"Skandalöser Vertrieb" Riester in der Kritik
09.12.2008, 17:32 UhrRentenversicherungen stehen immer noch mit Abstand auf Platz eins der beliebtesten Riester-Produkte. Doch die erste Wahl ist nicht immer die beste, das zeigen die Zahlen, die das Bundesarbeitsministerium am Montag veröffentlichte. Demnach haben rund 950.000 Riester-Versicherte ihren Vertrag gekündigt, den Anbieter gewechselt oder die Beitragszahlungen ausgesetzt. Zudem registriert sie BaFin für dieses Jahr so viele Beschwerden wie noch nie. Es sind vor allem hohe Abschluss- und Verwaltungskosten, die Riester-Sparer auf die Palme bringen.
Da passt die Meldung der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gut ins Negativ-Bild: Ihnen läge die interne Vertriebsanweisung eines Finanzdienstleisters vor, die gezielt den Wechsel in provisionsträchtigere Tarife empfehle, erklären die Verbraucherschützer. Dabei haben es die Versicherer besonders auf Verträge abgesehen, die vor 2005 geschlossen wurden. Damals mussten die Abschlusskosten noch auf zehn Jahre verteilt werden. Bei Neuverträgen gilt dagegen eine Fünfjahresfrist gut für die Versicherungen, die so schneller Kasse machen können.
Zwei Kündigungsgründe
Für die hohe Zahl der Kündigungen - immerhin ist jeder zehnte Rentenversicherungsvertrag betroffen - haben die Verbraucherschützer dann auch zwei Ursachen ausgemacht. Zum einen die Verbraucher selbst, die beim Blick auf die jährliche Versicherungsübersicht feststellen, wie sehr die Kosten ihre Rente schmälern. "Die Finanzvertriebe haben bislang schlicht die teuersten Riester Verträge verkauft, denn hier winken die höchsten Provisionen", sagt Niels Nauhauser, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Zum anderen wird der Wechselwille laut Verbraucherzentrale von den Finanzvertrieben selbst geschürt. Sie würden Versicherten mit Altverträgen zum Wechsel in andere Tarife raten - und dabei kräftig Provision kassieren. Dies lege die vorliegende Vertriebsanweisung nahe, die nach Nauhausers Ansicht kein Einzelfall sein dürfte. Deshalb will er auch keine Namen nennen: "Das Problem betrifft die ganze Branche."
Imageschaden befürchtet
Das merken die Verbraucherschützer auch an der zunehmenden Zahl der Beschwerden, die an sie herangetragen werden. Darunter haarsträubende Fälle wie die des älteren Herrn mit hohem Sicherheitsbedürfnis, dem der Wechsel in eine Fondspolice nahegelegt wurde. "Derart provisionsgeleitete Vorsorgeempfehlungen schaden der gesamten privaten Altersvorsorge" empört sich Nauhauser und fordert die Politik zum Handeln auf, bevor der Imageschaden der geförderten Altersvorsorge zu einem Käuferstreik in der Bevölkerung eskaliere. Denn am Riester-Modell an sich will Nauhauser gar nicht rütteln. Man müsse sich eben nur rechtzeitig schlau machen und für ein geeignetes Produkt entscheiden.
Quelle: ntv.de