So läuft der DFB-Sieg in Schottland Löw stachelt Götze an und lobt Gündogan
07.09.2015, 11:22 Uhr
Joachim Löw und seine Eleven beim Training im Glasgower Hampden Park.
(Foto: imago/MIS)
In Glasgow verspürt die DFB-Elf Druck allenfalls in homöopathischen Dosen, sie weiß: Das klappt mit der EM. Neuer freut sich über einen Länderpunkt, der Bundestrainer warnt - und enthüllt Erschütterndes aus Götzes Privatleben.
Worum geht’s?
Zum ersten Mal in dieser mitunter etwas mühseligen EM-Qualifikation startet die deutsche Mannschaft heute (ab 20.45 Uhr bei RTL und im Liveticker auf n-tv.de) im Hampden Park zu Glasgow von der Pole Position in ein Spiel. Aber was bedeutet das? Gegen eine Mannschaft, die am Freitag gegen Georgien verloren hat, vermutlich nicht viel. Zumal der vom Bundestrainer schon vor dem Sieg gegen Polen geleugnete Druck nun kaum mehr spürbar sein dürfte - weil er schlicht und ergreifend nicht mehr da ist. Und wenn, allenfalls in homöopathischen Dosen. Kurzum: Die Teilnahme an der Europameisterschaft, die am 10. Juni kommenden Jahres in Frankreich beginnt, ist den deutschen Fußballern kaum noch zu nehmen - anders als zum Beispiel Holland.

Gruppe D
Das heißt aber auch: Wollen die Schotten in dieser Gruppe D noch Platz drei und damit die Playoffs erreichen, sollten sie heute Abend gewinnen. Bundestrainer Joachim Löw formulierte das so: "Für die Schotten ist es das Spiel des Jahres. Sie werden von der ersten Minute bis zum Abpfiff jedem Ball nachgehen. Sie werden alles reinhauen. Und die Fans werden wie ein Mann hinter ihrer Mannschaft stehen."
Wie ist die deutsche Mannschaft drauf?
Bestens, wie alle beim 3:1 am Freitag in Frankfurt gegen Polen sehen konnten. Den Sieg hatte sich das DFB-Team mit Leidenschaft erspielt, vorneweg Mario Götze, der doppelt traf und auf dem Rasen sichtlich mehr Freude hatte als beim FC Bayern. Der Bundestrainer plauderte allerdings am Sonntag ein Detail aus Götzes Leben aus, das zu denken geben sollte: "Er lebt 24 Stunden am Tag für Fußball." Ist das nicht erschreckend für einen 23-Jährigen? Das kann doch nicht alles sein! Aber Löw hatte das natürlich als Kompliment gemeint. Er wollte nur sagen, dass er Götze für einen absoluten Profi hält - auch wenn der nach dem titelbringenden Tor im WM-Finale bei seinem Verein nicht immer die Anerkennung bekommt, die er offensichtlich braucht. Und eben drum, also von wegen Supertalent und 24 Stunden Fußball, rät ihm der Bundestrainer, nicht aufzugeben: "Ich habe ihm gesagt, er soll bei Bayern München kämpfen. Es gibt immer wieder Verletzungen, es kommen immer wieder Chancen." Ansonsten freuen sich, wie man hört, alle sehr über den Ausflug nach Schottland. Torhüter Manuel Neuer zum Beispiel war noch nie dort und gibt sich als Groundhopper. "Ich freue mich auf den Länderpunkt." Auch der Bundestrainer steht vor einer Premiere: "Es ist das erste Mal, dass ich im Hampden Park dabei sein kann. Wir alle freuen uns auf die Atmosphäre."
Auf welche DFB-Spieler kommt's besonders an?
Voraussichtliche Aufstellungen
Schottland: Marshall - Hutton, Martin, Hanley, Steven Whittaker - Anya, Brown, McArthur - Naismith, Maloney - Fletcher
Deutschland: Neuer - Can, Boateng, Hummels, Hector - Kroos, Schweinsteiger - Müller, Gündogan, Özil - Götze
Schiedsrichter: Kuipers (Niederlande)
Zuerst einmal auf die elf, die gegen Polen so schwungvoll begonnen haben. "Veranlassung für Veränderungen sehe ich normalerweise keine", hatte der Bundestrainer nach der Ankunft in Glasgow verkündet. Und dann sofort alles wieder über den Haufen geworfen: "Es kann aber dennoch sein, dass ich die Mannschaft auf der einen oder anderen Position ändere." Das könnte die Chance für den Dortmunder Ilkay Gündogan sein, der in Frankfurt nach 53 Minuten für den starken, aber etwas angeschlagenen Leverkusener Karim Bellarabi eingewechselt worden war - und noch ein bisschen stärker war. Löw hat's gefallen: "Ilkay ist fast schon wieder in der Verfassung, in der er vor zwei Jahren war. Damals war er überragend. Im Hinblick auf die EM 2016 ist er für uns ein wahnsinnig wichtiger Spieler, der - wenn er so spielt - kaum zu ersetzen ist." Ob das heute für die Startelf reicht? Da wohl kaum Kapitän Bastian Schweinsteiger, neben Toni Kroos der arbeitende Teil der Doppelsechs, oder Spielmacher Mesut Özil weichen müssen, würde es im Fall der Fälle wohl Bellarabi treffen. Die DFB-Elf würde dann mit Gündogan im zentralen Mittelfeld, Özil links und Thomas Müller rechts spielen. Aber um nochmals den Bundestrainer zu zitieren: "Veranlassung für Veränderungen sehe ich normalerweise keine."
Wie läuft’s bei den Schotten?
Nicht so gut, nach der etwas peinlichen Niederlage am Freitagabend in Tiflis gegen Georgen stehen die Schotten in der Tabelle dieser Gruppe D nur noch auf den vierten Tabellenplatz hinter den Iren. Der "Daily Mail" fasste die Lage so zusammen: "Schottland braucht ein Wunder". Und wenn nicht das, dann zumindest eine Remis gegen den Weltmeister. Trainer Gordon Strachan jedenfalls gibt sich noch nicht geschlagen: "Ich habe vollstes Vertrauen, dass wir gut organisiert, erholt und bereit sein werden für eine starke Vorstellung." Er weiß aber auch: "Wir müssen unbedingt etwas mitnehmen, um dabei zu bleiben." In Tiflis hatte es seine Spieler nicht geschafft, auch nur einmal den Ball auf das gegnerische Tor zu schießen und eine merkwürdig lethargische Vorstellung geboten. Und dieses Team soll nun gegen Deutschland bestehen? Die schottischen Medien sind sich da nicht so sicher, den größten Respekt haben die vor Mario Götze und Thomas Müller. Den auszuschalten sei nahezu unmöglich, befand der "Daily Mail". Und über Götze hieß es: "One-hit-wonder? No he's wunderbar!" "The Herald" kommentierte: "Wiedergutmachung für Tiflis? Aber Deutschland ist wieder in WM-Form." Leicht wird das für Strachan nicht.
War sonst noch was?
Wenn’s nicht läuft, dann läuft’s nicht. Und nein, wir zitieren an dieser Stelle nicht schon wieder Andreas Brehme. Aber die Schotten haben nicht nur in Georgien verloren, auch der Rückflug verlief nicht reibungslos. Die Chartermaschine war am Freitagabend nicht annähernd rechtzeitig in Tiflis gelandet. Wie der Sportinformationsdienst zu berichten wusste, bot sich dem Betrachter ein Bild des Jammers: "Die schottischen Spieler, ausgelaugt vom schweren Spiel in Georgien bei großer Hitze, saßen viele Stunden auf dem Flughafen von Tiflis fest, viele Kicker hockten fast apathisch auf den Gepäckbändern." Erst um drei Uhr am Samstagmorgen schleppten sich die Schotten in den Flieger. Und dann dauerte aber nochmals 40 Minuten, ehe das Flugzeug aufgetankt war. Den siebenstündigen Flug mussten die Spieler in engen Economy-Sitzen überstehen, während sich die Funktionäre vorne in der Business-Class saßen, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete. Je länger wir darüber nachdenken, desto mehr spricht eigentlich alles für einen Sieg der Schotten heute Abend.
Quelle: ntv.de