Fußball

DFB-Elf glänzt, alle lieben Poldi Götze staubt, Boateng stopft, Özil taucht

Danke für ein rasantes Spiel.

Danke für ein rasantes Spiel.

(Foto: picture alliance / dpa)

War das weltmeisterlich? Auf jeden Fall bietet die DFB-Elf dem Publikum beim Sieg gegen Polen ein starkes Stück Fußball und darf sich der EM-Teilnahme so gut wie sicher sein - dank einer lebenden Passmaschine und Mario Götze.

Sie legten los wie eine Klassemannschaft, mussten ein wenig zittern, gewannen am Ende verdient und vor allem: Sie überzeugten das Publikum mit herrlichen Kombinationen und tollen Toren gegen einen starken Gegner. Kurzum: Die deutschen Fußballer haben vor 48.500 Zuschauern im ausverkauften Frankfurter Waldstadion Polen mit 3:1 (2:1) geschlagen, die Tabellenführung in der Gruppe D übernommen und sind somit auf dem besten Weg, sich die Spielberechtigung für die Europameisterschaft zu sichern, die im Sommer nächsten Jahres in Frankreich stattfindet.

Deutschland - Polen 3:1 (2:1)

Tore: 1:0 Müller (12.), 2:0 Götze (19.), 2:1 Lewandowski (36.), 3:1 Götze (82.)

Deutschland: Neuer - Can, Boateng, Hummels, Hector - Schweinsteiger, Kroos - Müller, Özil, Bellarabi (53. Gündogan) - Götze (90.+1 Podolski)

Polen: Fabianski - Piszczek (43. Olkowski), Szukala, Glik, Rybus - Jodlowiec, Krychowiak - Maczynski (63. Blaszczykowski), Grosicki (83. Peszko) - Lewandowski, Milik

Referee: Rizzoli (Italien) Zus: 48.500 (av)

Der Bundestrainer befand dann auch: "Bis auf wenige Situationen haben wir es gut gemacht." Und hatte diese Einschätzung nicht exklusiv. Ohne Zweifel hat die DFB-Elf sehr gut Fußball gespielt,  viel besser jedenfalls als in den sechs Partien zuvor in dieser mitunter doch etwas quälenden EM-Qualifikation. Doch als es darauf ankam, war sie da. Das ist auch eine Qualität.

Thomas Müller machte  in der zwölfte Minute den Anfang und erzielte nach einer grandiosen Ballstafette das 1:0, Mario Götze legte sieben Minuten später nach, bevor Robert Lewandowski, bekannt aus Funk, Fernsehen und wegen seiner Tore für die Dortmunder Borussia und den FC Bayern, neun Minuten vor der Pause für die Gäste traf. Der durchaus gut aufgelegte Götze besorgte dann neun Minuten vor dem Ende der Partie das 3:1.

Und da die Schotten, gegen die es am Montag (ab 20.45 Uhr bei RTL und im Liveticker bei n-tv.de) in Glasgow geht, überraschend gegen Georgien verloren, dürfte es für das deutsche Team nun langsam wirklich schwer werden, sich nicht für das kontinentale Turnier zu qualifizieren. "Jetzt sind wir Tabellenführer, da wollten wir hin", sagte ein sichtlich zufriedener Thomas Müller. Die deutschen Spieler in der Einzelkritik:

Bayern-Spieler unter sich: Neuer und Lewandowski.

Bayern-Spieler unter sich: Neuer und Lewandowski.

(Foto: picture alliance / dpa)

Manuel Neuer: Der 29 Jahre alte Schlussmann den FC Bayern München hatte in seinem 59. Länderspiel seine stärkste vieler starker Szenen eine Minute vor dem Halbzeitpfiff, als er einen satten 16-Meter-Schuss seines Klubkollegen Robert Lewandowski prima abwehrte. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass Neuer zuvor den Ball zum Gegner gepasst hatte. "Fehler passieren nun mal im Spiel - so war es dann auch in der einen oder anderen Situation, da braucht man auch einen Torwart." Das hat er schön gesagt. Beinahe ebenso spektakulär rettete er nach einer knappen Stunde gegen Arkadiusz Milik.

Hatte insgesamt mehr zu tun, als er es bei seinem Arbeitgeber in München gewohnt ist. Beim Gegentor war er sichtlich machtlos, nach einer famosen Außenristflanke des polnischen Linksaußen Kamil Grosicki wuchtete Lewandowski im Flug den Ball mit seinem Kopf ins Tor. Kleiner Spaßfakt: Im 15. Spiel gegen Neuer erzielte er sein siebtes Tor.

Löw über Cans Debüt: "Insgesamt ordentlich."

Löw über Cans Debüt: "Insgesamt ordentlich."

(Foto: REUTERS)

Emre Can: Er spielt für den FC Liverpool, ist 21 Jahre alt - und jetzt auch A-Nationalspieler. Die Statistiker melden: Emre Can ist der 76. Debütant in der Amtszeit Löws, er bekam den Job auf der rechten Abwehrseite anstelle von Sebastian Rudy von der TSG Hoffenheim. Und das in seiner Heimatstadt Frankfurt. In der Bundesliga debütierte Can übrigens einst vor drei Jahren beim FC Bayern - Trainer Jupp Heynckes setzte ihn als Linksverteidiger ein. Und in Liverpool spielt er im defensiven Mittelfeld. Lucien Favre dürfte bei so viel Polyvalenz das Herz aufgehen.

Ansonsten ist es allerdings so: Die Stelle rechts in  der Viererabwehrkette bleibt bis auf weiteres vakant. Can glänzte bisweilen zwar dadurch, dass er sich einen verlorenen Ball zurückerkämpfte. Aber er verlor ihn halt auch des Öfteren. Und hatte gegen den starken Grosicki wirklich keinen leichten Stand. Da war es eher der Höflichkeit geschuldet, dass Löw hinterher sagte: "Das war insgesamt ordentlich, ein gutes Debüt."

Was gibt's Neues bei den Bayern?

Was gibt's Neues bei den Bayern?

(Foto: picture alliance / dpa)

Jérôme Boateng: Der seit Donnerstag 27 Jahre alte Abwehrchef des FC Bayern hatte vor seinem 53. Länderspiel eine unter Fußballern beliebte Parole wider den vom Bundestrainer nach der WM erkannten "emotionalen Abfall" ausgegeben: "Es gibt keine Ausreden mehr." Der Innenverteidiger spricht wie der Kapitän, der er gerne sein würde - in der Nationalelf und in München. Also irgendwann einmal. Das hat er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" gesagt. Das "wäre für mich etwas ganz Besonderes und eine große Ehre in meiner Karriere, trotz des Weltmeistertitels. Als erster farbiger Kapitän wäre das mit Blick auf die Integration auch ein starkes Zeichen nach außen". Trat dann auch wie ein Chef auf. Er stellte sich einem Vereinskollegen Lewandowski in den Weg, stopfte die Löcher, die seine Mitspieler hinterlassen hatten, rettete gegen gar nicht so defensive Polen, was zu retten war und trug mit seinen präzisen, diagonalen Pässen zum Spielaufbau bei - Ausreden überflüssig.

Mats Hummels: Der 26 Jahre alte Innenverteidiger der Dortmunder Borussia kann nach seinem 40. Länderspiel mit gutem Gewissen behaupten, seinen Job in der Innenverteidigung an der Seite des etwas auffälligeren Boateng unaufgeregt und zu weiten Teilen souverän erledigt zu haben - stark im Zweikampf und gut im Kopfballspiel. Auch er war sehr damit beschäftigt, sich seinem ehemaligen Klubkollegen Lewandowski in den Weg zu stellen, was ihm beim Gegentor nicht ganz so gut gelang, da war er einfach zu spät dran. Darunter litt etwas seine Präsenz in der Spieleröffnung, beim BVB gerade zu Beginn dieser noch jungen Saison eine seiner größeren Stärken. Ein paar Fehlpässe waren auch dabei - geschenkt.

Jonas Hector: Der Bundestrainer bestätigte hinterher, was alle gesehen hatten; nämlich dass er seine beiden Außenverteidiger angewiesen hatte, sehr weit vorne zu stehen und sich doch bitte am Angriffsspiel zu beteiligen. Während dem Debütanten Can auf der rechten Seite noch ein wenig die Balance abging, klappte das bei Hector prima - dabei hat der 25 Jahre alte Kölner auch nur fünf Länderspiele mehr absolviert. Er arbeitet aber beharrlich daran, sich für die Position am linken Ende der Viererkette zu empfehlen. In Frankfurt ist ihm das nachhaltig gelungen. Defensiv hielt er seine Seite sauber, und in der Offensive bereitete er die ersten beiden Tore vor. Löw lobte ihn ausdrücklich für sein "einfaches, klares und seriöses Spiel".

Toni Kroos: Die lebende, wenn auch nicht stets übermäßig lebendig wirkende Passmaschine von Real Madrid trug konsequent zu weißem Trikot und weißer Hose auch weiße Schuhe. Mit dem Kollegen Schweinsteiger bildete der 25 Jahre alte Mittelfeldakteur in seinem 59. Länderspiel eine ex-bayrische Doppelsechs und übernahm dabei den offensiveren Part. Was die Art und Weise betrifft, wie er traumhaft sicher die Bälle annimmt und verteilt, macht ihm so schnell keiner etwas vor. Wenn sein Nebenmann Schweinsteiger der Arbeiter ist, ist Kroos der Ästhet. Und es ist eine Freude, ihm dabei zuzusehen. Hinterher zeigte er sich vom Sieg seiner Mannschaft wenig überrascht. Zwar habe die DFB-Elf nach dem 2:0 "ein wenig die Kontrolle verloren". Aber insgesamt gelte: "Polen ist nicht so stark, wie es teilweise gemacht wurde - und wie es in der Tabelle auch aussah." Das wiederum haben wir anders gesehen.

Bastian Schweinsteiger: Der Bundestrainer hatte vor der Partie seinem 31 Jahre alten Kapitän attestiert, immer noch Weltklasse zu sein, wenn es darauf ankomme. Sagen wir es so: Das war, gemessen an dem, was Schweinsteiger gegen die Polen bot, doch ein wenig hochgegriffen. Was aber nicht heißt, dass der 31 Jahre alte Mittelfeldspieler in seiner 112. Partie für Deutschland schlecht spielte. Er kämpfte, rackerte, rieb sich auf, scheute keinen Zweikampf und fand doch die Zeit, so einige Angriffe schlau einzuleiten. Nur mit dem Tempo hat er es nicht so. Das ist allerdings nicht neu. Versuchte es nach 65 Minuten und einem Kroos’schen Eckball mit einer Direktabnahme - doch der Ball flog über das Tor. Sein Fazit: "Es war für uns ganz wichtig, die drei Punkte zu holen. Das haben wir geschafft, darauf können wir sehr stolz sein. Wir haben teilweise zu einfache Fehler gemacht, aber im Grunde fast über 80 Minuten ein gutes Spiel gezeigt und waren immer dominant. Vorne haben wir es verpasst, noch ein Tor zu machen. Aber mit dem 3:1 können wir sehr zufrieden sein."

Müller trifft auch so.

Müller trifft auch so.

(Foto: picture alliance / dpa)

Thomas Müller: Rennen kann er, schießen kann er - und das in einer fast unheimlichen Beständigkeit auf höchstem Niveau. A uch in seinem 64. Länderspiel gehörte der 25 Jahre alte Flügelspieler des FC Bayern zu den Besten in einer guten Mannschaft, vor allem in der ersten halben Stunde war er von kaum einem seiner polnischen Gegenspieler zu fassen. Profitierte beim 1:0 nach zwölf Minuten von einer Kombination, die das Prädikat wunderbar verdiente. Der Ball lief zuvor über zwölf Stationen, zehn von elf Spielern waren beteiligt - nur Mario Götze nicht. Aber der erzielte ja das 2:0 und auch noch das 3:1. Und Müller? Bereitete dieses 3:1 vor und konstatierte: "Wir müssen noch ein bisschen stabiler spielen, dass wir nicht so viele Fehlpässe spielen. Aber alles in allem sind wir zufrieden, gegen den stärksten Gegner der Gruppe gewonnen zu haben. Aber wir müssen weiter an uns arbeiten."

Özil glänzt wie immer unauffällig.

Özil glänzt wie immer unauffällig.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mesut Özil: Vor seinem 67. Länderspiel hatte der 26 Jahre alte Ballkünstler des FC Arsenal öffentlich von Rio geträumt - weil dort im August kommenden Jahres die Olympischen Spiele stattfinden. "Das wäre schon geil. Horst Hrubesch entscheidet aber, ob er mich nominiert. Fragt er mich, würde ich nicht nein sagen." Das Problem ist nur, dass vorher in Frankreich die Europameisterschaft stattfindet. Und der Bundestrainer hat betont, die sei wichtiger. "Ganz ehrlich, für mich ist es undenkbar, dass ein Spieler beide Turniere spielt." So gesehen kann Özil nur hoffen, dass sich die DFB-Elf nicht für die EM qualifiziert. Das wird allerdings schwer. Vor allem, wenn er in der offensive Mittelfeldzentrale traumhaft sicher die Bälle spielt, wie diesmal. Sein Problem ist allerdings, dass er nicht so auffällt, wie es alle von ihm erwarten und nicht gerade selten eher ein wenig abtaucht. Eine augenscheinlich entscheidende Tat gelang ihm in Frankfurt nicht.

Karim Bellarabi: Der 25 Jahre alte Mittelfeldspieler des TSV Bayer 04 Leverkusen kam vor allem deshalb zu seinem achten Länderspiel, weil sich der Dortmunder Marco Reus wieder einmal verletzt hatte. Und Bellarabi machte seine Sache auf der linken Angriffsseite auch und vor allem im Zusammenspiel mit seinem Hintermann Jonas Hector prima - wie vor dem 1:0. Sorgte mit seiner Dynamik für viel Schwung und ging extrem bissig bis übereifrig zu Werke. Prädikat: immer eine gute Alternative. Verließ nach 52 Minuten nach einem Zusammenprall leicht lädiert den Rasen. Für ihn kam der 24 Jahre alte Dortmunder Ilkay Gündogan zu seinem zwölften Länderspiel. Özil rückte nach links, Gündogan übernahm den Part des Spielmachers, führte sich fünf Minuten später mit einer feinen Vorlage für Götze ein, der allerdings den Pfosten traf - und zeigte, dass er in der Lage ist, die zentrale Rolle im Mittelfeld auszufüllen. Den direkten Vergleich mit Özil gewann er somit auch.

Mario Götze: Hatte vor dem Anpfiff getönt: "Wir wollen den Polen von Beginn an zeigen, dass es nichts zu holen gibt." Und trug dazu bei, dass es letztlich so kam, wie er gesagt hatte. Nach einem schönen Dribbling erzielte der 23 Jahre alte Teilzeitmittelstürmer des FC Bayern nämlich nach 19 Minuten das 2:0. Es war seine Treffer Nummer 15 und 16 im 46. Länderspiel. Apropos falsche Neun: Das 3:1 war ein Abstauber, wie er Gerd Müller zur Ehre gereicht hätte. Mittelstürmiger geht es nicht.

In der ersten Minute der Nachspielzeit durfte Lukas Podolski dann auch noch ran. Der 30 Jahre alte Angreifer, der sein Geld neuerdings bei Galatasaray in Istanbul verdient, kommt nun auf 126 Länderspiele. Seine Einwechslung war also gut für seine persönliche Statistik - und für die ohnehin prächtige Stimmung im Stadion. Podolski ist nicht nur immer noch der Liebling des deutschen Publikums, der Poldi; auch die 8000 polnischen Fans feierten ihn als einen der ihren, da er schließlich in Polen geboren wurde. So gesehen ein schöner Schlusspunkt unter ein unterhaltsames Spiel.

Quelle: ntv.de

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