Fußball

Bundesliga-Check: Bayer Leverkusen Blitzstart ins Ungewisse

Die prominenten Abgänge wird Leverkusen wohl verkraften.

Die prominenten Abgänge wird Leverkusen wohl verkraften.

(Foto: imago/ActionPictures)

Prominente Abgänge, Verletzungssorgen - Bayer Leverkusen geht mit Zweifeln in die Saison. Für die haben sie aber eigentlich gar keine Zeit. Es muss alles schnell gehen unterm Bayer-Kreuz.

Erinnern Sie sich? Vor der vergangenen Saison nahm Roger Schmidt tatsächlich das Wort "Meisterschaft" in den Mund. Nicht wirklich offensiv, aber er sagte: "Ausgeschlossen ist im Fußball gar nichts." Also auch nicht der Titel für Leverkusen.

Man fragt sich ja ohnehin manchmal, wo dieser Verein so hinwill. In drei der vergangenen vier Spielzeiten hat Bayer in der Champions League gespielt und jeweils das Achtelfinale erreicht. Diese Saison stehen noch Miroslav Klose und Lazio Rom zwischen der Werkself und der Königsklasse. Zwischen Bayer und einem Titel steht eine ganze Menge mehr: Der "Vizekusen"-Fluch, prominente Abgänge und Verletzungssorgen.

Was gibt's Neues?

Der Kapitän hat den Klub verlassen. Simon Rolfes hatte angeblich noch exzellente Fitnesswerte, aber laut eigener Aussage genug vom "Goldenen Käfig" Profifußball. Stefan Reinartz sucht eine neue Herausforderung bei Eintracht Frankfurt und Gonzalo Castro wechselte nach Dortmund, weil er dort bessere Chancen auf Titel sieht. Der Abgang der drei zentralen Mittelfeldakteure mindert die Leverkusener Ambitionen auf DFB-Pokal und Meisterschaft erheblich. Trainer Roger Schmidt muss seine Schaltzentrale neu bestücken, wobei er dafür Personal zur Verfügung hat, um das ihn viele beneiden: Lars Bender und Weltmeister Christoph Kramer dürften erste Wahl sein, außerdem buhlt Bayer noch um Chiles Südamerikameister Charles Aránguiz. Die Offensive, traditionell das Prunkstück der Werkself, hat ein kleines Update erhalten: Josip Drmic spielte unter Schmidt keine große Rolle und wurde für satte 10 Millionen Euro nach Gladbach geschickt. Davon gingen 8 Millionen Euro nach Freiburg. Als Ersatz sicherte sich Bayer die Dienste des vielseitigen Admir Mehmedi, der Oldie Stefan Kießling unter Druck setzen könnte.

Auf wen kommt es an?

Schneller als gedacht auf Abwehrtalent Jonathan Tah, der für 7,5 Millionen Euro aus Hamburg kam. Der U19-Nationalspieler wurde gerade erst vom DFB als bester Spieler seines Jahrgangs mit der Fritz-Walter-Medaille geehrt. Weil sich der erfahrene Ömer Toprak schwer an der Sehne verletzt hat, wird Tah gleich die wichtige Rolle in der Innenverteidigung übernehmen müssen – neben dem auch erst 23-jährigen Kyriakos Papadopoulos. Sportdirektor Rudi Völler hat damit angeblich keine Bauchschmerzen, er lobte Tah kürzlich überschwänglich: "Er hat unsere Erwartungen bislang noch übertroffen." Trotzdem denkt Trainer Schmidt angeblich auch darüber nach, Lars Bender auf die Position von Toprak zu versetzen. Für welche Lösung auch immer er sich entscheidet, sie muss sitzen. Niemand unter dem Bayer-Kreuz möchte erleben, was passiert, wenn das Team die CL-Qualifikation versemmelt – so, wie Rudi Völler drauf ist. "Tante Käthe" bosst ja gerade durch die Bundesliga wie Kiezlegende Stefan Hentschel über die Reeperbahn. Also: Lieber nicht reizen, den Mann.

Was fehlt?

Ach ja, die gute alte "zu wenig Druck"-These. Man kann sie überall anwenden. Auf Städte: In Berlin sind die Mieten zu niedrig, das Bier zu billig, die Leute müssen sich da nicht anstrengen - kein Wunder, dass der Flughafen noch nicht fertig ist. Auf Musik: Früher war Sido noch geil, da wollte er raus aus dem elenden Märkischen Viertel - heute macht er satten, gelangweilten Mittelstands-Rap. Und auf Fußball: Andere Vereine müssen sich strecken, um im Haifischbecken Bundesliga zu überleben – Leverkusen hat Bayer.

Nicht wenige Experten nutzen die These als Erklärung für das Phänomen "Vizekusen". In diesem Jahr hat es Felix Magath in seiner "Express"-Kolumne so formuliert: "In Leverkusen fehlt einfach die Existenzangst, die andere Klubs antreibt; wo es um jeden Platz in der Tabelle geht, um TV-Gelder und Sponsoren-Zahlungen. Bayer geht's (zu) gut - egal, wo die Mannschaft steht." Zur Prüfung dieser These bräuchte es ein Experiment. Also, lieber Herr Völler, einfach mal auf die Bayer-Millionen verzichten, vielleicht wird’s dann ja was mit dem Titel.

Wie gut kennen Sie Leverkusen?
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Wie lautet das Saisonziel?

Roger Schmidt will einfach nur "perfekt spielen". Wenn es sonst nichts ist. Wie das aussieht, konnte man in weiten Teilen der Hinserie 2014/15 sehen: Ball erobern, umschalten, abschließen. Tempo, Tempo, Tempo. Je länger die Saison dauerte, umso offensichtlicher wurden die Probleme: Gegen tief stehende Gegner funktioniert die Taktik nur bedingt, der Spielaufbau war "nicht konkret genug", wie Schmidt monierte. Der talentierten Offensive um Hakan Calhanoglu, Karim Bellarabi und Heung-min Son ist aber der eine oder andere Entwicklungsschritt zuzutrauen.

Die n-tv.de Prognose

Auf Bayer Leverkusen wartet gleich zu Saisonbeginn eine kritische Phase: Mit Lazio Rom hat die Werkself ein äußerst schlechtes Los in der Champions-League-Qualifikation erwischt – zumal das wichtige Duell zu einem Zeitpunkt kommt, da die Defensive durch den Ausfall von Ömer Toprak arg geschwächt ist. Man könnte es aber auch mit Felix Magath positiv betrachten: Leverkusen steht sofort unter Druck. Bewältigen sie die erste hohe Hürde, können sie den Schwung in die restliche Saison mitnehmen. Dann sind sie auch ein ernsthafter Anwärter auf die Champions-League-Plätze.

Quelle: ntv.de

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