"So wird es nicht reichen" Beim FC Bayern herrscht Alarmstufe Rot
12.02.2023, 22:32 Uhr
(Foto: IMAGO/MIS)
Noch Kracher oder schon Krisengipfel? Der angeschlagene FC Bayern übt vor dem Champions-League-Duell bei Paris St. Germain reichlich Selbstkritik. Besonders Trainer Julian Nagelsmann findet überraschend deutliche Worte. Allerdings läuft beim Gegner derzeit auch gar nichts zusammen.
Als Julian Nagelsmann die Arena sichtlich angefressen verließ, herrschte beim FC Bayern längst Alarmstufe rot. Der gereizte Trainer und seine angeschlagenen Stars befanden sich trotz erfolgreicher Generalprobe vor dem mit Spannung erwarteten Achtelfinal-Gipfel in der Champions League bei Paris St. Germain im Krisenmodus.
"Wir haben keinen super Flow. Wenn wir am Dienstag so spielen, wird es nicht reichen, um weiterzukommen", sagte Nagelsmann nach dem zähen 3:0 (1:0) gegen Abstiegskandidat VfL Bochum mit finsterer Miene. Auch Leon Goretzka machte sich mit Blick auf Weltmeister Lionel Messi, Kylian Mbappe (der nach seiner Verletzung wieder im Training ist) und Neymar am Dienstag (21 Uhr Prime Video und im ntv.de-Liveticker) erhebliche Sorgen: "Die Art und Weise, wie wir gespielt haben, reicht nicht. Wir müssen unbedingt eine Schippe drauflegen."
"Wir bekommen die Energie nicht auf den Platz"
Da interessierte es die Münchner auch nicht, dass PSG vor dem Kracher - oder ist es eher ein Krisengipfel? - selbst gehörige Probleme hat. Ob Messi und/oder Mbappe im Hinspiel mitwirken können? Damit, unterstrich Goretzka, "beschäftigen wir uns nicht". Mit den eigenen Unzulänglichkeiten hat der deutsche Rekordmeister genug zu tun. "Wir bekommen die Energie nicht auf den Platz", monierte Goretzka. Nagelsmann schimpfte über "zu wenig Bewegung und Geradlinigkeit". Schnippisch fügte der genervte Coach an: "Ich hoffe mal, dass der Reiz des Wettbewerbs Frische in den Kopf bringt."
Der FC Bayern habe, ergänzte Routinier Thomas Müller, "irgendwo in uns drin doch mehr Anspruch. Es könnte erfrischender laufen." Dass er die Sturm-Legende Gerd Müller mit seinem 428. Spiel als Rekord-Feldspieler der Bayern abgelöst hatte? Nebensache! Müller forderte wieder viel mehr Mia san mia vor dem Duell im Prinzenpark: "Da müssen wir da sein, da kommt es darauf an."
"Je größer der Klub, umso mehr Haie schwimmen um dich rum"
Es bleibt in diesem Jahr schwierig bei den Bayern: zum Start eine Ergebniskrise, dann der Wirbel um "Gucci-Gnabry" - und zuletzt auch noch das Theater um Kapitän Manuel Neuer und sein Wut-Interview. Am Samstag sorgte ein Frust-Abgang von Leroy Sané zusätzlich für Verwunderung. Laut "Bild"-Zeitung soll das Verhalten des Nationalspielers, der direkt nach seiner Auswechslung in den Katakomben verschwand und nicht mal mit dem Trainer abklatschte, bei den Bossen nicht gut angekommen sein.
Durch die Umgestaltung in seinem Betreuerstab mit der Verpflichtung von Torwarttrainer Michael Rechner als Nachfolger von Neuer-Intimus Toni Tapalovic wurde Nagelsmann ein Wunsch erfüllt. Die Bosse wollen jetzt erst recht Erfolge sehen. "Es gibt Trainer, die bringen acht, neun Leute mit zu einem Klub. Das hat auch einen Sinn. Je größer der Klub, umso mehr Haie schwimmen um dich rum. Und da ist es nicht schlecht, wenn du im Schwarm in der Mitte bist und außen sind noch ein paar Pufferfische", hatte Nagelsmann vor dem Bochum-Match gesagt. Ihm selbst droht im Falle eines krachenden Achtelfinal-Aus gegen Frankreichs Serienmeister garantiert Haialarm. Dass der Vorsprung an der Tabellenspitze auf Union Berlin und Borussia Dortmund inzwischen äußerst knapp ist, trägt ebenfalls nicht zur Beruhigung der Lage bei.
Halbzeitansprache dauert nur 90 Sekunden
Sportvorstand Hasan Salihamidžić verzichtete deshalb am Samstag auf einen Kommentar - doch seine Miene sprach Bände. Nagelsmann wirkt zunehmend gereizt. Ein erneut frühes Aus in der Königsklasse kann er sich kaum leisten - schon gar nicht, die Meisterschaft zu verpassen. Entsprechend sauer war er über den schwachen Auftritt gegen Bochum. Seine Halbzeitansprache dauerte nur "intensive" 90 Sekunden. Er habe nicht das Gefühl gehabt, "dass es sinnvoll ist, Szenen zu zeigen. Wir haben ein paar andere Dinge besprochen", sagte er bei Sky. Er denke aber, "dass der eine oder andere Spieler sich zu Wort gemeldet hat. Hoffentlich".
Müller brachte die Bayern nach einem Bochumer Blackout in Führung (41.), Kingsley Coman (64.) und Serge Gnabry per Foulelfmeter (74.) sorgten wenigstens ergebnistechnisch für Klarheit. Und sonst? Wenig bis nichts. Man bekomme es nicht mehr hin, "dass wir in wichtigen Spielen von 0 auf 100 kommen", betonte Goretzka. Aber das, fügte er trotz aller "Vorfreude und Lust" an, "wird in Paris vonnöten sein, absolut".
Quelle: ntv.de, tno/sid/dpa