Nächste Erhöhung abwehren Strompreisrekord steht kurz bevor - handeln!
20.10.2019, 07:24 Uhr
Wer bei der jetzt bevorstehenden Preiserhöhungswelle nicht selber handelt, darf sich über steigende Stromkosten im kommenden Jahr nicht beschweren.
(Foto: imago images/McPHOTO)
Die EEG-Umlage steigt 2020 um 5,5 Prozent und Strom-Netzentgelte um 7 Prozent. Für Experten ist klar: Die nächste Preiserhöhung steht vor der Tür. Und dies, obwohl laut Check24 schon jetzt mehr als 600 Anbieter die Preise erhöht haben. Verbraucherschützer fordern Stromkunden zum Handeln auf.
Experten sind sich einig: Etliche Stromanbieter werden ihren Kunden in den kommenden Wochen unliebsame Preiserhöhungen zusenden. Neben der um 5,5 Prozent steigenden EEG-Umlage haben die großen Übertragungsnetzbetreiber bereits ebenfalls einen Kostenanstieg von durchschnittlich 7 Prozent für 2020 verkündet.
Das Vergleichsportal Check24 prognostiziert auf Basis der steigenden EEG-Umlage sowie den ebenfalls steigenden Netzentgelten Mehrkosten von 44 Euro für einen Musterhaushalt mit 5000 Kilowattstunde (kWh) Verbrauch. Darin enthalten sind noch nicht die gestiegenen Beschaffungskosten, die Anbieter zusätzlich an Verbraucher weiterreichen werden. Damit dürften Deutschlands Verbraucher Marktexperten zufolge den bisherigen Stromkosten-Spitzenreiter Dänemark mit den teuersten Strompreisen in Europa überholen.
Viele Anbieter setzen noch immer bewusst auf Trägheit ihrer Kunden
Dieses Spiel kennt man, seit Jahren steigt der Strompreis. Für Verbraucher ist dies frustrierend, für Stromanbieter hingegen ein äußerst lukratives Geschäftsmodell. Schließlich befinden sich noch immer knapp 30 Prozent aller Haushalte in Deutschland in den teuren Grundversorgertarifen. Auf diese treuen Kunden bauen viele Stromanbieter und bitten sie besonders stark zur Kasse.
Gleichzeitig erhalten neue Kunden, selbst wenn sie zu den gleichen Anbietern wechseln, allerlei Vergünstigungen und Bonusprämien als Willkommensgeschenk. Der Grund: Auf der Suche nach neuen Kunden müssen sich Stromanbieter dem Wettbewerb stellen, während die Anbieter ihren langjährigen Kunden deutlich mehr berechnen können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen. Schließlich nehmen viele Kunden Preiserhöhungen zwar zur Kenntnis, unternehmen jedoch nichts dagegen. Und dies trotz deutlich günstigerer Vergleichsangebote, die häufig mehrere hundert Euro unter den jährlichen Stromkosten der Grundversorgertarife liegen. Eine repräsentative Studie der WIK-Consult im Auftrag von Check24 hat diese Mehrkosten ermittelt: Demnach zahlen Verbraucher in Deutschland in Summe 311 Millionen Euro mehr im Jahr als sie eigentlich müssten.
Verbraucherschützer üben Kritik
Hinzu kommt: Selbst in Jahren, in denen Stromanbieter von gesunkenen Beschaffungskosten profitiert haben, ist diese Kostenersparnis bei Verbrauchern in den wenigsten Fällen angekommen. Verbraucherschützer kritisieren diesen einseitigen Umgang mit Preisveränderungen schon lange: "Bei sinkenden Beschaffungspreisen müssen die Kunden oft jahrelang warten, bis diese Entwicklung auf ihrer Rechnung ankommt. Steigen die Preise, haben sie dagegen schnell Post vom Versorger im Briefkasten oder im Mail-Postfach", bestätigte Udo Sieverding, Energieexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, erst kürzlich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
Stromanbieter können sich dieses Vorgehen erlauben, da nicht ausreichend Verbraucher mit einem Anbieterwechsel ein deutliches Zeichen gegen diese Geschäftspraktiken setzen. Trotz einem Sparpotenzial von mehreren hundert Euro pro Jahr tun sich viele Verbraucher schwer damit, ihren Stromtarif jedes Jahr mittels eines der klassischen Vergleichsportale zu überprüfen und selber zu wechseln. Dies spiegelt sich auch in den Marktzahlen der Bundesnetzagentur wider: 69 Prozent der Haushalte haben laut dem jüngsten Monitoringbericht der Aufsichtsbehörde noch nie den Stromanbieter gewechselt. Folglich setzen viele Anbieter bewusst darauf, dass Verbraucher auch bei der anstehenden Preiserhöhungswelle keine Taten folgen lassen.
Das Fehlen einer verbraucherfreundlichen Lösung, um sich vor Preissteigerungen zu schützen, hat ein neues, schnell wachsendes Marktsegment hervorgebracht: Sogenannte Tarifaufpasser versprechen kontinuierlich nach günstigeren Preisen Ausschau zu halten und Strom- beziehungsweise Gastarife automatisch zu optimieren, wenn sich ein besseres Angebot findet. Dazu werden diese rechtzeitig vor Ablauf der Kündigungsfrist oder im Falle einer Preiserhöhung aktiv und vergleichen den eigenen Tarif mit allen verfügbaren Tarifangeboten im Markt. Sobald sich ein besserer Tarif findet, leiten diese Aufpasser automatisch einen Anbieterwechsel ein, um das Sparpotenzial zu sichern. Im Gegensatz zu den klassischen Vergleichsportalen braucht man sich somit nicht mehr darum zu kümmern, den eigenen Tarif Jahr für Jahr selber zu überprüfen. Der gesamte Optimierungs- und Wechselaufwand wird von diesen Dienstleistern vollautomatisch übernommen.
Stiftung Warentest: "Das ist bequem und lohnt sich"
Im Frühjahr diesen Jahres hat Stiftung Warentest neun solcher Tarifaufpasser einem Langzeittest unterzogen und kam zu einem positiven Ergebnis: "Das ist bequem und lohnt sich". Stiftung Warentest hat die Dienstleister Esave , SwitchUp.de, Wechselpilot und Wechselstrom im Test als "sehr empfehlenswert" eingestuft. Während man bei der Mehrheit der Tarifaufpasser einen Teil der Ersparnis als Gebühr bezahlt, findet sich unter den sehr empfehlenswerten Wechselassistenten mit SwitchUp.de auch ein kostenfreier Service, der laut Warentest der Marktführer unter den Tarifaufpassern ist.
Wer bei der jetzt bevorstehenden Preiserhöhungswelle nicht selber handelt oder diese Aufgabe einem der neuen Wechselassistenten überträgt, darf sich über steigende Stromkosten im kommenden Jahr nicht wundern. Auch für das Folgejahr ist keine Besserung in Sicht. Laut einer Prognose der Denkfabrik Agora Energiewende wird die EEG-Umlage im Jahr 2021 einen noch größeren Sprung machen und mit 7 Cent je Kilowattstunde ein Rekordniveau erreichen. Als treuer Kunde hat man dann einmal mehr das Nachsehen, da Stromanbieter auch künftig entspannt an der Preisschraube drehen können, solange sich Verbraucher nicht dagegen wehren.
Quelle: ntv.de, awi