Er macht, was er will Messi zerstört den FC Bayern in vier Minuten
07.05.2015, 10:30 Uhr
Lionel Messi knockte die Bayern quasi im Alleingang eiskalt aus.
(Foto: imago/Marca)
Dass dieser Lionel Messi ein guter Fußballer ist, dürfte bekannt sein. Und doch kann der FC Bayern im Halbfinale der Champions League nichts gegen ihn ausrichten. Das ist eine bittere Erkenntnis. Auch für Josep Guardiola.
Er hat es ja vorher gewusst. Im Grunde haben es alle vorher gewusst. Aber Josep Guardiola hat es ausgesprochen, schließlich ist er der Trainer des FC Bayern und war früher der Trainer des FC Barcelona und damit auch der Trainer von Lionel Messi. "Wenn er so spielt, wie ich es erwarte, ist er wahrscheinlich nicht zu stoppen. Das ist unmöglich. Es gibt keinen Trainer und kein Defensiv-System, das ihn in seiner jetzigen Form aufhalten kann", hatte Guardiola am Dienstag gesagt. Das war am Tag vor dem Halbfinale der Champions League beim FC Barcelona. Nach der 0:3-Niederlage am Mittwochabend lächelte er gequält, als er nach dem zweifachen Torschützen gefragt wurde. Und sagte: "Nicht nur Leo ist nicht zu stoppen. Barça ist ein sehr gutes Team. Doch seine zwei Einzelaktionen haben uns auf dem falschen Fuß erwischt. Das hat uns sehr wehgetan."
Wohl wahr. Und in der Tat war es großer Sport, was der viermalige Weltfußballer und argentinische Nationalspieler den 95.639 Zuschauern im voll besetzten Camp Nou bot. Bei seinem ersten Treffer in der 77. Minute hatte Dani Alves ihm den Ball serviert, nachdem Bayerns Juan Bernat ihn in der Vorwärtsbewegung verloren hatte. Und Lionel Messi? Schoss erstmals in dieser Partie aufs Tor, obwohl er sich außerhalb des Strafraums befand - aus 18 Metern, mit links. Der Ball setzte noch einmal auf und fand seinen Weg in die untere rechte Ecke - 1:0. Manuel Neuer war ohne Chance. Und dann feierten 90.000 Barcelonistas ihren Leo: "Meeeeeessi! Meeeeeessi! Meeeeeessi!" Das war, man kann es nicht anders sagen, beeindruckend. Ebenso wie die von Verein organisierte Choreografie, mit der die Zuschauer vor dem Anpfiff das ganze Stadion in die Vereinsfarben Blau und Karminrot getaucht hatten. Das ganze Stadion? Nein, die 4000 Fans der Münchner bildeten in einer Ecke am oberen Ende dieser riesigen Betonschüssel fast trotzig einen FC-Bayern-roten Rand.
"Meeeeeessi! Meeeeeessi! Meeeeeessi!"
Da ahnten sie noch nicht, wie bitter das Ganze für sie enden sollte. Denn Lionel Messi hatte noch nicht genug. Er machte, was er wollte, weil er es konnte - und die Bayern ihn ließen. Vier Minuten nach seinem Führungstor ließ er den zweiten Streich folgen. Doppelschlag heißt das wohl in der Sprache des Fußballs. Dieses Mal war es der ehemalige Schalker Ivan Rakitic, der ihn auf die Reise schickte. Plötzlich raste Lionel Messi alleine auf Jérôme Boateng zu; und der Weltmeister, der im WM-Finale am 13. Juli beim 1:0 gegen Argentinien das Spiel seines Lebens gemacht hatte, sah dabei gar nicht gut aus. In der Drehung verlor er den Halt und fiel auf den Rasen. Nun eilte Lionel Messi alleine auf Neuer zu - und lupfte den Ball locker, lässig und leicht über den deutschen Nationaltorhüter hinweg ins Tor - 2:0. "Meeeeeessi! Meeeeeessi! Meeeeeessi!"
Zugegeben etwas überspitzt formuliert, hat Lionel Messi in vier Minuten die ganze Saison des FC Bayern zerstört. Und wer's mag, der kann jetzt spotten, dass sich die Münchner nun ganz auf die Bundesliga konzentrieren können. Aber halt: Gerade im Fußball ist es erst vorbei, wenn es vorbei ist. Noch steht das Rückspiel aus, am kommenden Dienstag in München. Ein Problem für den FC Bayern ist nur, dass dieser Lionel Messi dann wieder dabei ist. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass sie mindestens drei Tore schießen müssen und keines kassieren dürfen, um wenigstens die Verlängerung zu erreichen. Da sei an dieser Stelle der Hinweis erlaubt, dass die Statistiker der Uefa in Barcelona keinen einzigen Torschuss der Münchner notiert haben. Dafür vier Versuche von Lionel Messi - mit einer Treffgenauigkeit von 50 Prozent. Insgesamt hat er nun in 97 Partien in der europäischen Königsklasse 77 Mal getroffen. Und mit seinen zwei Toren am Mittwoch flugs wieder seinen Dauerrivalen Cristiano Ronaldo überholt, der sich nach seinem Treffer für Real Madrid am Dienstag beim 1:2 in Turin im anderen Halbfinale für 24 Stunden an die Spitze geschossen hatte.
Aber das nur am Rande. Der dreifach geschlagene Neuer - Neymar hatte in der Nachspielzeit vielleicht letztlich entscheidend auf 3:0 für Barça erhöht - konstatierte: "Ausschlaggebend war das erste Tor. Die individuelle Klasse von Messi ist einzigartig." Er sagte dann auch noch: "Barcelona ist nicht Porto - aber sag' niemals nie. Wir müssen versuchen, an uns zu glauben." Im Viertelfinale, darauf spielte er an, hatten die Bayern nach einem 1:3 im Hinspiel den FC Porto im eigenen Stadion nach einer beeindruckenden Leistung mit 6:1 besiegt. Allerdings spielt bei den Portugiesen auch kein Lionel Messi. Und falls es im Rückspiel mit "der Fußballsensation", wie es Thomas Müller formulierte, nicht klappt, kann niemand behaupten, er habe es nicht vorher gewusst.
Quelle: ntv.de