Ruinöse Krankenversicherung? So können Privatversicherte den Beitragsschock abmildern
27.09.2024, 11:16 Uhr Artikel anhören
Die PKV wird für viele Menschen deutlich teurer.
(Foto: dpa)
Gesund, jung und privat krankenversichert? Das ist meist eine gute Sache. Doch die Zeiten ändern sich, die Beiträge steigen - und zwar massiv. Betroffene können dennoch sparen oder vielleicht auch in die Gesetzliche zurückwechseln.
Privat krankenversicherte Personen müssen sich in Deutschland auf teils horrende Beitragserhöhungen von bis zu 30 Prozent im kommenden Jahr einstellen. Erklärungsmodelle dafür, dass die Beiträge für die private Krankenversicherung (PKV) deutlich steigen, gibt es einige. Höhere Leistungsausgaben der Versicherer zum Beispiel, die im Schnitt um 13,5 Prozent gestiegen sind, wobei Hauptkostentreiber die Behandlungen im Krankenhaus waren. Noch dazu haben die Versicherer immer größere Schwierigkeiten, neue Kunden zu gewinnen. Nicht zuletzt deshalb, weil an System und Tragfähigkeit der privaten Krankenversicherung zunehmend gezweifelt wird.
Durchschnittlich 18 Prozent Beitragserhöhung sollen es für zwei Drittel der insgesamt 8,7 Millionen vollversicherten PK-Versicherten sein. In einigen Fällen seien auch 30 Prozent möglich, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
Tarif innerhalb der PKV wechseln
Ungeachtet dessen, ob es politische Lösungen für den Problemfall PKV geben wird, haben Versicherte schon jetzt die Möglichkeit, bei ihrer Krankenversicherung zu sparen. Denn viele Versicherer bieten parallel mehrere Tarife an. Unter Umständen ist es so möglich, die gleiche Leistung bei derselben Versicherung in einem anderen Tarif für deutlich weniger Geld zu bekommen. Eine entsprechende Anfrage bei der eigenen PKV kann so einige Hundert Euro im Monat sparen. Grundsätzlich sind die Konzerne sogar dazu verpflichtet, bei einer Beitragserhöhung ihre Kunden über diese Möglichkeit zu informieren.
Langjährig privat Krankenversicherte sollten allerdings nicht einfach wie gesetzlich Versicherte die Krankenkasse wechseln, wenn ihnen diese zu teuer wird. Denn es ist wenig sinnvoll, den Vertrag zu kündigen, um zu einer anderen Versicherung zu wechseln. Dann gehen die über meist viele Jahre angesparten Alterungsrückstellungen verloren, was den neuen Tarif nach kurzer Zeit extrem teuer macht.
Gut aber, dass es nach Paragraf 204 des Versicherungsvertragsgesetzes den Versicherten das Recht gibt, jederzeit in einen anderen Tarif innerhalb der eigenen Assekuranz mit dem sogenannten gleichartigen Versicherungsschutz zu wechseln. Tut er das innerhalb einer Gesellschaft, bleiben ihm auch die Altersrückstellungen erhalten und eine neuerliche Gesundheitsprüfung erspart. Zumindest so lange die Leistungen des neuen Kontrakts nicht höher sind.
Immer wenn der Versicherer den Beitrag erhöht, muss er den Kunden auf günstigere Alternativen hinweisen. Die Verbraucherzentralen empfehlen, dass Kunden ihr Versicherungsunternehmen unter Berufung auf den Paragrafen 204 auffordern sollten, ihnen Angebote zum Wechsel in sämtliche den Wünschen entsprechende Tarife zu unterbreiten. So weit, so gut - in der Theorie. In der Praxis kommt es jedoch häufig zu Problemen, wollen Versicherte ihren gesetzlich verbrieften Anspruch eines Tarifwechsels in Anspruch nehmen, wie unter anderem der Verbraucherzentrale Bundesverband in der Vergangenheit berichtete.
In Basis- oder Standardtarif wechseln
Wem die Beitragslast dennoch zu hoch ist, der hat die Möglichkeit, beim eigenen Versicherer in einen sogenannten Basistarif zu wechseln. Dieser bietet gesetzlich vorgeschrieben das gleiche Leistungsniveau wie die gesetzliche Krankenversicherung. Bei hohen Beitragszahlungen lassen sich hierdurch die Belastungen nahezu halbieren. Natürlich aber auch zulasten der Leistung. Möglich ist dies aber nur für Versicherte, die seit 2009 privat krankenversichert sind und für jene, die bereits vor 2009 Mitglied waren, sofern sie mindestens 55 Jahre alt sind, Rente oder Pension beziehen oder hilfsbedürftig im Sinn des Sozialrechts sind. Im Basistarif bezahlen Versicherte maximal den Höchstbeitrag, den auch die gesetzlichen Krankenversicherungen verlangen (höchstens 1050,53 Euro pro Monat - Versicherte mit Kindern zahlen einen etwas niedrigeren Beitrag).
Wer seine Beiträge gar nicht mehr bezahlen kann, hat auch die Möglichkeit, in den sogenannten Standardtarif zu wechseln. Dafür muss der Versicherte aber mindestens zehn Jahre privat versichert sein, mindestens 55 Jahre alt und weniger als derzeit 62.100 Euro verdienen oder mindestens 65 Jahre alt sein oder jünger und eine Rente beziehen, die unter der Beitragsbemessungsgrenze liegt. Die monatlichen Kosten hierfür liegen im Schnitt laut PKV-Verband bei etwa 400 Euro im Monat und sind damit rund um die Hälfte günstiger als der Basistarif. Dennoch sollten wechselwillige Versicherte im Einzelfall die Tarife detailliert vergleichen.
Wer zu einem anderen privaten Versicherer wechseln möchte, kann seinen alten Vertrag innerhalb von zwei Monaten nach Erhalt der Beitragserhöhung kündigen. Allerdings muss der Versicherte dann meist mit einer erneuten Gesundheitsprüfung sowie wegfallenden Altersrückstellungen rechnen.
Als Rentner Zuschuss beantragen
Rentner können von der gesetzlichen Rentenversicherung einen Beitragszuschuss erhalten, wenn sie privat oder freiwillig krankenversichert sind. Dieser Zuschuss muss jedoch beantragt werden. Die Höhe hängt von der individuellen Rentenhöhe, dem allgemeinen Beitragssatz der gesetzlichen Krankenversicherung und dem Zusatzbeitrag der eigenen Krankenkasse ab. Der allgemeine Beitragssatz beträgt derzeit 14,6 Prozent.
Als Zusatzbeitrag wird der durchschnittliche Zusatzbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung zugrunde gelegt. Dieser liegt derzeit bei 1,7 Prozent. Der Beitragszuschuss wird maximal in Höhe der Hälfte der Versicherungsprämie gezahlt.
Zurück in die Gesetzliche
Manch einen zieht es aber auch gleich zurück in den Schoß der Gemeinschaft. Doch ein Wechsel in die gesetzliche Krankenkasse (GKV) steht nicht allen Privatversicherten offen. Zurückwechseln können alle Angestellten, die weniger als 56.250 Euro (Jahresarbeitsentgeltgrenze) verdienen. Wer mehr verdient, kann die Arbeitszeit verringern, ein Sabbatical einlegen oder, wenn der Bruttolohn nur wenig über der genannten Jahresarbeitsentgeltgrenze liegt, auch in die betriebliche Altersvorsorge einzahlen. Das mindert ebenfalls den Bruttolohn. Auch wer arbeitslos wird, kann wieder unter den Schutz der Gesetzlichen zurück.
Selbstständige haben es deutlich schwerer. Denn dafür ist die Beendigung der unternehmerischen Tätigkeit erforderlich. Wer diese aufgibt, kann sich gegebenenfalls beim Ehepartner familienversichern lassen oder aber arbeitslos melden. Wenn die Möglichkeit besteht, sollte ein Wechsel ins Angestelltenverhältnis überdacht werden.
Ein Zurück ist allerdings nur dann noch möglich, wenn der Versicherte unter 55 Jahre alt ist. Für Ältere ist dies nur noch erlaubt, wenn sie in den letzten fünf Jahren wenigstens einen Tag lang gesetzlich krankenversichert waren. Für den, der bereits in Rente ist, gibt es jedoch keinen Weg zurück in die gesetzliche Krankenversicherung.
Quelle: ntv.de