"Möchten Perle in der Krone sein" Russland lächelt Fifa-Skandal weg
25.07.2015, 11:36 Uhr
Die Vergabe der WM an Russland ist einmalig. Noch nie durfte ein osteuropäisches Land ein solches Event austragen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Gastgeber Russland bereitet sich auf die Fußball-WM 2018 im eigenen Land vor. Doch der Korruptionsskandal bei der Fifa belastet die anstehende Auslosung der Qualifikationsgruppen. Bisher versucht man, den Skandal gekonnt zu ignorieren.
Die alte Fußballwelt debattiert über Korruption und Amtsmissbrauch in der Fifa. WM-Gastgeber Russland will davon am liebsten nichts hören. Vor der Auslosung der Qualifikationsgruppen für das Turnier 2018 in St. Petersburg scheitern aber alle Versuche, den Skandal zu ignorieren. Wie ein Schatten liegt er über der Show im Konstantinpalast, wo einst die russischen Zaren große Politik machten.
Lostopf 1: Deutschland (Platz 2 der Fifa-Weltrangliste), Belgien (3), Niederlande (5), Portugal (7), Rumänien (8), England (9), Wales (10), Spanien (12), Kroatien (14)
Lostopf 2: Slowakei (15), Österreich (15), Italien (17), Schweiz (18), Tschechische Republik (20), Frankreich (22), Island (23), Dänemark (24), Bosnien und Herzegowina (26)
Lostopf 3: Ukraine (27), Schottland (29), Polen (30), Ungarn (31), Schweden (33), Albanien (36), Nordirland (37), Serbien (43), Griechenland (44)
Lostopf 4: Türkei (48), Slowenien (49), Israel (51), Irland (52), Norwegen (67), Bulgarien (68), Färöer (74), Montenegro (81), Estland (82)
Lostopf 5: Zypern (85), Lettland (87), Armenien (89), Finnland (90), Weißrussland (100), Mazedonien (105), Aserbaidschan (108), Litauen (110), Moldawien (124)
Lostopf 6: Kasachstan (142), Luxemburg (146), Liechtenstein (147), Georgien (153), Malta (158), San Marino (192), Andorra (202)
"Wir möchten die Perle in der Krone der Fifa sein. Wir wollen die beste WM organisieren", betont Russlands Sportminister Witali Mutko vor der Auslosung. Die Schlagzeilen liefert aber Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke. Der 54-Jährige sieht für sich selbst keine Zukunft mehr beim skandalumwitterten Weltverband. "Wenn ich ein neuer Präsident wäre, würde ich einen neuen Generalsekretär ernennen", sagt der Franzose.
Der Fifa-Kongress wählt am 26. Februar 2016 einen Nachfolger von Präsident Joseph Blatter. Eine Verantwortung für den Korruptionsskandal weist Valcke zurück. Umstritten ist aber seine Rolle bei der von der US-Justiz untersuchten Überweisung von zehn Millionen US-Dollar des WM-Gastgebers 2010, Südafrika, an den Nord- und Mittelamerikanischen Verband und dessen Ex-Chef Jack Warner.
Russland will sich offen präsentieren
WM-Gastgeber Russland sieht seine Rolle als historisch erster osteuropäischer Gastgeber einer WM angesichts von Diskussionen über Vetternwirtschaft im Weltverband und Rassismus im Fußball unzureichend gewürdigt. "Wir wollen uns 2018 als offenes Land präsentieren", versichert Vize-Regierungschef Igor Schuwalow. Der Transport für Fans soll gratis sein und die Visumpflicht für Ausländer ausgesetzt werden.
Und inmitten einer Wirtschaftskrise betont Minister Mutko, dass die Rohstoff-Weltmacht Russland alles finanziell stemmen werde. "Die WM wird billiger als Olympia, wo alles kompliziert in die Berge des Kaukasus gebaut werden muss", meint der Vertraute von Kreml-Chef Wladimir Putin. Bis zum Eröffnungsspiel am 14. Juni 2018 bleibt zwar viel Zeit - aber auch viel Arbeit. In allen elf Austragungsorten im europäischen Teil Russlands wird mit Hochdruck gearbeitet. Vor allem die Infrastruktur gilt als Sorgenkind. Bei der Präsentation an diesem Samstag will Gastgeber Russland aber andere Schwerpunkte setzen.
Sportminister bewirbt sich für Verbandsposten
Vor dem Konstantinpalast knattern die Fahnen Russlands und der Fifa im Wind, neben einer Reiterstatue von Peter dem Großen verlegen Arbeiter eilig Kunstrasen. Und auch Gérard Depardieu lässt sich von Putin gerne als WM-Botschafter einspannen. Bei einer Präsentation in St. Petersburg schwärmt der französische Schauspieler, der seit 2013 den russischen Pass besitzt, vom Riesenreich.
"Ich freue mich auf die WM - und hoffe, dass die Politik den Fußball nicht verdeckt", meint der 66-Jährige. Im Umfeld einer solch hochpolitischen Auslosung dürfte Depardieus Wunsch jedoch ungehört verhallen. In wenigen Wochen will sich Mutko zum Chef des russischen Fußballverbands wählen lassen - ein weiterer Hinweis dafür, wie hochpolitisch die Fußball-Weltmeisterschaft in Putins Reich ist.
Quelle: ntv.de, Wolfgang Jung und Arne Richter, dpa