Das Ende der Auswärtsphobie "Jimmy" küsst Bochum wach - und sprintet zur WM?
13.11.2022, 08:21 Uhr
Christopher "Jimmy" Antwi-Adjei traf einmal und vergab mehrfach für den VfL Bochum.
(Foto: IMAGO/Eibner)
Zweiter Sieg in Folge: Der VfL Bochum gewinnt 1:0 in Augsburg, allein Christopher Antwi-Adjei hätte drei Tore schießen können. Der Matchwinner ist der dennoch und womöglich winkt dem schnellen Außenstürmer jetzt sogar die Belohnung durch sein Heimatland.
"Jimmy" ist wohl der Mann, über den sich die Auferstehungsgeschichte des VfL Bochum in diesem Herbst am besten erzählen lassen kann. Denn seit "Jimmy" nicht mehr nur die Flanken rauf- und runter sprintet, sondern seine Fähigkeiten auch in Scorerpunkte ummünzt, seither ist der VfL Bochum von "Totgesagten" auferstanden und arbeitet wieder aktiv am dritten Fußballwunder in Serie "anne Castroper". Die Bochumer Profis um ihren Matchwinner Christopher "Jimmy" Antwi-Adjei schritten mit lachenden Gesichtern vor die Fankurve und hörten dort den Ruf, den sie so lange nicht mehr gehört hatten. "Auswärtssieg, Auswärtssieg", schallte es von der Gäste-Tribüne nach dem 1:0 (0:0) beim FC Augsburg. Es waren die ersten Auswärtspunkte der Saison. Und sie hörten: "Nie mehr 2. Liga". Nun, so weit ist es (noch lange) nicht, aber die Hoffnung ist zurück "anne Castroper".
"Wir fahren mit drei Punkten heim, das ist nicht schlecht", sagte Antwi-Adjei. Er gilt nicht als Top-Kandidat für einen Platz in Ghanas WM-Aufgebot. Doch ausgeschlossen ist es nicht, dass Nationaltrainer Otto Addo den 28-Jährigen am Montag nominiert. Der Auftritt am Samstag vor 28.011 Zuschauern, von denen ein Teil mit einem großen Banner zum WM-Boykott aufrief, war überzeugend. Antwi-Adjei scheiterte mit einem abgefälschten Schuss an FCA-Keeper Rafal Gikiewicz (13.), traf den Außenpfosten (14.), verstolperte alleine vor Gikiewicz (23.) und legte perfekt für Simon Zoller auf (45.+2). Zollers Ball verfehlte das Tor nur ganz knapp.
"Freut mich extrem, dass er sich belohnt hat"
Keineswegs überraschend war es auch Antwi-Adjei, der Trainer Thomas Letsch über die Führung jubeln ließ - und das noch in einem fremden Stadion. Nach einem Lupfer des ehemaligen Augsburgers Konstantinos Stafylidis prallte der Ball zwischen ihm und dem gut den Winkel verkürzenden Gikiewicz hin und her - und lag dann im Tor. "Er hat im Moment das Selbstvertrauen und zeigt, welche Qualität er mit seiner Geschwindigkeit hat", sagte Letsch. "Es freut mich extrem, dass er sich belohnt hat." Aber der gesamten Mannschaft gebühre ein großes Lob. Und außer Lob gab's auch noch eine Belohnung. "Die Mannschaft wusste: Für jeden Punkt, den wir hier holen, gibt es einen Tag mehr Urlaub", sagte der Coach, in dessen Amtszeit zwölf der 13 Bochumer Punkte fallen.
Besonderer Nutznießer des Wechsels war eben Antwi-Adjei. Unter Ex-Coach Thomas Reis kam er in dieser Saison nur sporadisch zum Einsatz. Letsch dagegen vertraut auf das immense Tempo seines Außenstürmers, der zu den schnellsten Spielern der Liga gehört und damit perfekt für das System von Letsch ist, wie übrigens eigentlich auch für das seines Vorgängers. Aber irgendwo konnte der gebürtige Hagener sich nur selten so stark einbringen wie unter dem neuen Mann an der Seitenlinie. Von dem auch andere Spieler im Kader schwärmen.
"Totes Spiel" der Augsburger
"Der Trainerwechsel war gut", sagte Zoller. "Wir brauchen eine führende Hand und die haben wir." Seine eigene Aktion, die zu einem Handelfmeter führte, wunderte ihn ein Stück. "Weiß nicht, ob man den geben muss", sagte Zoller. War aber letztlich auch egal: Mergim Berisha brachte den Handelfmeter nicht im Tor des Elfmeter-Experten Manuel Riemann unter. Die packende Schlussoffensive der nie aufsteckenden Augsburger mit dem am Ende mitstürmenden Torhüter Gikiewicz war zwar druckvoll, aber nicht von Erfolg gekrönt. Auch, weil Bochum sich mit viel Leidenschaft dagegenstemmte. "Wir gehen positiv in die Pause", sagte Stürmer Philipp Hofmann vor einer langen, aber sicher fröhlichen Busfahrt. Ähnlich äußerte sich Zoller: "Obwohl, eigentlich ist es schade, dass es jetzt in die Pause geht." Für die Bochumer, aber vielleicht ja nicht für "Jimmy".
Derweil war der Frust bei den Augsburgern riesengroß. "Du gewinnst gegen Bayern zu Hause - warum kannst du nicht Bochum schlagen", sagte Gikiewicz und sprach von einem phasenweise "toten Spiel" seiner Mannschaft. Auch Manager Stefan Reuter war enttäuscht. "Es ist klar zu wenig", sagte er zur mageren Bilanz von 15 Punkten. Der VfL ist bis auf zwei Zähler herangerückt. Noch bitterer als für die Teamkollegen verlief der Nachmittag für den Augsburger Carlos Gruezo, der bei seiner Auswechslung nach 30 Minuten das Gesicht verzweifelt in seinem Trikot vergrub. Er muss nach einer Verletzung um die WM-Teilnahme bangen. Am Montag nominiert Ecuador seinen Turnier-Kader, die Diagnose war am Samstagabend offen.
Quelle: ntv.de, tno/dpa/sid