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Real Madrid mit Mbappé gekrönt Wer soll die weiße Bestie jetzt noch aufhalten?

Ein Weltstar für Madrid: Kylian Mbappé kommt.

Ein Weltstar für Madrid: Kylian Mbappé kommt.

(Foto: IMAGO/Moritz Müller)

In Paris scheitert Kylian Mbappé in der Champions League immer vor dem Triumph. Jetzt schließt er sich dem Klub an, der die Königsklasse so dominiert wie kein anderer. Und der Franzose ist längst nicht das einzige Indiz dafür, dass Real Madrid den europäischen Fußball über Jahre bestimmen könnte.

Natürlich muss man an diesem Montag unweigerlich an Franz Beckenbauer denken. In größter Aufwallung sprach er nach dem WM-Finale 1990 in Rom, nach dem Triumph der deutschen Nationalmannschaft, davon, dass dieses Team "auf Jahre hinaus unschlagbar" sein werde. Die Perspektive, das Beste aus zwei Nationen, aus der Bundesrepublik und aus der Deutschen Demokratischen Republik, zu vereinen, machte dem "Kaiser" große Freude und große Hoffnung. Dass er am Ende nicht recht behielt? Ein kaiserlicher Irrtum, nicht der Rede wert. Nun steht wieder ein Team in den Startlöchern, das womöglich tatsächlich auf Jahre hinaus unschlagbar werden wird: Real Madrid.

Kaum ist der Kater nach dem Champions-League-Triumph von Wembley ausgeschwitzt, gibt es den nächsten Grund zu feiern: Der Giganten-Deal mit Superstürmer Kylian Mbappé ist durch. Eine Ablösesumme wurde nicht fällig, in solchen Fällen freuen sich Spieler und Berater aber in der Regel über ein üppiges Handgeld. Berichten zufolge soll es in diesem Fall bei 150 Millionen Euro liegen. Nach einem jahrelangen Flirt gehen die Königlichen und der Franzose nun eine Ehe ein. Und die verspricht aufregend und wild zu werden. Auf dem Rasen eh, neben dem Platz vielleicht. Denn als sonderlich einfacher Typ geht der 25-Jährige nach seiner Zeit bei Paris St. Germain nicht mehr durch. Als ständiger Provokateur trieb er den Klub vor sich her und sein Gehalt nach oben. Am Ende von sieben gemeinsamen Jahren stehen sechs Meisterschaften und vier Pokalsiege. Der ganz große Griff ging ins Leere, am Henkelpott vorbei. 2020 waren sie ganz nah dran, scheiterten im Finale am FC Bayern (0:1).

Das soll nun anders werden. Mbappé wechselt zum Herrscher der Champions League. Seit 2014 ging der silberne Großpokal sechsmal ins Santiago Bernabéu. Auf welch surreale Weise Real den Wettbewerb beherrscht, das erfuhr am Samstagabend Borussia Dortmund. 45 Minuten lang spielten die Schwarzgelben den Gegner an die Wand. Bis zur 60. Minute waren sie das bessere Team. Bis zur 74. Minute durften sie von der Sensation träumen, dann biss die Bestie aus Madrid gnadenlos zu. Toni Kroos schlug eine Ecke, Dani Carvajal köpfte, es stand 1:0. Die Dinge waren geregelt. Wie so oft. Kurz darauf fiel auch das 2:0, das auch die letzten kaum noch vorhandenen Zweifel beseitigte.

Real Madrid als kaum zu beherrschendes Monster

Nun endet mit der magischen Nacht von Wembley die nächste Ära in Madrid. Kroos hat sein letztes Spiel als Vereinsfußballer gemacht. In den Jahren vor ihm waren andere Legenden gegangen, hatte große Spuren hinterlassen. Doch Real machte niemals halt, ging immer weiter. An Sergio Ramos' Erbe vorbei, an jenem von Cristiano Ronaldo. Und an Karim Benzema. Doch anders als vielen anderen Teams in Europa gelang es Real immer wieder, die Löcher zu stopfen, den Umbruch zu stemmen. In der Innenverteidigung sorgen mittlerweile Antonio Rüdiger und Nacho für Stabilität. Oder auch David Alaba, wenn er wieder fit ist. Im Sturm hat Vinicius Junior die Beine seiner Gegner weich gedribbelt und die Herzen zumindest der eigenen Fans erobert.

Und im Mittelfeld, da kam im vergangenen Jahr Jude Bellingham. Der junge Engländer war als Talent zu Borussia Dortmund gekommen, hatte sich dort in Windeseile zum Weltklasse-Mann gemacht. Und soll auf Jahre hinaus der Dirigent dieses neuen weißen Orchesters werden. Durch den Transfer von Mbappé dürfte Bellingham wieder ein wenig nach hinten rücken und nicht mehr als durchstoßende Sturmspitze agieren. Aber was ist das für eine Offensive, was ist das für ein Gigantenteam? Mbappé, Vinicus Junior, Rodrygo, der immer etwas unterzugehen droht, trotz seiner herausragenden Klasse, dahinter dann Bellingham. Wenn sich diese Ansammlung an Mega-Talent findet, dann entsteht ein kaum zu beherrschendes Monster.

Der Verlust von Kroos scheint kein unlösbares Problem zu werden, so rosig sind die (personellen) Aussichten. Dabei ist der Deutsche in Madrid ist eine Legende, und das heißt was, denn an großen Fußballern mangelt es diesem Klub nun wahrlich nicht. Aber sie waren auf seinen Abgang vorbereitet. Sie hatten von langer Hand vorgesorgt. Mit Fede Valverde, gerade mal 25, mit Aurélien Tchouaméni, gerade einmal 24, und Eduardo Camavinga, erst 21, reifen seit Jahren die Nachfolger im Schatten. Für Kroos, für Luka Modrić, der noch ein Jahr weitermachen will. Und auch für Casemiro, den dritten großen Mann in Reals Mittelfeld der letzten Dekade. Er ist bereits weitergezogen, zu Manchester United.

Eine Zweitliga-Leihgabe erlegt den FC Bayern

Also, wer soll dieses Gigantenteam schlagen? Gute Frage, eine Antwort darauf gibt es (noch) nicht. Paris wird vorerst nicht zu den Kandidaten gehören, die eine große Gefahr für die titelhungrige Bestie werden. Das Team, das von katarischer Hand gefüttert wird, stellt sich neu auf und beendet die Mbappé-Zeit mit versöhnlichen Worten: "Er kam mit mir mehr oder weniger 18 Jahren zu uns und nun ist er ein großer Mann, der beste Spieler der Welt", warf ihm PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi hinterher. Doch ganz so harmonisch war das Ende offenbar nicht. Einem Bericht der "L'Équipe" zufolge soll der Stürmer im Zoff mit dem Boss sogar auf Zahlungen seines April-Gehaltes und seiner Prämien vom Februar gewartet haben. Ein Abgang in Liebe? Eher nicht. Egal, Hala Madrid!

Dort ist derweil längst Gewissheit, dass Real irgendwann zuschlägt, wenn es darauf ankommt. Mal sind es dann die großen Namen, die Vinicius Juniors dieser Welt, die wie Königsklassenfinale 2022 gegen den FC Liverpool bedeutende Spiele entscheiden. Den FC Bayern erlegte im diesjährigen Champions-League-Halbfinale jedoch ein Stürmer, den die Königlichen sich von einem Zweitligisten ausgeliehen hatten.

Joselu hatte in der Vorsaison den Abstieg von Espanyol Barcelona nicht verhindern können, durfte sich aber den Gang ins Unterhaus ersparen - und zerstörte mit zwei ganz späten Toren (auch dank eines schlimmen Fehlers von Manuel Neuer) die Hoffnungen des FC Bayern auf ein deutsch-deutsches Endspiel im Wembleystadion. Ein Stürmer, der einst in Hoffenheim, Frankfurt und Hannover keinen bleibenden Eindruck hinterlassen konnte, nun jedoch zum Nimbus der Unbesiegbarkeit Real Madrids entscheidend beitrug.

Endrick und die zwei besonderen Länderspiel-Tore

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An der Seite von Kylian Mbappé wird der 33-Jährige jedoch aller Voraussicht nicht daran arbeiten können, auch in der kommenden Saison einen europäischen Topklub nach dem anderen zu ernüchtern. Joselu muss zurück zu Espanyol, das dieser Tage in den Aufstiegs-Playoffs um die Erstliga-Rückkehr kämpft. Dafür erwarten sie in Madrid sehnsüchtig einen 17-Jährigen, dem viele zutrauen, wie einst Mbappé bei einem Topklub schon in jungen Jahren in eine große Rolle zu wachsen: Endrick. Der Brasilianer kommt für knapp 50 Millionen Euro von Palmeiras aus São Paulo, hat schon für die Nationalmannschaft debütiert und mit 21 Toren zu den Meisterschaften seines Klubs (2022 und 2023) beigetragen.

Und als wäre all das nicht längst genug, Beckenbauers Irrtum über die einstige DFB-Elf in eine Prognose für das Real Madrid der nahen Zukunft umzuwandeln, sind die folgenden Fakten ein Fest für alle, die im Fußball gerne nach den großen Linien suchen. Denn eben jener Endrick erzielte wo sein erstes Länderspieltor? Richtig, im Wembleystadion. Ende März traf er dort, wo am vergangenen Samstagabend seine künftigen Kollegen für Real Madrid im neunten Champions-League-Finale in Serie ungeschlagen blieben und den insgesamt 15. Titel im wichtigen Klubwettbewerb Europas einsammelten. Sein zweites Länderspieltor erzielte Endrick dann drei Tage später. Gegen Spanien. Im Estadio Santiago Bernabéu. Als bräuchte es noch irgendein Zeichen, dass eine rosige Zukunft vor den Königlichen liegt.

Quelle: ntv.de

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