So spielt die DFB-Elf in Belfast Löw sieht Brisanz, Hummels mag Nordiren
05.10.2017, 10:04 Uhr
Mats Hummels nimmt sich vor dem Spiel etwas Zeit zur Beziehungspflege mit dem Gegner.
(Foto: imago/Schüler)
Ein Spiel noch, und die deutsche Nationalelf ist für die WM qualifiziert. Oder? Die Nordiren sehen Schwächen und eine historische Chance. Mats Hummels schwärmt derweil von den Fans - und lädt einen Komödianten in sein Bett ein.
Worum geht's?
Ein Punkt heute (ab 20.45 Uhr bei RTL und im Liveticker bei n-tv.de) gegen Nordirland in Belfast reicht, und die deutschen Fußballer sichern sich in ihrer Gruppe C letztinstanzlich die Spielerlaubnis für die Weltmeisterschaft, die vom 14. Juni bis zum 15. Juli nächsten Jahres in Russland stattfindet. Und die DFB-Elf hat ja, wie es der "Belfast Telegraph" unermüdlich erwähnt, in 46 Auswärtsspielen seit März 1934 in der WM-Qualifikation noch nie verloren. Falls es aber in Spiel Nummer 47 tatsächlich eine historische Niederlage gibt, steht am Sonntag in Kaiserslautern (gleiche Zeit, gleicher Sender, gleicher Ticker) ja noch die letzte Partie gegen Aserbaidschan an. Doch darauf wollen sie es nicht ankommen lassen. "Wir wollen die Qualifikation souverän beenden und zwei Siege einfahren", sagt Manager Oliver Bierhoff. "Wenn wir unser Spiel konsequent durchziehen und unsere Qualitäten einbringen, bin ich guter Dinge." Was die makellose Bilanz von 30 Punkten aus zehn Spielen ergäbe.
Wie ist die Ausgangslage?
Wir wollen jetzt nicht künstlich Spannung herbeireden, das wäre auch ein hoffnungsloses Unterfangen. Das hat nämlich Bundestrainer Joachim Löw schon übernommen, der am Tag vor dem Spiel glatt behauptete: "Es ist definitiv so etwas wie ein Finale. Die Nordiren haben sieben Mal zu null gespielt, das spricht Bände. Es wird ein Spiel mit viel Brisanz". Nun ja. Aber die Bilanz der Green and White Army kann sich tatsächlich sehen lassen. Im National Football Stadium at Windsor Park an der Donegall Avenue, das heute mit seinen 20.332 Plätzen ausverkauft ist, haben sie in dieser Qualifikation alle Partien gewonnen: mit 4:0 gegen San Marino und Aserbaidschan, mit 2:0 gegen Norwegen und gegen Tschechien. Und überhaupt haben sie erst zwei Gegentreffer kassiert - beim 0:2 gegen die DFB-Elf im Hinspiel. Julian Draxler und Sami Khedira hatten am 11. Oktober vergangenen Jahres die Tore gegen die 9-0-1-Formation der Gäste erzielt. Davor hatten sich beide Teams am 21. Juni 2016 im Pariser Prinzenpark getroffen. Die DFB-Elf gewann ihr letztes Gruppenspiel bei der Europameisterschaft mit 1:0. Und was ist mit der Spannung? Sagen wir es so: Nordirland hat seit vier Jahren kein Pflichtspiel im eigenen Land mehr verloren.
Wie ist die DFB-Elf drauf?
Das ist insofern schwer zu beurteilen, als dass sich die Löw'schen Eleven ja eher selten treffen. Anfang September bei den beiden Siegen in Tschechien und in Stuttgart gegen Norwegen war noch alles prima - bis auf die Nazis unter den deutschen Fans, die im Prager Stadion Eden "Sieg Heil" riefen. Dafür musste der DFB 28.000 Euro an den Weltverband Fifa zahlen. Und nun? Geht's auch darum, wer nicht dabei ist. Kapitän und Torhüter Manuel Neuer vom FC Bayern hat sich wieder den Mittelfuß gebrochen, Wolfsburgs Mario Gomez beginnt nach seinem Bänderanriss im Sprunggelenk zumindest mit dem Lauftraining, Leipzigs Angreifer Timo Werner ist krank, Juves Khedira hat Probleme am Oberschenkel, Klubkollege Benedikt Höwedes auch, Arsenals Mesut Özil welche mit dem Knie, Ilkay Gündogan von Manchester City hat sich das Kniegelenk verstaucht und der Kölner Jonas Hector sich einen Riss der Syndesmose zugezogen. Mario Götze hatte beim BVB wegen einer Stoffwechselstörung fast die gesamte Rückrunde der vergangenen Saison verpasst und stand beim 2:1 der Dortmunder nicht im Kader, weil Trainer Peter Bosz ihn nicht zu sehr belasten wollte. Der Bundestrainer hat aber gesagt, dass er Götze demnächst wieder einladen will, vielleicht schon zu den Testspielen im November. Das gelte auch für Julian Weigl, der nach einem Bruch des Sprunggelenks jüngst seine Wiederkehr bei den Dortmundern gefeiert hatte. Und, ach, Marco Reus ist froh, wenn er nach seinem Kreuzband-Teilriss Anfang nächsten Jahres wieder trainieren und im März vielleicht wieder spielen kann. Apropos spielen - wer steht dann heute in der Startelf? Wir tippen mal auf diese Formation, schön offensiv: Marc-Andre ter Stegen - Joshua Kimmich, Jérôme Boateng, Mats Hummels, Marvin Plattenhardt - Sebastian Rudy - Thomas Müller, Toni Kroos, Julian Draxler - Lars Stindl, Sandro Wagner.
Was machen die Nordiren so?
Trainer Michael O'Neill glaubt an das Wunder. Zumindest sagt er das. Die Deutschen seien "ein beeindruckender Gegner, aber kein unbesiegbarer Gegner. Wir kennen die Bereiche, von denen wir glauben, dass wir Deutschland wehtun können". Aber klar, es bedürfe einer "gewaltigen Leistung und einiger schöner individueller Momente, um das Spiel zu gewinnen". Einer seiner Spieler ist da ebenfalls optimistisch: Gareth McAuley, 37 Jahre alt, der mit Jonny Evans, 29 Jahre alt, für West Bromwich Albion in der englischen Premier League spielt und die wie erwähnt in dieser Qualifikation erst zweimal bezwungene Innenverteidigung der Nordiren bildet. Zuletzt war McAuley an der Wade verletzt und stand in dieser Saison erst eine gute Stunde auf dem Platz, doch zu den Spielen gegen Deutschland und am Sonntag in Norwegen ist er zurück. Grund genug für den "Belfast Telegraph", ihn entsprechend anzukündigen: "The big man is back in town." Und der große Mann, sie nennen ihn auch "Big G", sagte: "Wir haben den Glauben, dass wir ihnen aktuell wehtun können." Zumal in einem Heimspiel in Belfast: "Ein enges Stadion mit den Fans im Rücken", da könne doch was gehen. "Wir haben nichts zu verlieren." Und überhaupt, diese Deutschen: "Sie reden davon, zehn von zehn Spielen zu gewinnen. Nun ist es an uns, zu versuchen, sie zu stoppen."
War sonst noch was?
Mats Hummels hat ein launiges Interview gegeben. Nein, nicht das, in dem er sagte, seine Chefs beim FC Bayern hätten ihn gefragt, ob Thomas Tuchel nach München passe. Nein, er hat in Belfast mit dem nordirischen Komödianten Shane Todd über die Fans der Nordiren gesprochen. Wie schon bei der EM in Frankreich zeigte Hummels sich sehr angetan, die Green and White Army (kurz: Gawa) sei schon sehr speziell: "Es ist die Atmosphäre, die sie erzeugen: sehr leidenschaftlich, aber friedlich. Sie sind nicht aggressiv, unterstützen ihr Team und feiern die Spieler." Das sei etwas, was er als Spieler auf dem Platz sehr genieße. Aber auch, es vor dem Fernseher zu erleben, sei sehr cool. Ende November wollen sich die beiden in München treffen. Und klar, sagte Hummels, Todd könne gerne bei ihm übernachten: "Ich schlafe auf der Couch, du bekommst das große Bett."
Quelle: ntv.de