Ratgeber

Der Rosellenturm in Neuss Wohnen im Adlerhorst

Schwarz und massiv ragt der Rosellenturm bei Neuss in den Himmel. Früher diente das Gebäude als Getreidesilo; heute haben sich Stefanie Clement und Wolfgang Hübner in luftiger Höhe ihr besonderes Zuhause geschaffen. Im oberen Drittel des Turms sind nun Stahlbetondecken eingezogen; hier befinden sich die Wohnräume. Seit mittlerweile zwei Jahren lebt das Paar in dem Turm. Wie ein „Adlerhorst" sollte ihre Wohnung sein: Festung und Nest, ein Rückzugsort zwanzig Meter über der Erde.

Herzstück des Turms

Im Erdgeschoss haben sich die beiden eine Bar eingerichtet, die Theke besteht aus einem alten Stahlträger. Der Raum ist knapp zwölf Meter hoch – ein ungewöhnliches Schmuckstück für ein privates Gebäude. Theoretisch können in den vorhandenen Raum aber in Zukunft auch noch weitere Stockwerke eingezogen werden; Fahrstuhl und Treppenhaus sind auf diese Möglichkeit bereits ausgerichtet.

Das Zentrum in den rechteckigen Grundmauern dominiert ein fast ellipsenförmiger Schacht aus Sichtbeton, der mit Treppe und Aufzug die Stockwerke miteinander verbindet. Das raue Material fühlt sich überraschend warm an. "Wir wollten die Heizung, die normalerweise im Fußboden liegt, in die Wand bringen", erklärt Bauherr Wolfgang Hübner. "Diese Betonwand ist unser Energiespeicher. Wir haben ein 40 Meter tiefes Loch in die Erde gebohrt, über das wir dem Erdreich Wärme entziehen. Über eine Wärmepumpe wird diese noch erhöht und über den Betonschacht in den Turm geleitet." So erhalten sie eine Vorlauftemperatur von 28 Grad, was ausreicht, den ganzen Gebäudekomplex auf eine Temperatur von durchgehend zwanzig Grad zu erwärmen.

Diese Wandheizung war ein Experiment - es ist geglückt. Überhaupt haben sich die beiden Eigentümer in der siebenjährigen Bauzeit auf manches Neuland begeben: Um Geld bei den Bauarbeiten zu sparen, machte Wolfgang Hübner beispielsweise einen Kranführerschein. Dann ersteigerte er einen Kran im Internet und konnte den Schacht eigenhändig einbauen. "Wenn meine Freundin sagt, sie will einen Turm – na, dann bau' ich ihr eben einen Turm", sagt Wolfgang Hübner.

Keine geschlossenen Räume

Der Beton-Kern bildet das Herzstück des Turms. Er teilt den Grundriss in zwei unterschiedliche Räume auf, ohne die Außenwände zu berühren. "Die Grundidee des Entwurfs war, offenen Räume zu schaffen", sagt Johannes van Linn, van den Valentyn Architektur. "Dazu haben wir den Kern frei in den Grundriss eingestellt und eine Zonierung der Räume erhalten, ohne dass wir mit irgendwelchen Wänden an die vorhandenen Mauern anschließen." Man kann in jeder Etage im Kreis um den Betonschacht von einem Raum in den anderen treten, ohne dass Mauern oder Türen den Weg versperren. "Dadurch lässt sich an jeder Stelle wieder der Grundriss spüren", so Johannes van Linn. Die rechteckigen Außenmauern schaffen klare und gerade Linien. Der runde Kern bildet dazu einen weichen Kontrast und fügt sich wie selbstverständlich in die Räume ein.

Erscheint der Turm von außen durch seine Farbgebung und die kleinen Fenster relativ dunkel, wird man im Inneren von der Helle der Räumlichkeiten überrascht. Der Architekt und die Bauherren entschieden sich gegen den Einbau von großen Panorama-Fenstern, stattdessen gibt es viele relative kleine Fenster. "Wir bekommen Licht aus allen Himmelsrichtungen", sagt Johannes van Linn, "dadurch ist es zu jeder Tageszeit sehr hell." Ein weiterer willkommener Effekt sei, dass man die nähere Umgebung des Turms, ein Teilgewerbegebiet mit Werkstätten, aus dem Blickfeld ausblende. "Durch die kleinen Fenster schauen wir direkt in den Himmel, das ist sehr sympathisch", findet der Architekt. Will man dennoch einmal den Panoramablick auf Neuss genießen, kann man dies aber von der Dachterrasse aus tun.

Quelle: ntv.de

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