"Brazzo" ist König der Transfers FCB-Boss Salihamidžić schlägt Alexander Nübel die Tür zu
08.11.2022, 11:25 Uhr
Salihamidžić gewährt gerne Einblicke in seine Transferpläne, aber nicht zu tief.
(Foto: IMAGO/Jan Huebner)
Noch im Frühling 2022 wollen einige Bayern-Fans den Sportvorstand Hasan Salihamidzic vom Hof jagen. Der 45-Jährige schwimmt sich frei, wird zum Transferkönig der Liga und steht bei den Planungen zur Saison 2023/2024 schon wieder vor schwierigen Entscheidungen. Eine Tür hat er bereits geschlossen.
Endlich sind die Verhältnisse in der Bundesliga wieder geklärt. Nach sieben langen Wochen an der Tabellenspitze wurde Union Berlin vom auferstandenen "Giganten" Bayer Leverkusen in den schlimmsten 45 Minuten der Liga-Geschichte der Eisernen zurechtgewiesen. Die Köpenicker um ihr Kult-Maskottchen Ritter Keule hatten schlichtweg ihre Rüstung vergessen und gingen unterm Bayer-Kreuz mit 0:5 unter.
Sicher auch sehr zur Freude von Bayern-Sportvorstand Hasan Salihamidžić. Der will, wie der Rest der Münchener, die elfte Meisterschaft in Folge abstauben. Und zwischendurch den Grundstein für die kommenden Meisterjahre legen. Im vergangenen Transfer-Sommer hatte der 45-Jährige mit Coups wie der Verpflichtung von Weltstar Sadio Mané vom FC Liverpool zum ersten Mal auch international bleibenden Eindruck hinterlassen. Mit dem Verkauf von Robert Lewandowski erlöste er 45 Millionen Euro. Für einen immer noch überragenden, aber alternden Stürmer. Große Kasse gemacht. Das hatten ihm nicht alle zugetraut. Aber mit dem Verkauf von Robert Lewandowski ging er auch ein Risiko ein. Würde der FC Bayern München auch ohne die Torgarantie erfolgreich sein?
Genau das drohte Salihamidžić zwischenzeitlich auf die Füße zu fallen. Nach einem furiosen Start in der Liga aber folgte die kuriose Krise der Bayern, die Union Berlin letztendlich die sieben Wochen an der Spitze ermöglichten. Plötzlich traf der Rekordmeister nicht mehr ganz so zuverlässig das Tor, wollte nicht mehr jedes Spiel gewinnen. Verrückt. Das kannte Fußball-Deutschland nicht mehr. Bald schon stand sogar Julian Nagelsmann derart in der Kritik, dass sich die ersten ein Blitz-Aus vorstellen konnten. Der ehemalige Bayern-CEO Karl-Heinz Rummenigge nannte den 35-Jährigen ein "großes Trainer-Talent" und erinnerte beinahe an den damaligen BVB-Coach Michael Skibbe, der Weltmeister Thomas Häßler dereinst in der Saison 1998/1999 als "Talent" bezeichnete. So sind unsere Zeiten. Wild, doch alles wiederholt sich.
Droht Choupo-Moting Lewandowskis Schicksal?
Dann hat Nagelsmann, dieses Talent auf der Bayern-Bank, eine Idee. Er setzte wieder auf eine echte Nummer neun. Und plötzlich trumpfte eben nicht nur die Teenager-Sensation Jamal Musiala auf, sondern auch der ehemalige Schalke-Angreifer Eric Maxim Choupo-Mouting. Der Stürmer hatte sich in der Vorsaison im Schatten von Lewandowski in Vergessenheit verletzt und stand somit auch vor seinem Aus bei den Bayern. Auch, weil der Vertrag des gebürtigen Hamburgers im Sommer 2023 ohnehin auslaufen würde. Doch nach zehn Treffern in nur 14 Saisoneinsätzen hat sich die Situation massiv verändert.
Aktuell gehört Choupo-Moting zu den formstärksten Stürmern Europas, aktuell lässt er seine Gegenspieler vor Ehrfurcht erschauern. Acht Tore aus den letzten sieben Pflichtspielen. "Wie macht der denn den, der Choupo?", fragte ein entgeisterter Kevin-Prince Boateng nach Herthas 2:3 gegen die Bayern am vergangenen Samstag: "Bei dem klappt ja auch alles. Leck mich am Arsch!" Innerhalb weniger Minuten hatte er kurz vor der Pause von 1:0 auf 3:0 für die Bayern gestellt, wie Fußball-Reporter dieser Tage sagen. Dass Hertha dann noch einmal auf 2:3 herankam, war am Ende egal und Bayern nach der Union-Klatsche in Leverkusen wieder an der Tabellenspitze.
Deswegen beginnt die Zukunft der Bayern jetzt und ob sich in der noch alles um Choupo-Moting drehen wird, bleibt nach den jüngsten Aussagen von Salihamidžić erst einmal unklar. "Wir werden auf jeden Fall sprechen, wir würden ihn gern halten", erzählte er bei Sky: "Dass er ein richtig guter Fußballer ist, wussten wir von vornherein. Dass er so einen Lauf hat, überrascht uns alle. Jetzt zeigt er, was er kann." Eilig scheinen es die Bayern nicht zu haben, obwohl die Tore des Kameruners natürlich nicht nur in Deutschland registriert werden. So einen Stürmer könnte man sich auch z.B. bei Manchester United vorstellen.
Choupo-Moting will auch warten, bevor er sein Blatt ausspielt. Für den 33-Jährigen geht es um den letzten großen Vertrag der Karriere und somit auch um die viel zitierte Wertschätzung, die nach dem ehemaligen Bayern-Boss Uli Hoeneß in erster Linie auch eine finanzielle ist. Verhandlungen soll es erst nach der WM in Katar geben. Dort will Choupo-Moting mit Kamerun in den Spielen gegen die Schweiz, Serbien und Brasilien auftrumpfen. Ein paar Tore für die "unzähmbaren Löwen" würden sein Blatt noch mehr verbessern. Ihm winkt ein dicker Vertrag, ob er diesen bei den Bayern jedoch bekommen wird? Nicht nur das Beispiel Lewandowski zeigt: Irgendwann verlassen die meisten Spieler den Rekordmeister. Wertschätzung gegen Vernunft.
Aus "Brazzo" wird Knallhart-Salihamidžić
Salihamidžić, der schon lange nicht mehr Brazzo genannt wird, wäre nicht Salihamidžić, hätte er nicht schon längst einen Plan B und sicher auch einen Plan C. Mit der England-Legende Harry Kane könnte den Bayern schon im nächsten Jahr der nächste Transfer-Coup gelingen. So richtig aus der Deckung wagen will er sich natürlich noch nicht. Klar, Kane ist "einer der besten Stürmer der Welt" und aber auch "ein Spieler, der bei Tottenham spielt" und daher rede man nicht darüber. Der Kapitän der englischen Nationalmannschaft steht bei den Spurs noch bis 2024 unter Vertrag. Es ist kaum vorstellbar, dass er England verlassen wird. Doch Salihamidžić hat schon ganz andere Deals gedreht.
Das war nicht immer so. Wer erinnert sich nicht an das Drama um die Verpflichtung von Alexander Nübel? Der Keeper, der auch aufgrund seines damaligen Arbeitgebers, dem FC Schalke 04, mit der Bayern-Legende Manuel Neuer nicht nur verglichen, sondern diesem auch unter angeblicher Zusicherung garantierter Einsätze als Nachfolger präsentiert wurde. Dazu kam es nicht.
Weil Neuer auch mit 36 Jahren nicht daran denkt, seine so glorreiche Karriere zu beenden. Wohin also mit dem aktuell an den AS Monaco verliehenen Nübel, dieser Hinterlassenschaft aus Phase eins der Salihamidžić-Karriere bei den Bayern? Definitiv so schnell nicht zwischen die Pfosten des Rekordmeisters. Angesprochen auf eine mögliche Rückkehr aus Monaco, knallte der Sportvorstand auf Sky die Tür direkt zu. "2023 wird das nicht passieren. Danach muss man sehen."
Nübel, bis 2025 an den FCB gebunden, wird sich seine Gedanken machen. Salihamidžić auch. Meist kommt dabei was heraus. Etwas, das gut für die Bayern und so fatal für den Rest der Liga ist. Dass der Rekordmeister unter der neuen sportlichen Führung die nationale Dominanz herschenken wird, diese Hoffnung besteht schon lange nicht mehr. Sehr zur Freude des Sportvorstands Hasan Salihamidžić, der es allen gezeigt hat. Er ist der Aufsteiger des Jahres 2022.
Quelle: ntv.de