"Lack gesoffen", "verfälscht" Bundesliga-Hass auf den VAR entfaltet volle Wucht
09.11.2025, 06:32 Uhr
Der Videobeweis soll den Fußball gerechter machen. Doch seit dessen Einführung wird genauso emotionsgeladen weiterdiskutiert und geschimpft. An diesem Samstag gleich auf mehreren Plätzen der Republik. Selbst die Schwarz-Weiß-Entscheidung Abseits ist ein Thema.
Es ging am Nachmittag los - und zog sich durch den Bundesliga-Samstag. Der Video-Assistent entnervt gleich mehrere Male in der 1. und 2. Liga die Trainer. Alles fing mit einer hauchdünnen Abseitsentscheidung im Spiel des 1. FC Union Berlin gegen den FC Bayern (2:2) an.
Der vermeintliche Führungstreffer der Berliner in der neunten Minute durch Ilyas Ansah war nach Intervention des Video-Schiedsrichters wegen Abseits nicht gegeben worden. Auf den Fernsehbildern mit der kalibrierten Linie war das mit dem bloßen Auge schwer erkennbar. Das brachte Trainer Steffen Baumgart mächtig auf die Palme: "Das erste Tor ist ein Tor. Wegen dieser fünf Millimeter auf Abseits zu gehen, da hat einer Lack gesoffen. Es tut mir leid", sagte er bei Sky.
Obwohl Abseits eine Schwarz-Weiß-Entscheidung ist - also entweder Abseits oder eben nicht - kritisierte er generell solch knappe Entscheidungen: . "In Bremen geht die Abseitslinie nicht, da brauchen wir 45 Minuten, bevor wir eine Linie ziehen. Und hier schaffen wir es, sie auf 0,5 Millimeter zu ziehen. Für mich ist es nicht verlässlich. Wir reden vom Millimeterbereich."
"Wie Playstation spielen"
Unterstützung bekam er dann am späteren Abend von Trainerkollege Torsten Lieberknecht. Der hatte gerade hinnehmen müssen, dass sein 1. FC Kaiserslautern mit 0:1 (0:1) gegen Hertha BSC verlor, obwohl Ivan Prtajin den Ball in der 90.+3 im Tor versenkt hatte. Die Abseitstechnologie aber zeigte, dass das Knie des Angreifers dem Tor näher war als der letzte Berliner Verteidiger.
Lieberknecht sagte bei RTL: "Jeder hat heute das Tor von Union Berlin gesehen. Da werden Schnürsenkel oder irgendwelche Lederfetzen dazu benutzt. Auf diese Bilder gebe ich gar nichts mehr drauf. Das ist wie Playstation spielen, diese 3D-Bilder. In Düsseldorf hat man fast sechs Minuten gebraucht, um diese Entscheidung zu korrigieren. Dann verstehe ich nicht, dass man heute so schnell entscheidet. Ich habe keine Lust mehr, mir diese 3D-Bilder anzuschauen."
"Wenn wir diese Technik haben ..."
Nicht um Abseits, sondern um Elfmeter-Entscheidungen ging es beim Rheinischen Derby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1.FC Köln 3:1 (1:0). "Ich mag den VAR nicht, ich hasse den VAR. Er verfälscht alles. Ich habe das Gefühl, dass der VAR Chef ist, nicht mehr der Unparteiische", sagte Kölns Trainer Lukas Kwasniok.
Schiedsrichter Deniz Aytekin stand bei dem Spiel mit drei verhängten Strafstößen im Mittelpunkt. Zwei Strafstöße für die Gladbacher wurden erst nach VAR-Entscheidung verhängt. In beiden Fällen hatte Aytekin zunächst nicht Elfmeter gepfiffen. "Der Videoassistent hat mich rausgeschickt und dann habe ich gesehen, dass es eindeutig ein klarer Kontakt im Kniebereich war. Und wenn wir diese Technik haben, sollten wir sie auch nutzen", sagte der 47-Jährige zur ersten Entscheidung.
Auch das Handspiel von Kristoffer Lund, der auch beim ersten Elfmeter beteiligt war, sah Aytekin nicht. "Da standen drei Spieler wie eine Mauer vor mir. Was ich dann auf dem Monitor gesehen habe, war ein klarer Strafstoß", sagte der Unparteiische, der beim dritten Strafstoß auch nicht richtig lag, als er ein angebliches Foul an Ragnar Ache ahndete. Aytekin gab zu: "Das war sicherlich ein harter Elfmeter. Ob man ihn immer geben würde, weiß ich nicht. Das ärgert mich natürlich."
FC-Sportdirektor Thomas Kessler war diplomatischer als sein Trainer, erklärte aber ebenfalls seine Unzufriedenheit. "Ich halte Deniz Aytekin für einen der besten deutschen Schiedsrichter. Wenn wir einen der besten Schiris auf dem Platz haben, der relativ gut steht und die Situationen so bewertet, dass es keine Elfmeter sind, sollten wir die Diskussion führen, wann wir den Schiedsrichter überhaupt rausschicken an den Monitor."
In ihrer Ablehnung verbündeten sich sogar die Verantwortlichen der rivalisierenden Klubs, denn auch Gladbachs Trainer Eugen Polanski sagte: "Ich bin tatsächlich gar kein Freund vom VAR. Das wird auch immer schlimmer bei mir. Ich denke einfach, dass die Leistung der Schiedsrichter durch den VAR beeinflusst wird."
Die Gladbacher hatten den ersten Strafstoß von Haris Tabakovic nicht verwandeln können, den zweiten nutzte Kevin Diks für die Borussia. Luca Waldschmidt schoss den zweifelhaften Strafstoß für den FC zum 1:3-Endstand ins Tor.
Quelle: ntv.de, ara/dpa/sid