Fußball

Der Supercup im Schnellcheck Ein 19-Jähriger verspricht dem FC Bayern Großes

Jamal Musiala glänzte besonders in der ersten Halbzeit.

Jamal Musiala glänzte besonders in der ersten Halbzeit.

(Foto: IMAGO/Christian Schroedter)

Acht Tore fallen beim Supercup zwischen Meister FC Bayern und Pokalsieger Leipzig. Die Münchner haben eigentlich alles im Griff, auch dank eines herausragenden Jungstars. In den letzten Minuten aber geben sie das Spiel fast noch aus der Hand, was Julian Nagelsmann ganz simpel zu begründen weiß.

Was ist in der Arena im ehemaligen Zentralstadion in Leipzig passiert?

Die 13. Austragung des deutschen Supercups, seit dieser zur Saison 2010/11 wiederbelebt wurde. Das fußball-spielende Marketingvehikel aus Leipzig war damals gerade aus der fünften in die vierte Liga aufgestiegen, als Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz eine wegweisende Entscheidung traf. Nicht RB Salzburg sollte das Schlüsselprojekt der Fußballambitionen sein, die der österreichische Weltkonzern seitdem mit großen finanziellen Anstrengungen vorantreibt - sondern RB Leipzig. In der Folge stieg Rasenballsport drei weitere Male auf, etablierte sich in der erweiterten deutschen Spitze und gewann im Mai 2022 seinen ersten großen Titel. Den DFB-Pokal. Deshalb jetzt der erste Auftritt im Supercup.

Für den FC Bayern dagegen ist das Duell zwischen Meister und Pokalsieger (oder Vizemeister, wenn die Münchner einmal mehr das Double gewinnen) längst Pflichttermin in der Saisonvorbereitung. Seit 2010 fand der Supercup nur einmal ohne die Bayern statt, die fünf der jüngsten Austragungen für sich entschieden. Was nur logisch ist, wenn man sich kurz in Erinnerung ruft, dass der FC Bayern den Erfolgsgehalt einer Saison vorrangig am Abschneiden in der Champions League bemisst. Wobei der Supercup auch unabhängig davon ein Endspiel ist, das der Sieger in seinen Briefkopf aufnimmt, während es nicht nur beim Verlierer meist schnell wieder in Vergessenheit gerät.

Die Brisanz dieser Partie speist ohnehin eher aus der Frage, ob der FC Bayern zeitnah wieder eine Überweisung nach Leipzig schickt, um im Gegenzug einen weiteren Leistungsträger unter Vertrag nehmen zu dürfen. Julian Nagelsmann kam im vergangenen Jahr auf diesem Weg an die Säbener Straße, sein Trainerteam ebenfalls. Es folgten Dayot Upamecano und Marcel Sabitzer, beide heute in der Münchner Startelf. Dafür käme auch der (Noch?)Leipziger Konrad Laimer infrage, den der FC Bayern gerne verpflichten würde. Diese Häufung an Transfers verleitete jüngst Rasenballsport-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff dazu, dem FC Bayern mangelnde Kreativität bei der Kaderplanung vorzuwerfen. Ein Vorwurf, dem eine gewisse Ironie innewohnt angesichts der großen Zahl an Profis, die in den vergangenen Jahren von Salzburg nach Leipzig wechselten. Wobei das wiederholte Interesse aus München ja zumindest ein Indiz dafür ist, dass das Scouting und die Talententwicklung bei den Sachsen höchsten Ansprüchen genügen.

Teams und Tore

Leipzig: Gulacsi - Simakan (79. Novoa), Orban, Halstenberg - Klostermann, Laimer, Kampl (52. Olmo), Henrichs - Szoboszlai (90.+1 Haidara), Forsberg (52. Silva) - Nkunku. - Trainer: Tedesco
München: Neuer - Pavard (78. Mazraoui), Upamecano (78. de Ligt), Hernandez, Davies - Kimmich, Sabitzer - Müller (68. Gravenberch), Musiala (60.) Coman - Gnabry (78. Sané), Mané. - Trainer: Nagelsmann
Schiedsrichter: Robert Schröder (Hannover)
Tore: 0:1 Musiala (14.), 0:2 Mané (31.), 0:3 Pavard (45.), 1:3 Halstenberg (59.), 1:4 Gnabry (66.), 2:4 Nkunku (77., Foulelfmeter), 3:4 Olmo (89.), 3:5 Sané (90.+8)
Zuschauer: 47.069 (ausverkauft, in Leipzig)
Gelbe Karten: Simakan, Klostermann - Kimmich, Hernandez, Sané, Neuer

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8. Minute: Manuel Neuer macht einen Ausflug und dabei einen Fehler. Christopher Nkunku kommt an den Ball, während der Bayern-Keeper zurück in sein Tor eilt. Die Flanke des Stürmers aber klärt Marcel Sabitzer ins Toraus, bevor die ganz große Gefahr entsteht.

Die Führung.

Die Führung.

(Foto: IMAGO/Picture Point LE)

14. Minute, TOOOOR FÜR DEN FC BAYERN: Eine Ecke für den FC Bayern bekommt die Leipziger Abwehr nicht geklärt, der Versuch des Herauskombinierens scheitert kläglich. Lucas Hernández lenkt den Ball zu Jamal Musiala, der aus halbrechter Position und aus rund 13 Metern flach abzieht.

16. Minute: KEIN TOR FÜR LEIPZIG: Nkunku trifft, trotzdem bleibt es bei der Münchner Führung. Denn der Angreifer steht im Abseits, als Mohamed Simakan im Mittelfeld den Ball gewinnt und durchsteckt. Das bestätigt dann auch der Check durch des Video-Referees.

Souverän verwandelt von Mané.

Souverän verwandelt von Mané.

(Foto: REUTERS)

31. Minute, TOOOOR FÜR DEN FC BAYERN: Der erste Pflichtspieltreffer für Sadio Mané! Und viel leichter wird es vermutlich nicht werden für Afrikas Fußballer des Jahres. Musialas Steckpass auf der linken Seite entblößt die Abwehr, Serge Gnabry hat schon allen Platz der Welt und spielt flach in die Mitte. Da wartet Mané, der sich dann aussuchen kann, wo im Tor er den Ball unterbringen möchte.

45. Minute, TOOOOR FÜR DEN FC BAYERN: Leipzig ist hier phasenweise komplett unterlegen, und das drückt sich auch im Ergebnis aus. Wie schon beim Führungstreffer ist es eine Ecke, die zum Erfolg führt. Thomas Müller spielt Doppelpass mit Musiala, der sein Dribbling dann mit einem großartigen Zuspiel in den Rückraum abschließt. Genau in den Fuß von Benjamin Pavard, der keine Mühe hat, einzuschieben.

Halbzeit: Ja, es ist nur der Supercup, und ja, es sind nur 45 Minuten. Aber was der FC Bayern hier im Pressing zeigt, an Ansätzen für Kombinationen und Dribblings in den richtigen Momenten und Räumen, das ist fürs erste Pflichtspiel der Saison bemerkenswert.

56. Minute: Fast der Anschlusstreffer! Die Ecke von Dominik Szoboszlai findet Andre Silva, dessen Kopfball aber von der Unterkante der Latte nicht hinter die Torlinie, sondern zurück ins Feld klatscht.

59. Minute, TOOOOR FÜR LEIPZIG: Der Anfang eines Comebacks? Wieder Eckball, diesmal von der anderen Seite und von Nkunku. Am langen Pfosten köpft Marcel Halstenberg so präzise, dass sich der Ball über Neuer hinweg ins lange Eck senkt.

Leichtes Spiel für Gnabry.

Leichtes Spiel für Gnabry.

(Foto: IMAGO/Matthias Koch)

66. Minute, TOOOOR FÜR DEN FC BAYERN: Das Ende des Comebacks. Gnadenlos bestrafen die Münchner heute Leipzigs Fehler. Der kurz zuvor eingewechselte Kingsley Coman schickt Müller auf die Reise, denn Schuss von halbrechts Gulacsi nur noch in die Mitte klären kann. Da steht Lukas Klostermann und wird so vom Ball getroffen, dass Gnabry ihn direkt vor die Füße bekommt. Die Rückkehr des Drei-Tore-Vorsprungs stoppt das Leipziger Comeback.

69. Minute, KEIN TOR FÜR DEN FC BAYERN: Mané trifft, der Videoassistent prüft eine ganze Weile und bestätigt dann die Abseitsentscheidung des Schiedsrichtergespanns. Der Neuzugang wird per Steilpass in den freien Raum vor Gulacsi geschickt und lupft erfolgreich. Allerdings stand der 30-Jährige im Moment des Abspiels ein bisschen zu weit vorne.

71. und 72. Minute: Doppelchance für den Pokalsieger, erst scheitert Nkunku an Davies, dann legt sich Silva den Ball sehenswert zurecht, ehe er ihn etwas zu hoch und deshalb über das Tor schlenzt.

Das Foul zum Elfmeter.

Das Foul zum Elfmeter.

(Foto: IMAGO/Revierfoto)

76. Minute, ELFMETER FÜR LEIPZIG: So holt der FC Bayern den Gegner natürlich nochmal zurück ins Spiel. Dani Olmo versucht, einen Pass an die Strafraumgrenze zu erlaufen und wird dabei von Pavard umgegrätscht. Klarer Elfmeter, und das lässt sich Nkunku nicht zweimal sagen. Mit Wucht zielt der Franzose in die linke obere Ecke, Neuer ist chancenlos.

84. Minute, KEIN TOR FÜR DEN FC BAYERN: Wieder trifft Mané, wieder zählt das Tor nicht. Leroy Sané steckt fein durch auf Kingsley Coman, der Mané in der Mitte findet. Eine sehenswerte Kombination, die allerdings in entscheidenden Momenten im Abseits stattfindet.

89. Minute, TOOOOR FÜR LEIPZIG: Das ist der alte FC Bayern der Vorsaison, der mit der wackligen Abwehr, die sich selbst das Leben schwer macht. Ein Konter der Leipziger landet bei Szoboszlai, der Olmo findet, der auf 3:4 stellt. Geht da noch was?

Nachspielzeit: Der FC Bayern taumelt, Leipzig drückt, die Münchner wanken - aber sie fallen nicht. Neuer holt sich noch eine Verwarnung wegen Ballwegwerfens ab, dann fällt die finale Entscheidung. Ein Leipziger Freistoß landet bei Alphonso Davies, der nach vorne klärt - und Leroy Sané findet. Der dribbelt mit Tempo aufs gegnerische Tor zu, lässt den Verteidiger aussteigen, den Torwart aussteigen und schiebt dann überlegt zum Endstand ein. Angepfiffen wird danach nicht mehr.

Was war gut?

Die erste Halbzeit des FC Bayern. Die Leipziger finden keinen Weg, sich aus dem Druck der Münchner zu befreien, die dazu in den entscheidenden Momenten die Chancen nutzen, die ihnen angeboten werden. Ein Sonderlob verdient sich in den ersten 45 Minuten Jamal Musiala. Der ist immer noch erst 19 Jahre alt, aber tritt mit einer solchen Abgeklärtheit auf, als spielte er schon 19 Jahre auf diesem Niveau.

Volltreffer.

Volltreffer.

(Foto: AP)

An allen drei Treffern vor dem Seitenwechsel ist er entscheidend beteiligt. Erst bestraft er die inkonsequente Klärungsaktion mit dem Tor zur Führung, dann sorgt er für den Pass hinter die Leipziger Abwehrkette, wo Serge Gnabry ganz viel Platz im Strafraum vorfindet, um auf den ebenfalls völlig frei stehenden Sadio Mané querzulegen. Das 3:0 bereitet Musiala direkt vor, indem er nach einer Ecke einen Doppelpass mit Thomas Müller spielt, dann an der Grundlinie ins Dribbling geht und von dort für Benjamin Pavard auflegt. Wenn diese Leistung wegweisend für die kommende Saison ist, wird er den Fans des FC Bayern sehr viel Freude bereiten.

Was war nicht so gut?

In der Schlussphase ist dem FC Bayern anzumerken, dass die Neuzugänge noch nicht alle Abläufe internalisiert haben können und dass Spielpraxis auch für alle anderen unersetzlich ist. "Wir sind erst 19 Tage im Training", sagt Julian Nagelsmann nach Abpfiff am Sky-Mikrofon, und ehrlicherweise ist die Form im August auch kein Indikator, ob die Saison erfolgreich verläuft oder nicht. Dennoch dürfte die letzte halbe Stunde in der Analyse ein paar Anhaltspunkte dafür geben, was noch zu tun ist. In der Defensive ist das teils zu wild, und es entspricht auch nicht dem Anspruch der Münchner, dass es nach 3:0- und 4:1-Führungen noch einmal so spannend wird. Wie spannend es wurde, zeigt sich vielleicht am besten daran, dass sich Manuel Neuer in der siebten Minute der Nachspielzeit dazu gezwungen fühlt, eine Gelbe Karte wegen Ballwegwerfens zu kassieren.

Auch nicht so gut ist das, was die Leipziger in den ersten 45 Minuten spielen, und was sie dann in der zweiten Hälfte nicht mehr aufholen können. Der FC Bayern bleibt der Angstgegner des finanzstarken Emporkömmlings, zum zehnten Mal in Folge gelingt den Sachsen kein Sieg gegen den Rekordmeister, Rekordpokalsieger und Rekordsupercupsieger. Die Gesamtbilanz nach nun 15 Partien: ein Sieg, fünf Unentschieden und neun Niederlagen bei 17:33 Toren.

Das sagen die Beteiligten

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Domenico Tedesco (Trainer Leipzig): "Die Bayern haben verdient gewonnen. Besonders aufgrund der ersten Halbzeit, da haben sie ihre Stärken ausgespielt. Ihre Pfeile kommen von überall: Links, rechts, halblinke Bahn, halbrechte Bahn, zentral. Wahnsinn, echt Wahnsinn. In der zweiten Halbzeit haben wir umgestellt, waren dem 4:4 näher als die Bayern dem 5:3. Man hat gesehen, dass Bayern als absoluter Favorit in diese Saison geht."

Julian Nagelsmann (Trainer Bayern München): "Hintenraus war es eng. In der ersten Halbzeit haben wir es aber sehr gut gemacht. Ab der 60. Minute hat man gesehen, dass uns die Körner ausgehen. Wir sind erst 19 Tage im Training, das darf man nicht vergessen. Das Spiel war schon schnell für ein erstes Spiel der Saison, das war kein Plätschern. Aber wir haben verdient gewonnen, das steht außer Frage."

Quelle: ntv.de

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