Widerstand gegen E-Gesundheitskarte Kläger blitzen ab
28.06.2012, 12:42 UhrAlles, was die elektronische Gesundheitskarte bislang von der herkömmlichen Krankenkassen-Karte unterscheidet, ist ein Foto. Doch in Zukunft sollen weitere Daten auf der Karte gespeichert werden können. Daran stoßen sich nicht nur Datenschützer, sondern auch Ärzte- und Patientenverbände. Sie wollen jetzt bis vors Bundesverfassungsgericht ziehen, um die neue Karte zu stoppen.
Die Gegner der elektronischen Gesundheitskarte sind in einem Musterverfahren vor dem Düsseldorfer Sozialgericht gescheitert. Die Karte sei in ihrer jetzigen Form gesetzes- und verfassungsgemäß, befand das Gericht. Der Kläger, der von mehreren Verbänden unterstützt wird, hatte dies bezweifelt und die Nutzung der Karte verweigert. Er sieht sich in seinem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt.
Dem widersprach das Gericht: Auf der Karte seien bislang lediglich, wie auf den alten Karten, die Stammdaten des Versicherten gespeichert. Nur das Lichtbild sei neu. Alle künftig geplanten Anwendungen seien freiwillig und nur bei Einwilligung des Versicherten vorgesehen. Über diese Anwendungen wie die Notfalldaten und die elektronische Krankenakte habe das Gericht aber im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden gehabt.
Breites Bündnis gegen E-Karte
Die elektronische Gesundheitskarte ist bereits an Millionen Versicherte verteilt worden. Im kommenden Jahr sollen alle rund 70 Millionen gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland im Besitz der Karte sein. Der 32-jährige Kläger will durchsetzen, dass er auch ohne die neue E-Karte weiterhin Kassenleistungen erhält. Dabei wird er aus einem Bündnis aus Datenschützern, Patienten- und Ärzteverbänden unterstützt, zu dem auch der Medizinerverband Freie Ärzteschaft zählt. Die Gegner der E-Card sehen in der neuen Karte den Schlüssel für eine künftige technische Vernetzung von Ärzten, Krankenhäusern und Apotheken mit zentralen Servern, die sie vor dem Verfassungsgericht stoppen wollen.
Das Düsseldorfer Urteil dürfte der Auftakt zu einem Prozess-Marathon sein: Kläger-Anwalt Jan Kuhlmann kündigte bereits Berufung beim Landessozialgericht in Essen an. Zwar werden der Klage auch in zweiter Instanz wenig Chancen eingeräumt, eine Entscheidung der Essener Richer würde jedoch den Weg zum Bundesverfassungsgericht freimachen. "Ich schätze, 2013 sind wir in Karlsruhe", sagte Kuhlmann nach der Düsseldorfer Verhandlung.
Die elektronische Gesundheitskarte wird seit dem vergangenen Oktober an die Versicherten ausgeliefert. Derzeit sind auf der umstrittenen Karte nur die üblichen Stammdaten wie Name, Geburtsdatum, Adresse und Krankenversicherungsnummer gespeichert, die auch auf den bisherigen Versichertenkarte enthalten sind. Neu ist ein Foto des Versicherten, das den Missbrauch der Karte eindämmen soll. Künftig sollen Versicherte auch freiwillig Notfalldaten etwa zu Vorerkrankungen, Allergien oder Blutgruppe speichern lassen. Diese lassen sich – anders als die später geplante elektronische Patientenakte - auch ohne PIN-Eingabe abrufen.
Alle Angaben freiwillig
Der Kläger äußerte datenschutz- und verfassungsrechtliche Bedenken gegen die elektronische Gesundheitskarte. Die konnte das Gericht aber nicht nachvollziehen: Die derzeit auf der E-Card gespeicherten Pflichtangaben seien "komplett identisch" mit den Angaben auf der herkömmlichen Krankenversicherungskarte, begründete die Düsseldorfer Sozialrichterin Elke Hagemann die Abweisung der Klage. Alle übrigen Angaben seien freiwillig.
Durch die Pflichtangaben sei der Kläger nicht in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Eine Befreiung von der Pflicht zur elektronischen Gesundheitskarte sei gesetzlich nicht vorgesehen und dies sei verfassungsrechtlich auch nicht bedenklich. Der Versicherte bestimme schließlich selbst über die Informationen, die auf der neuen Karte gespeichert würden.
Der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, zeigte sich am Rande des Düsseldorfer Verfahrens von der Niederlage in erster Instanz nicht überrascht. "Wir haben damit gerechnet, dass das Sozialgericht so entscheiden wird", sagte Grauduszus. Das Düsseldorfer Urteil sei "kein Rückschlag" für die Gegner der neuen Karte. "Letztlich wird Karlsruhe die Entscheidung treffen müssen."
Quelle: ntv.de, ino/AFP/dpa