
In Ungarn feierte Mick Schumacher seinen ersten Sieg in der Formel 2. Der Ferrari-Junior deutete dort sein Potenzial für die F1 an.
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Die Sommerpause der Formel 1 ist traditionell die Zeit für Spekulationen: Wer hat sein Cockpit für das nächste Jahr schon sicher? Wer wechselt das Team? Welche Piloten müssen sich in der zweiten Saisonhälfte beweisen? n-tv.de gibt einen Überblick, welche Fahrer-Paarungen bereits fest stehen und welche Sitze für 2020 noch frei sind. Im ersten Teil geht es um Plätze vier bis zehn der Konstrukteurswertung, von McLaren bis Williams. Während McLaren schon alle Fragen geklärt hat, haben Renault und Alfa Romeo noch einen Platz zu vergeben. Für Nico Hülkenberg wird es eng, Mick Schumacher macht in der Formel 2 auf sich aufmerksam. Den zweiten Teil lesen Sie hier.
McLaren
Bereits zur Sommerpause hat McLaren mehr Punkte gesammelt als in jeder der vergangenen vier Saisons. Das traditionsreiche britische Team ist mit deutlichem Abstand "best of the rest" hinter Mercedes, Ferrari und Red Bull und hat mit 82 Punkte nahezu doppelt so viele Punkte wie Toro Rosso (43) auf Platz fünf. Fleißigster Sammler ist Carlos Sainz, der 25-Jährige glänzte in Deutschland und Ungarn als Fünfter und fuhr in den vergangenen neun Rennen acht Mal in die Punkte. Der Spanier hat Platz im orangefarbenen Boliden sicher.
Das gilt ebenso für Rookie Lando Norris. Zwar fällt er mit 24 Punkten im internen Vergleich etwas ab, allerdings dominiert der 19-jährige Brite das Qualifying-Duell mit Sainz. In acht von zwölf Rennen startete Norris vor Sainz und bewies damit vom Saisonstart weg seine Formel-1-Reife. McLaren wäre schlecht beraten, dieses Talent ziehen zu lassen. Und hat deshalb gleich beide Piloten für 2020 bestätigt. Eine Rückkehr von Fernando Alonso ist ausgeschlossen.
Toro Rosso
Daniil Kwjat gelang in Hockenheim etwas, was zuvor nur Sebastian Vettel geschafft hatte: Er fuhr im Toro Rosso aufs Podium. Vettels Sensationserfolg in Monza 2008 war zuvor die einzige Podestplatzierung des Red-Bull-Juniorteams gewesen. Für den 25-jährigen Russen ist es der nächste Schritt seiner zweiten Chance in der Königsklasse, nachdem er 2015 zu früh zu Red Bull aufgestiegen und früh in der Saison 2016 durch Max Verstappen ersetzt wurde. Nun gehört Kwjat zu den Kandidaten, die 2020 neben Verstappen für Red Bull an den Start gehen könnten.
Für Ex-Red-Bull-Pilot Pierre Gasly geht es nach dem Teamtausch mit Alexander Albon darum, nicht wie einst Kwjat erst in ein Loch zu fallen und dann ganz ohne Cockpit dazustehen. Gasly konnte in der ersten Saisonhälfte bei Red Bull nicht überzeugen und fuhr seinem Teamkollegen Max Verstappen deutlich hinterher. Kwjat schwächelte 2016 nach seiner Degradierung und stand nach der Saison 2017 vor dem F1-Aus. Nach einem Jahr Pause scheint er gereift und überzeugt für Toro Rosso. Dieses Schicksal dient als mahnendes Beispiel für Gasly, der sich allerdings an das neue Auto gewöhnen muss. Albon zeigte solide Leistungen für Toro Rosso. Ernsthaft in Gefahr scheint der Platz allerdings nicht, zumindest drängt sich kein Red-Bull-Junior aus den Nachwuchsklassen für eine Beförderung in die Formel 1 auf.
Renault
Daniel Ricciardo hatte sich deutlich mehr erhofft von seinem Wechsel zu Renault. Das französische Team lockte den Australier damit, 2020 um Siege und 2021 um den WM-Titel fahren zu wollen. Von beidem ist er als Gesamtelfter mit nur 22 Zählern weit entfernt, in gerade einmal vier Rennen gab es Punkte. Das ist aber viel mehr dem unzuverlässigen Auto anzulasten als dem 30-Jährigen.
Das gilt zwar auch für Nico Hülkenberg, doch der Platz des WM-14. ist bereits neu vergeben. Am Donnerstag vor dem Großen Preis von Belgien gab zunächst Mercedes bekannt, dass Valtteri Bottas auch 2020 im Silberpfeil sitzt. Das wiederum wirkte sich direkt auf Hülkenberg und Renault aus. Denn weil Mercedes-Testfahrer Esteban Ocon im eigenen Rennstall keinen Platz für die neue Saison bekam, ließ das Team den 22-Jährigen ziehen. Schon länger hieß es, dass Renault gerne einen französischen und damit einheimischen Fahrer präsentieren würde - diese Rolle füllt nun Ocon aus. Hülkenbergs Zukunft ist vorerst offen, allerdings soll sich der 32-Jährige bereits in fortgeschrittenen Gesprächen mit Haas befinden.
Alfa Romeo
Kimi Räikkönen ist der unangefochtene Anführer bei Alfa Romeo. Der Finne ist für 31 der 32 Punkte des ehemaligen Sauber-Teams verantwortlich. Nachdem in seinen letzten Ferrari-Jahren immer mal wieder Zweifel daran aufgekommen waren, wie viel Lust Räikkönen noch auf die Formel 1 hat, brilliert der 39-Jährige bisweilen. In den Qualifying-Duellen liegt er teamintern mit 8:4 vorne, im Rennen konnte er sich sogar in elf von zwölf Fällen vor Teamkollege Antonio Giovinazzi platzieren.

Mick Schumacher feierte Anfang August seinen ersten Sieg in der Formel 2. Mittelfristig drängt er in die Königsklasse.
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Für den Italiener könnte es deshalb nach seinem ersten Jahr als Vollzeit-Fahrer eng werden mit einer Weiterbeschäftigung. Allerdings zeigt seine Formkurve seit einigen Wochen nach oben, der 25-Jährige nähert sich zumindest in der Qualifikation an Räikkönen an. Ob das ausreicht, um 2020 weiter für das Schweizer Team zu fahren, ist jedoch fraglich. Das zweite Cockpit könnte ein Thema werden etwa für Nyck de Vries - der führt die Formel-2-Gesamtwertung an. Der Sprung in Formel 1 die erscheint zwangsläufig, hießen die vorherigen Nachwuchsklassen-Gesamtsieger doch Pierre Gasly, Charles Leclerc und George Russell.
Für Mick Schumacher käme der Sprung zum Ferrari-Kundenteam - derzeit beziehen Alfa Romeo und Haas ihre Motoren aus Maranello - nach nur einem Jahr in der Formel 2 wohl noch zu früh. Auch wenn dem 20-Jährigen vor der Sommerpause sein erster Sieg gelang und die Königsklasse sein klares Ziel ist. Er selbst sagte jüngst: "Falls ich eine zweite Saison in der Formel 2 brauche, werde ich das machen." Aus Sicht der F1 könnte der Einstieg des Sohns von Rekordweltmeister Michael Schumacher zumindest aus Marketing-Gründen wohl nicht schnell genug kommen. Das sagt auch Georg Nolte, Ex-Medienberater von 2016-Titelträger Nico Rosberg: "Er hat doch jetzt schon in der Nachwuchsserie Formel 2 mehr Presse als manche Formel-1-Fahrer. Wir hatten neulich ein Interview mit Nico und ihm, da stehen dann sechs Fernsehsender in der Reihe. Es ist schon Wahnsinn, was der Junge für eine Medienaufmerksamkeit erzeugt." Dass der Ferrari-Nachwuchspilot in der Königsklasse landet, scheint also festzustehen. Offen ist nur, wann - und in welchem Team.
Racing Point
11:1 in der Qualifikation, 8:4 im Rennen - und doch liegt Sergio Perez als WM-16. hinter seinem Teamkollegen Lance Stroll, der als Zwölfter in die Sommerpause ging. Denn Stroll fuhr im Regenchaos von Hockenheim sensationell auf Platz vier und sammelte so zwölf seiner 18 Punkte. Der junge Kanadier fährt seinem mexikanischen Partner zwar oft hinterher, hat sein Cockpit für 2020 allerdings sicher. Denn als das damalige Force-India-Team 2018 vor der Pleite stand, sprang sein Vater Lawrence Stroll ein. Als Teil eines Konsortiums erwarb er das Team, das seitdem als Racing Point unterwegs ist. Vor dem Großen Preis von Belgien verlängerte Sergio Perez seinen Vertrag langfristig.
Haas
Haas ist auf der Suche nach dem Problem, irgendwo in der Entwicklung des Boliden ist das Team falsch abgebogen. Deshalb fuhr Romain Grosjean zuletzt mit dem Auto, das Haas zum Saisonauftakt mit nach Australien gebracht hatte, während Kevin Magnussen die weiterentwickelte Version des Autos nutzt. Der Vergleich soll aufdecken, wo die Probleme liegen. Das Klima zwischen beiden Fahrern gilt als bestenfalls unterkühlt nach diversen Berührungen auf der Strecke. Magnussen hat in Qualifying (7:5), Rennen (6:5) und bei den Punkten (18:8) die Nase vorne, zudem ist der Däne mit seinen 26 Jahren deutlich jünger als der 33-jährige Franzose. Sollte Sergio Perez bei Racing Point ausscheiden, könnte der Wechsel zum US-Rennstall eine Option sein, Teamchef Günther Steiner gilt außerdem als Fan von Nico Hülkenberg. Außenseiterchancen könnte auch Ferrari-Testfahrer Pascal Wehrlein haben, da Haas seine Motoren von den Italienern einkauft. Für Mick Schumacher gilt auch hier: Als Scuderia-Junior besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, allerdings täte dem Sohn des Rekordweltmeisters ein weiteres F2-Jahr gut.
Williams
Zuverlässig ist der Williams, zumindest mussten weder George Russell noch Robert Kubica ihren Boliden bislang vor Rennende abstellen. Das war es dann aber auch schon mit den guten Nachrichten, der Traditionsrennstall hat die letzten Plätze abonniert. Zwar holte Kubica in Deutschland den einzigen Punkt, trotzdem ist der Pole in seiner Comeback-Saison dem 21-jährigen Briten Russell deutlich unterlegen. Nur in Hockenheim schlug Kubica seinen Teamkollegen im Rennen, in der Qualifikation steht es sogar 0:12. So beeindruckend die Rückkehr nach acht Jahren und seinem schweren Rallye-Unfall ist, so gering dürften die Aussichten auf ein zweites Jahr bei Williams sein. Zumal mit Nicholas Latifi ein Pilot aus der Formel 2 nach oben drängt, der das dringend benötigte Geld mitbringen würde. Der 24-jährige Kanadier ist aktuell Testfahrer bei Williams und kam in der laufenden Saison bereits zweimal in den Freitagstrainings zum Einsatz.
Quelle: ntv.de