Bundesliga und die Terror-Gefahr Die Show muss weitergehen
18.11.2015, 20:22 Uhr
Leere Stadien wie nach der Länderspiel-Absage soll es am Wochenende nicht geben
(Foto: imago/Matthias Koch)
Nach der Länderspielabsage in Hannover scheint die Unbeschwertheit im Fußball vorerst passé. Im Geheimen werden bereits Sicherheitsstandards verschärft. Die meisten Spieler und Fans begegnen der neuen Situation jedoch mutig.
Polizeisirenen statt Fan-Gesänge - der Schock von Hannover zwingt den deutschen Fußball zum Umdenken. Die Angst vor Terroranschlägen hat auch die Bundesliga erreicht. Zwar wurden Gedanken an eine Absage des kommenden Spieltages schnell verworfen, aber die Verschärfung der Sicherheitsstandards wird intensiv diskutiert. In tiefer Sorge sprach Martin Kind, Präsident von Hannover 96, vom Beginn einer neuen Zeitrechnung: "Das wird den Fußball verändern und stellt uns vor eine neue Herausforderung." Ähnlich bestürzt äußerte sich Ligapräsident Reinhard Rauball: "Der Fußball hat mit dem heutigen Tag in vielen Facetten eine andere Wendung bekommen."
Wie schwer die Rückkehr in den Alltag nach den Terrorakten von Paris zu werden scheint, offenbarten die Vorkommnisse beim Länderspiel in Hannover. Abermals wurde die Freude am Sport von der Angst vor Terror überlagert. Unter diesem Eindruck forderte 96-Chef Kind ein einheitliches Konzept für alle Bundesligavereine unter Federführung der Deutschen Fußball Liga (DFL).
13. Spieltag findet statt

Entsetzt konstatiert Ligapräsident Reinhard Rauball, der Fußball habe in vielen Facetten eine andere Wendung bekommen.
(Foto: imago/Ulmer)
Weitere Absagen soll es nach Möglichkeit vorerst jedoch nicht geben. Wie die DFL erklärte, bleiben die Ansetzungen für den 13. Spieltag an diesem Wochenende unverändert. Der DFB-Sicherheitsbeauftragte Hendrik Große Lefert verteidigte diese Entscheidung am Nachmittag: "Sicherlich müssen wir alle wachsam sein. Aber es gibt keine Erkenntnisse von jedweder Gefährdung. Wir sollten nicht in Panik verfallen, sondern uns auf das konzentrieren, was über Jahre im Sicherheitsbereich entwickelt wurde."
Über die zu treffenden Vorkehrungen entscheiden die Sicherheitsbehörden vor Ort. Sie stehen mit den zuständigen Behörden der Länder und des Bundes in engem Kontakt. Trotz der aktuellen Gefahrenlage sprachen sich die Vereinsvertreter unisono für eine Durchführung des Spieltages aus. Die deutlichsten Worte fand BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke: "Es gibt keine Alternative. Wir müssen als Zivilgesellschaft Courage zeigen und dürfen nicht kapitulieren. Sonst jubeln doch genau die Leute, die jetzt nicht jubeln sollen." Die Reise zum Spiel der Borussia am Freitag in Hamburg tritt er nach eigenen Angaben ohne Angst an.
Sicherheitsdetails sind geheim
Erste Maßnahmen für das Wochenende sind bereits in Planung. Vielerorts werden mehr Ordnungskräfte eingesetzt und intensivere Einlasskontrollen stattfinden. Nicht zuletzt deshalb empfahlen einige Clubs ihren Anhängern eine frühzeitige Anreise. "Ich kann den Fans schon jetzt sagen: Bringt mehr Zeit, mehr Geduld und keine Rucksäcke mit", sagte Werder Bremens Geschäftsführer Hubertus Hess-Grunewald. Zu weiteren Details wollten sich die Vereine jedoch nicht äußern. "Wichtige Voraussetzung für die Sicherheit unserer Besucherinnen und Besucher ist die Tatsache, dass wir keine Details der Vorkehrungen an die Öffentlichkeit tragen", kommentierte Franz Spitzauer, Geschäftsführer Finanzen und Marketing beim FC Ingolstadt.
Bedenken, dass viele Fußballanhänger aus Sorge um ihre Sicherheit die Arenen meiden, hegen die Bundesligisten nicht. Aussagen aus Fankreisen untermauern diese Einschätzung. "Ich kenne keinen, der wegen dieser Ereignisse sagt: Jetzt gehe ich nicht ins Stadion", sagte Jan-Henrik Gruszecki. Der einstige Sprecher der "12:12"-Kampagne, mit der vor drei Jahren vehement gegen verschärfte Maßnahmen in den Bundesligastadien protestiert wurde, gab sich kämpferisch: "Angst habe ich nicht. Angst will ich vor allem nicht haben. Diesen Triumph möchten wir diesen Geisteskranken nicht überlassen."
Lahm vertraut Politik und Behörden
Mit einer ähnlichen Einstellung gehen die Profis die kommenden Aufgaben auf nationaler Bühne an. "Ich laufe nicht im Stadion auf und habe Angst, dass etwas passiert", sagte Bayern-Kapitän Philipp Lahm dem "Münchner Merkur". "Ich vertraue der Politik und den Behörden, die entscheiden, ob etwas stattfindet oder nicht, die im Rahmen der Möglichkeiten die akute Gefährdung einschätzen können."
HSV-Coach Bruno Labbadia will das Thema vor der Partie gegen Dortmund ausblenden. "Es ist nicht so, dass wir es verdrängen, aber jeder hat eine andere Art, es zu verarbeiten." Der Terror und seine Auswirkungen seien in den Medien präsent, er wolle es nicht noch größer machen, indem er es mit den Spielern lange diskutiere. Fußball solle generell Freude bringen. "Das versuchen wir den Fans am Freitag wieder nahezubringen."
Quelle: ntv.de, Heinz Büse, dpa