arbeitgeber mahnt einen Mitarbeiter ab, weil dieser sich nicht selbst bei dem Vorgesetzten krankmeldete, sondern einen Kollegen bat, dies zu übernehmen – zu Recht?

Das Arbeitsgericht Emden hat entschieden, dass eine Krankmeldung nicht unbedingt persönlich bei dem Vorgesetzten erfolgen muss, sondern auch durch einen Boten erfolgen kann (Aktenzeichen 2 Ca 263/21). Mahnt der Arbeitgeber deshalb ab, ist dies nicht wirksam, und die Abmahnung ist zu entfernen.

Wie war der Fall?

Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.

Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.

Ein Schlosser verletzte sich bei der Arbeit und entschied sich, direkt einen Arzt aufzusuchen. Er meldete sich nicht persönlich bei seinem Vorgesetzten arbeitsunfähig, sondern bat seinen Kollegen, dies auszurichten und verließ den Arbeitsort. Der Kollege überbrachte die Krankheitsnachricht auch direkt absprachegemäß. Der Arbeitgeber erteilte eine Abmahnung mit der Begründung, dass der Mitarbeiter sich persönlich hätte krankmelden müssen. Der Mitarbeiter akzeptierte diese Abmahnung nicht und klagte vor dem Arbeitsgericht.

Das Urteil

Das Entgeltfortzahlungsgesetz regelt in Paragraf 5 die Verpflichtung der Mitarbeitenden, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Unverzüglich bedeutet ohne schuldhaftes Zögern, also grundsätzlich direkt am ersten Tag der Erkrankung und spätestens zu Arbeitsbeginn. Eine Versendung eines Schreibens per Post wäre zum Beispiel nicht mehr unverzüglich, sondern es wäre eine Übermittlungsform zu wählen, die den Arbeitgeber unverzüglich erreicht, wie zum Beispiel telefonische Krankmeldung oder Abmeldung per E-Mail.

Die Arbeitsrichter gaben dem Mitarbeiter recht, dass er diese Verpflichtung hier erfüllt hat. Eine höchstpersönliche Mitteilung mag zwar im Zuge einer guten und vertraulichen Zusammenarbeit zu empfehlen sein, ist aber rein rechtlich nicht erforderlich. Die Krankmeldung kann auch durch einen Boten wie beispielsweise einen Familienangehörigen oder - wie hier - einen Kollegen erfüllt werden. Eine Arbeitsvertragspflichtverletzung, die etwa zu einer Abmahnung führen könnte, liegt dann nicht vor. Der Arbeitgeber unterlag also und musste die Abmahnung aus der Personalakte entfernen.

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Bei einer Krankmeldung durch einen Boten trägt aber der Mitarbeiter das Risiko, dass der Bote die Meldung auch unverzüglich und richtig übermittelt. Denn allein, dass der Kollege Bescheid weiß, reicht nicht aus. Ein Kollege ist anders als der Vorgesetzte nicht als "Arbeitgeber" im Sinne des Gesetzes anzusehen, bei dem die Krankmeldung erfolgen muss. Meldet der Kollege also gar nicht oder zu spät, kann je nach Einzelfall eine Abmahnung berechtigt sein.

Rechtsanwältin Dr. Alexandra Henkel ist Fachanwältin für Arbeitsrecht, Wirtschaftsmediatorin und Business Coach.

(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 28. Februar 2023 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de

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