Ratgeber

EUgH kippt Kündigungsregel Mehr Schutz für Arbeitnehmer

Für hunderttausende Arbeitnehmer in Deutschland gelten ab sofort längere Kündigungsfristen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jetzt entschieden, dass die bisherige Regelung, wonach bei den Kündigungsfristen die Beschäftigungszeiten erst vom 25. Lebensjahr an berücksichtigt werden, gegen das EU-Recht verstößt. Dabei handele es sich um verbotene Altersdiskriminierung. Als Konsequenz muss Deutschland das Gesetz ändern, Gerichte sollen die Regelung nicht mehr anwenden. (Az: C-555/07)

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(Foto: picture-alliance/ dpa/dpaweb)

 

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist mindestens vier Wochen. Für den Arbeitgeber erhöht sie sich mit der Betriebszugehörigkeit in mehreren Stufen auf bis zu sieben Monate nach zwanzig Jahren. Dabei zählt allerdings die Beschäftigung vor dem 25. Geburtstag nicht mit. Nach Angaben der Gewerkschaften Verdi und IG Metall wurde die 25-Jahres-Grenze in zahlreichen Tarifverträgen mit mehreren Millionen Beschäftigten übernommen, etwa für die Banken, weite Teile des Einzelhandels, die Metall- und Elektroindustrie oder auch für Arzthelferinnen.

Seit 1926 im BGB

Die bisherige Regelung wurde bereits 1926 ins BGB übernommen. Sie soll den Unternehmen mehr Flexibilität sichern und eine Entlastung bei der Kündigung jüngerer Arbeitnehmer bewirken. Den Jüngeren könne ein Wechsel des Arbeitgebers und auch des Arbeitsorts eher zugemutet werden, argumentierte Deutschland auch in dem nun vom EuGH entschiedenen Streit. Nach dem Luxemburger Urteil könnten diese Gründe eine unterschiedliche Behandlung nach dem Alter durchaus rechtfertigen, so die Richter. Allerdings schieße die deutsche Regelung weit über das Ziel hinaus, weil sie unabhängig davon gilt, wie alt die Arbeitnehmer bei ihrer Entlassung sind. Im Ergebnis kann sich die Regelung bis zum Alter von 45 Jahren auswirken.

 

Im Streitfall hatte ein Unternehmen in Nordrhein-Westfalen eine 28-jährige Mitarbeiterin nach zehnjähriger Betriebszugehörigkeit entlassen. Die gesetzliche Kündigungsfrist betrug nur einen Monat. Hätten auch die Beschäftigungsjahre vor ihrem 25. Geburtstag mitgezählt, wären es vier Monate gewesen. Die Frau klagte vorm Oberlandesgericht Düsseldorf, das den Streit wiederum dem EugH vorlegte.  Der gab der Frau nun recht, formal muss nun noch das Landesarbeitsgericht entscheiden.

Gültig ab sofort

Der EuGH legte in seinem Urteil allerdings schon fest, dass deutsche Gerichte die rechtswidrige Regelung ab sofort nicht mehr anwenden dürfen. Im Normalfall binden EuGH-Urteile bis zur Änderung der deutschen Gesetze nur die öffentliche Hand. Zum Verbot der Altersdiskriminierung hatte der EuGH allerdings bereits 2005 festgestellt, dass dies zu den "allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts" gehört, also sozusagen zur ungeschriebenen EU-Verfassung. Mit der Diskriminierungsrichtlinie aus dem Jahr 2000 werde dieser Grundsatz nur konkretisiert. Solche allgemeinen Grundsätze seien aber auch für Private unmittelbar bindend, betonte der EuGH.

Quelle: ntv.de, AFP

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