Der ultimative n-tv.de EM-Wegweiser Genug Eier gekrault, die Schlacht wartet
16.06.2016, 05:59 Uhr
Es wird ordentlich was geboten an diesem EM-Spieltag: In Lens klären Wales und England, wer denn nun mehr Stolz besitzt. Und am Abend darf in Deutschland endlich wieder über Fußball geredet werden.
Dieses Spiel dürfen Sie nicht verpassen
Jetzt mal Hand in die Hose, äh, auf's Herz: Sie haben doch sicher auch genug von den niveaulosen - oder wie man im Österreichischen sagt: untergriffigen - Diskussionen über Joachim Löws Ballgefühl, oder? Wenn sich ein Bundestrainer allen Ernstes öffentlich von seinen Kratzgewohnheiten und von seiner Hemdenauswahl distanzieren muss, wurde definitiv schon viel zu lange kein Fußball mehr gespielt. Schön also, dass die deutsche Nationalmannschaft heute um 21 Uhr (ZDF) zu ihrem zweiten EM-Spiel gegen Polen antritt. Es geht wohl um den Gruppensieg, gegen einen Gegner, der in der EM-Qualifikation zumindest das Heimspiel für sich behaupten konnte - es war der erste Sieg überhaupt für Polen gegen Deutschland, im 19. Versuch. Im Rückspiel schaffte die DFB-Elf mit einem 3:1 die schnelle Revanche. Alles Wissenswerte zum wichtigsten Spiel des Tages lesen Sie in der Vorschau der Kollegen Giannakoulis und Nordmann am Nachmittag.
Der beste Zeitpunkt für ein EM-Päuschen
Wenn Sie nicht gerade ein Fußball-Hipster sind und sich in den letzten Tagen intensiv mit den Packing-Raten von Conor McLaughlin und Taras Stepanenko befasst haben, wird Sie das Duell zwischen Nordirland und der Ukraine um 18 Uhr (ZDF) wahrscheinlich ohnehin nur am Rande interessieren. Zurecht. Falls Sie dennoch überlegen, einzuschalten: Die letzten beiden Spiele zwischen den beiden Ländern endeten jeweils 0:0. Das mag 13 Jahre her sein - aber nach dem Auftakt gegen Polen zu urteilen, hat sich zumindest bei den Nordiren seit damals auch wenig getan.
Was verursacht EM-Herzrasen?
"Battle of Britain" hat der Boulevard das Spiel zwischen Wales und England getauft. Die ersten Scharmützel waren schon weit vor dem Anpfiff heute 15 Uhr (ZDF) in Lens ausgebrochen, in vorderster Front dabei: Wales‘ Superstar Gareth Bale. Er sprach den Engländern den Stolz ab, obwohl, nein, das wollte er dann doch nicht gesagt haben: "Ich meinte nur, dass wir mehr haben." Und mehr Qualität im Kader hat der königliche Krawallmacher auch noch ausgemacht: "Keiner der Engländer ist gut genug, um in unserem Team zu spielen." Einige gewagte Ansagen, die im Camp der Three Lions gar nicht gut ankamen. "Respektlos", giftete Englands Trainer Hodgson, bevor ihm und seinem Kapitän dann aber doch noch rechtzeitig einfiel, dass sie die Psychospielchen des kleinen Bruders nicht mitmachen wollten. "Es ist nicht England gegen Bale, sondern England gegen Wales", sagte Wayne Rooney auf der Abschluss-Pressekonferenz gestern. Und in diesem Duell hat der Underdog seit 32 Jahren nicht gewonnen. Aber Wales ist die Lieblingsmannschaft der Taktik-Hipster, wie der Kollege Constantin Eckner in seiner detaillierten Vorschau auf die "Battle of Britain" schreibt - im Laufe des Vormittags erfahren Sie mehr.
Die Zahl des Tages: 4
Viermal sind sich Deutschland und Polen bei Welt- und Europameisterschaften bisher begegnet. Die Bilanz spricht klar für die DFB-Elf: drei Siege, ein Unentschieden. Den wichtigsten Erfolg fuhr das Weltmeisterteam von 1974 ein. Die "Wasserschlacht von Frankfurt" ging ins fußballnationale Erbe ein - die Wasserwalzen und Feuerwehrschläuche auf dem Rasen, die hilflosen Pässe, die in Pfützen versackten, die unzähligen Paraden von Sepp Maier, das entscheidende 1:0 von Müller. Vier Jahre später trennten sich die Mannschaften im Eröffnungsspiel der WM 1978 0:0.
Auf dieses Ergebnis lief auch das Vorrundenspiel der WM 2006 in Dortmund hinaus, bis Joker David Odonkor auf der rechten Außenbahn den Sprint seines Leben anzog. Hereingabe auf Oliver Neuville, Tor in der Nachspielzeit, der echte Startschuss zum Sommermärchen. Zwei Jahre später traf Lukas Podolski doppelt gegen sein Geburtsland und sicherte den 2:0-Erfolg im ersten Spiel der Vorrunde.
Angeberwissen für das Public Viewing
Felix Magath? Ein Waldorfschullehrer gegen Polens Trainer Adam Nawalka. Zum Training in Katowice lud er seine Spieler auch mal um Punkt 13.36 Uhr, und bitte keine Minute zu spät. Und in Zabrze mussten sich seine Spieler nach dem Pausenpfiff so schnell wie möglich hinter ihm versammeln und gemeinsam in die Kabine gehen, damit er mehr Zeit für seine Ansprache hatte. Im EM-Camp der Polen ließ er den Platzwart schon eine Nachtschicht schieben - er hatte entdeckt, dass der Rasen 24 Millimeter lang war, statt der von der Uefa für die Stadien vorgeschriebenen 23 Millimeter.
Das EM-Histörchen des Tages: 16. Juni 2008
Es wurde dann doch kein zweites Cordoba. Natürlich redete ganz Österreich vor dem letzten Vorrundenspiel der Heim-EM vom größten Moment der Nachkriegs-Fußballgeschichte: Fast auf den Punkt genau 30 Jahre zuvor hatte das kleine Österreich den großen Nachbarn bei der Weltmeisterschaft in Argentinien mit 3:2 geschlagen und nach Hause geschickt. Jetzt musste gegen Joachim Löws Mannschaft ein Sieg her, um nach nur einem Punkt aus den ersten beiden Spielen die Chance auf die K.-o.-Runde zu wahren. Doch die Österreicher waren noch lange nicht auf dem Niveau, auf dem sie sich heute wähnen, und die Deutschen legten den Rückwärtsgang Richtung Ribbeck'schem Rumpelfußball ein. Der Tiefpunkt schon nach fünf Minuten: Mario Gomez schaufelt den Ball aus einem Meter in die Höhe statt ins Tor, ein peinlicher Auftritt, der ihm bis heute nachhängt. Dass Deutschland trotzdem ins Viertelfinale einzog, hatte es dem Capitano zu verdanken: Michael Ballack drosch einen Freistoß aus 30 Metern ins rechte Kreuzeck, das Tor des Jahres. Österreich schied aus und träumte weiter von Cordoba.
Das Bonmot zum Spieltag
"Ich weiß nicht, warum Roy Hodgson Jamie Vardy auf der Bank gelassen hat gegen Russland. Wahrscheinlich, weil er Roy Hodgson ist." Nicht nur der "Guardian"-Experte Jacob Steinberg verzweifelt am englischen Coach.
Quelle: ntv.de