Deutsche Gegner in Königsklasse Besessenes PSG und verwundete Teufel warten auf Bundesliga
18.09.2023, 20:31 Uhr
Um Kylian Mbappé gab es in der Sommerpause viel Wirbel. Noch spielt er bei PSG und trifft und trifft und trifft.
(Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP)
Zum letzten Mal startet die Champions League in eine Gruppenphase. Der FC Bayern, der BVB, RB Leipzig und Union Berlin starten in eine historische Saison. Drei europäische Schwergewichte und ein Underdog warten auf die Bundesligisten. Wie aber sind die Gegner in die Saison gestartet?
Jetzt sind sie wieder die Champions, die Besten. Ab diesem Dienstag kehrt die populärste Vereinsliga der Welt zurück in die Stadien Europas. Vier Bundesliga-Vertreter machen sich auf den langen Weg zum legendären Wembley-Stadion. Dort wird am 1. Juni 2024 das Finale der Champions League ausgetragen. Elf Jahre nach dem legendären "All-German Final" zwischen Bayern München und Borussia Dortmund ist in diesem Jahr nicht zwangsläufig mit einer Revanche des BVB zu rechnen. In dieser letzten Saison der alten Königsklasse - ab der nächsten Saison gibt es keine klassische Gruppenphase mehr - geht es für den Vizemeister nur ums Überleben. Wie sieht es bei den Gegnern vor diesem ersten Spieltag der letzten Champions League aller Zeiten aus?
Bayern München - Manchester United (Mittwoch, 21 Uhr)
Die Red Devils zerlegen sich in dieser Saison mal wieder selbst. Sie türmen Probleme und Skandale von gigantischem Ausmaße auf. Der ehemalige Dortmunder Jadon Sancho? Nach einem Disput mit Trainer Erik ten Hag aus dem Kader geworfen. Der 95-Millionen-Mann Antony? Soll erst einmal sein Privatleben regeln. Gegen ihn werden öffentlich Missbrauchsvorwürfe erhoben. Zwei Flügelspieler, deren Abwesenheit die Optionen in der Offensive zusammenschrumpft. Und das bei dem Schlamassel auf dem Platz.
Nach fünf Spielen kann United gerade einmal sechs Punkte verbuchen. Am Wochenende verloren sie im heimischen Old Trafford nach starkem Beginn letztendlich hochverdient mit 1:3 gegen Brighton & Hove Albion, dem momentan wohl spannendsten Klub der Premier League. Der niederländische Coach ten Hag vermutet unterdessen hinter jeder Schiedsrichter-Entscheidung eine Ungerechtigkeit und gerät in England zusehends selbst in den Fokus der Kritik.
Auch die Zuschauer im Old Trafford verlieren die Geduld. Die Auswechslung der 20-jährigen Sturmhoffnung Rasmus Højlund quittierten sie am Samstag mit einem lautstarken Pfeifkonzert. Hojlund war vor der Saison für 75 Millionen Euro von Atlanta Bergamo in die Industriemetropole gewechselt. Noch ist er der aus einer Verletzung zurückkommende Däne ohne Pflichtspieltreffer.
In der Allianz Arena könnte Neuzugang Mason Mount nach seiner Verletzung wieder in der Kader zurückkehren und ten Hags Optionen in der Offensive ein wenig erweitern. In der Defensive fehlen Raphael Varane, Luke Shaw, Tyrell Malacia und neuerdings auch Aaron Wan-Bissaka - dem englischen Nationalspieler Harry Maguire bleibt trotzdem nur die Bank. Er bringt es in dieser Saison auf 23 Minuten in fünf Spielen.
Manchester United ist daher in München eigentlich wenig zuzutrauen. "Ein schweres Spiel. Ich weiß, dass Manchester United im Moment eine schwierige Phase hat, aber manchmal sind genau solche Mannschaften gefährlich, weil sie immer darauf aus sind, im großen Stil zurückzukommen", warnt Bayerns englischer Nationalheld Harry Kane trotzdem.
Paris Saint-Germain - Borussia Dortmund (Mittwoch, 21 Uhr)
Lionel Messi weg, Neymar auch und Sergio Ramos ohnehin: Der katarische Traditionsklub aus der französischen Hauptstadt hat mal wieder einen Umbruch hinter sich. Mit beinahe 180 Millionen Euro Transfererlösen aus Saudi-Arabien und Katar für fünf nicht mehr gewollte Spieler, konnte sich der Ligue-1-Abomeister in dieser Saison eine neue Angriffsreihe leisten. Die hat es in sich: Superstar Kylian Mbappé, der mit sieben Treffern in vier Liga-Einsätzen in beängstigender Form ist, Randal Kolo Muani und Ousmane Dembélé. Es ist ein Sturm der auf dem Papier 350 Millionen wert. "Wenn diese drei in der Offensive spielen, ist das schon eine unfassbare Qualität", sagte dann auch Multifunktionär Hans-Joachim Watzke in seiner Funktion als BVB-Geschäftsführer.
In diesen Überlegungen ist der portugiesische Ronaldo-Nachfolger Gonçalo Ramos noch überhaupt nicht inkludiert. Der kam in dieser Saison als Leihspieler von Benfica Lissabon und wird dann im nächsten Jahr für 65 Millionen Euro festverpflichtet. Die Welt der Transfers findet immer einen Ausweg. Noch aber ist das neue PSG, das wie das alte PSG weiter vom ersten Titel in der Champions League träumt, nicht in der Saison angekommen. In der traditionell eher schwachen französischen Liga steht das Team des neuen Trainers Luis Enrique mit gerade einmal acht Punkten aus fünf Spielen auf Rang fünf.
So ist es wenig überraschend, dass Luis Enrique direkt in den Rechtfertigungsmodus wechseln muss. "Wir sind nicht besonders gut in die Saison gestartet, aber jedes Mal, wenn ich irgendwo hinkomme, ist es so gewesen", erklärte er vor dem Spiel gegen den BVB und nach dem 2:3 gegen OGC Nizza. Er bat um Zeit, um dann bereits über eine mögliche Entlassung zu reden: "Wenn die Ergebnisse schlecht sind, werde ich gefeuert. Das ist mir als Trainer bewusst."
Die ebenfalls mit reichlich Unruhe in die Saison gestarteten Dortmunder treffen in Paris auf den Gegner, gegen den sie letztmals kurz vor dem ersten Pandemie-Lockdown 2020. Damals scheiterte das Team in einem der ersten Geisterspiele im Achtelfinale. Das 2:1 aus dem Hinspiel in einem entfesselten Westfalenstadion war nichts wert. Am 11. März 2020 gewann PSG durch Treffer von Neymar und Juan Bernat mit 2:0 und zog Monate später in Lissabon in das Finale des Pandemie-Turniers. Nähe kamen sie ihrem Traum vom Triumph in der Champions League nie. "Wenn eine Mannschaft, ein Verein von etwas besessen ist, ist das nie ein gutes Zeichen. Man muss Hoffnungen haben, Ehrgeiz - aber eine Besessenheit, das funktioniert nie, in keinem Lebensbereich", warnte Luis Enrique vor zu viel Ehrgeiz.
Real Madrid - Union Berlin (Mittwoch, 18.45 Uhr)
Wenn der Fanflieger von Union Berlin in Richtung Madrid abhebt, haben die Anhänger der Eisernen gewiss viel Vorfreude auf das erste Spiel in der Champions League an Bord, viel mehr nicht. Große Hoffnung auf einen Sieg beim Debüt in der Königsklasse dürfte nicht zu den Gästen an Bord des Sonderflugs gehören. Es ist ihnen aber egal. Noch erzählen sich die Eisernen die Geschichten von den sensationellen Real-Heimniederlagen gegen Schachtar Donezk im Oktober 2020 und Sheriff Tiraspol im Jahr drauf. Das aber sind die einzigen Indikatoren für einen Coup im Bernabeu.
Die Königlichen sind mit fünf Siegen in die Saison gestartet, sprangen dabei selten höher als notwendig. An diesem Wochenende drehten sie das Spiel gegen Real Sociedad in der zweiten Halbzeit. Beim 2:1 blieb Jude Bellingham erstmals ohne Torerfolg, dafür sorgte der mittlerweile 33-jährige Ex-Hannover-Star Joselu in der 60. Minute für den Siegtreffer.
Los Blancos bleiben auch in dieser Saison das Maß aller Dinge im Weltfußball. Auf seiner Ehrenrunde wird auch Toni Kroos zu Spielzeit kommen. Der Weltmeister von 2014 dürfte sich besonders auf das Duell gegen den Ex-Verein seines Bruders und Podcast-Buddies Felix freuen. Gegen Real Sociedad absolvierte er zum ersten Mal in dieser Saison die kompletten 90 Minuten. Weitere Einsätze über die volle Distanz werden folgen.
Denn Real Madrid fürchtet sich zwar nicht vor Union Berlin, aber vor der Belastung der kommenden Wochen. Der Kader von Carlo Ancelotti ist - ähnlich dem der Bayern - auf Kante genäht. Bis zur nächsten Länderspielpause absolvieren sie nun sieben Spiele in 22 Tagen. Real Sociedad, Union, Atlético Madrid allein in dieser Woche. Danach folgen Las Palmas, Girona, Neapel und Osasuna.
Young Boys Bern - RB Leipzig (Dienstag, 18.45 Uhr)
Anders als die anderen drei deutschen Champions-League-Teilnehmer beginnt die neue Saison für RB Leipzig nicht mit einem Spiel gegen ein Top-Team. Die vom ehemaligen Bundesliga-Profi Raphael Wicky trainierten Young Boys sind der große Underdog im Duell mit dem DFB-Pokalsieger. RB-Trainer dürfte womöglich der Untergrund des Wankdorfstadions mehr Sorgen bereiten als der Gegner. In Bern spielen sie auf Kunstrasen. "Wir werden alle möglichen Fußballschuhsorten einpacken, die es gibt", erklärte Rose im Vorfeld.
"Ich erwarte eine mutige Mannschaft in allen Phasen. Wir werden leiden und kompakt verteidigen müssen. Auch werden wir nicht der Favorit sein", erklärte Wicky vor dem Spiel: "Du musst über dich hinauswachsen, du musst aber auch das nötige Quäntchen Glück haben." Die Berner stehen momentan auf Rang zwei der Schweizer Super League, haben dort jedoch wie auch in den Playoffs zur Champions League nicht ausschließlich für Begeisterung gesorgt.
Bern wurde zuletzt vor zwei Jahren in der Champions League gesehen. Mit Trainer David Wagner, der im Sommer 2021 den zu Leverkusen abgewanderten Gerardo Seoane ersetzt hatte, gelang den Young Boys direkt im ersten Spiel ein bemerkenswerter Sieg. Mit 2:1 schickten sie Manchester United nach Hause. Danach aber wollte ihnen kein Sieg mehr gelingen, die Gruppe beendeten sie schlussendlich auf dem letzten Platz, Wagner flog im März 2022. Wicky wird das vermeiden wollen. In der Gruppe mit Leipzig, Titelverteidiger Manchester City und Roter Stern Belgrad wird es für die Schweizer jedoch maximal um Rang drei und den Abstieg in die Europa League gehen.
Quelle: ntv.de, sue