Fußball

Schalker Youngster vor DFB-Debüt Leroy Sané begeistert den BVB und Löw

Läuft derzeit für Leroy Sané.

Läuft derzeit für Leroy Sané.

(Foto: imago/Chai v.d. Laage)

In Dortmund haben sie Schalker so gern wie einen Magen-Darm- Infekt. Wenn nun aber das ganze Stadion raunt, wenn Leroy Sané am Ball ist, dann ist etwas passiert, das auch Bundestrainer Joachim Löw nicht egal sein kann.

Henrikh Mkhitaryan ist einer, der richtig gut Fußballspielen kann. Als geschmeidig gelten seine Bewegungen, als elegant, bisweilen sogar virtuos sein Umgang mit dem Ball. Der armenische Nationalspieler, Angestellter von Borussia Dortmund, ist unter Neu-Trainer Thomas Tuchel eine echte Attraktion der Bundesliga geworden. Doch in diesem Moment kann er nur staunen. Nicht er ist die Attraktion, nein er wird zum Statisten degradiert. Mkhitaryan kassiert einen Beinschuss. In der Kreisliga kostet das meist 'ne Kiste Bier und ein paar Sprüche von den eigenen Jungs.

Zig Klassen höher, in der Bundesliga, gilt das Gesetz des Gedemütigten nicht. Die Bundesliga ist die große Bühne, mit den Begeisterungsfähigen und den Kritischen im Publikum. Wer auf dieser Bühne hier zu einem erfolgreichen Beinschuss ansetzt, der beweist Mut, der bekommt Anerkennung. So ging am vergangenen Sonntag ein kräftiges, anerkennendes Raunen durch den mit über 80.000 Zuschauer besetzten Signal-Iduna-Park, als der Ball durch die Beine von Mkhitaryan rollt und wieder am Fuß von Leroy Sané landet. Der 19 Jahre alte Sané hat Dortmunds sieben Jahre älteren Edeltechniker getunnelt. Sané ist Schalker. Und Schalker sind in Dortmund in der Regel so beliebt wie ein Magen-Darm-Infekt. Da drängt sich doch die Frage aller Fragen auf: Was ist da los?

Löw bittet zum Vorspiel

Dabei ist die Antwort so unglaublich einfach. Sie lautet ganz schlicht: Leroy Sané. Der Youngster verzaubert derzeit die Bundesliga. Selbstbewusst, dynamisch, leichtfüßig spielte er in seinem ersten Derby auf und sorgte damit für gleich mehrere schmerzhafte Verstimmungen in der Magengrube des gemeinen BVB-Fans. Sein Tempo, seine Bewegungen, sein Mut und seine Technik, all das stellte die defensive Abordnung der Borussia immer wieder vor Probleme. Nach gespielten 90 Minuten stand es zwar 3:2 für den BVB und Schwarzgelb feierte ausgelassen den emotional wichtigsten Sieg der Saison, aber Sané hatte einmal mehr Eindruck hinterlassen. Hier im Revier. Aber nicht nur dort.

Das ist Leroy Sané
  • Leroy Sané wurde am 11. Januar 1996 in Essen geboren.
  • In der Bundesliga lief er bisher 25 Mal für den FC Schalke 04 auf und traf sieben Mal.
  • Für die deutsche U19 erzielte er vier Tore in elf Spielen, in der U21 traf er dreimal in drei Spielen.
  • In der Jugend spielte er für die SG Wattenscheid (2001 bis 2005), den FC Schalke 04 (2005 bis 2008), Bayer Leverkusen (2008 bis 2011) und seit 2011 wieder für Schalke.

Bundestrainer Joachim Löw hatte bereits vor Sanés starkem Auftritt in Dortmund Gefallen an der begeisternden und so lässig wirkenden Spielweise des 19-Jährige gefunden. So sehr, dass er Sané bereits zwei Tage vor dem Derby empfahl, doch bitte in den Testspielen gegen Frankreich (ab 21 Uhr im n-tv.de-Live-Ticker) und die Niederlande beim Weltmeister vorstellig zu werden. "Er hat uns in den Spielen, die wir beobachtet haben, sehr überzeugt. Ich denke, dass er den Sprung zu uns relativ schnell bewältigen kann", lobte Löw bei der Nationalmannschafts-Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag.

Nach gerade einmal 25 Liga-Spielen und einem phänomenalen Champions-League-Debüt mit Traumtor gegen Real Madrid im März dieses Jahres hat sich der Sohn von Wattenscheid-Legende Souleymane Sané derart in den Fokus gespielt, dass er nicht nur im Klub, sondern auch in der Nationalelf als Versprechen für eine erfolgreiche Zukunft gilt. Als Mann der die tempoverarmten Außenbahnen des Weltmeisters beschleunigen und kreativ bereichern kann. Was für ein irrwitzig schneller Aufstieg. Was für eine bislang wundervoll verlaufende Traumkarriere.

100.000-Euro-Mercedes zu Schrott gefahren

Ja, es wirkt so. Aber es gibt in dem Bilderbuch Sané auch ein paar Kapitel, die eine etwas andere Geschichte erzählen. Da ist zum Beispiel die Sache mit seinem über 100.000 Euro teuren Mercedes. Den hatte der damals 18-Jährige, immerhin mit Führerschein ausgestattet, vor ziemlich genau einem Jahr zu Schrott gefahren. Es sei ein blöder Verkehrsunfall gewesen, erklärte sein Berater Jürgen Milewski. Während Vater „Samy“ mahnte: „Mir wäre viel wohler gewesen, wenn Leroy sich nicht gleich so einen Wagen angeschafft hätte. Aber vielleicht lernt er jetzt ja daraus.“

Der alte und der neue Hoffnungsträger des FC Schalke 04 in der Nationalelf wieder vereint: Julian Draxler (r.) und Leroy Sané.

Der alte und der neue Hoffnungsträger des FC Schalke 04 in der Nationalelf wieder vereint: Julian Draxler (r.) und Leroy Sané.

(Foto: imago/Ulmer)

Einer der den Leroy richtig gut kennt, ist Jugendtrainer Norbert Elgert. Und auch er kann ein Kapitel erzählen. Zwei Jahre lang begleitete der erfolgreiche U19-Coach den Youngster. Er sei ein "anständiger Junge mit einem guten Charakter", sagt Elgert im Gespräch mit n-tv.de. Aber Sané sei auch einer gewesen, "der immer eine gute Einstellung hatte, allerdings mit Luft nach oben." So mangelte es ihm gelegentlich an Durchsetzungsvermögen und an der Bereitschaft, gegen den Ball zu arbeiten. Den Coaches missfiel das. Sie griffen konsequent durch, ohne Rücksicht auf das bereits Erreichte. So wurde Sané trotz Training und Einsätzen bei den Profis in Jugendspielen immer mal wieder ausgewechselt. "Wir haben ihm dann gesagt, dass es so nicht reicht. Weder für die U19 und schon gar nicht für die Profis", sagt Elgert. Eine klare Ansage. Sané nahm die Worte ernst. Er arbeitete hart an sich und seinen Defiziten. "Aus Überzeugung, nicht weil wir das wollten", wie Elgert gerne betont. Sané baute Schwächen ab und Selbstvertrauen auf. Er kämpfte für seine Chance bei den Profis und rechtfertigt seine Einsätze seither stets mit großer Leidenschaft, überragender Technik und Torgefahr.

Sanés Entwicklung auf Schalke ist unbestritten herausragend. Auch deswegen haben sie im Sommer seinen Vertrag bis 2019 verlängert und ihm die gefährliche Ausstiegsklausel von nur 1,5 Millionen Euro gegen eine üppige Gehaltserhöhung (angeblich bis 2,4 Millionen Euro) abgekauft. Aber die Entwicklung wirkt auch wie ein unangenehmes Déjà-vu. Seine Entwicklung hat bis hierher auffallend viele Parallelen zu Julian Draxler. Der Weltmeister und mit Erwartungen überladene Nachwuchsstar flüchtete im Sommer nach Wolfsburg und bekannte anschließend, als junger Spieler dem Druck auf Schalke nicht mehr gewachsen zu sein. Dass so etwas irgendwann auch für Sané gelten könnte, sieht Elgert indes nicht. "Es sind beides herausragende Fußballer und Menschen, aber jeder Weg ist anders."

Elgert warnt jedoch: "Schalke ist ein großartiger Klub, aber auch ein hochemotionaler. Der Druck, den du hier als Jugendspieler spürst, ist vergleichbar mit dem FC Bayern München. Aber: Druck wird immer nur subjektiv empfunden." Noch werde Sané von seinen starken Leistungen und der großen Euphorie um ihn herum getragen. Was aber wird aus Sané, wenn das erste große Leistungsloch kommt? Elgert gibt darauf keine klare Antwort, sagt nur: "Wenn du hier klarkommst, kommst du überall klar." Bislang spricht alles dafür, dass Schalke Sané gut tut. Das erkennen sie selbst in Dortmund an.

Quelle: ntv.de

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