So läuft der siebte Spieltag Schalke will man nur noch hinter sich bringen
07.11.2020, 09:10 Uhr
Man kann nicht mehr hinsehen: Der FC Schalke wartet auf einen Bundesligasieg. Und wartet. Und wartet. Neuzugang Goncalo Paciencia konnte noch nicht viel helfen.
(Foto: imago images/Sven Simon)
Das Spitzenspiel des 7. Spieltags der Fußball-Bundesliga steigt natürlich in Dortmund. Während es dort aber nur um Prestige und wichtige Punkte für die Meisterschaft geht, geht es in Mainz um Bundesliga-Geschichte. Und da kann es ganz, ganz schlimm werden.
Das Spiel der Woche:
Natürlich, wenn der FC Bayern München gegen Borussia Dortmund spielt, ist das automatisch das Spiel der Woche. Und das seit vielen, vielen Jahren. In der Regel mit dem besseren Ende für den FC Bayern. Lässt das Spitzenspiel des Ersten (FC Bayern) gegen den Zweiten (Borussia Dortmund) an diesem Wochenende alles andere verblassen, lesen Sie einfach hier oder hier oder hier oder hier weiter. Es wäre aber schade.
Wirklich Historisches könnte nämlich in Mainz passieren - oder eher verhindert werden. Dort trifft der FC Schalke auf den 1. FSV Mainz 05, der punktlose Tabellenletzte trifft auf den seit 22 Spielen sieglosen FC Schalke 04. Für den "Tagesspiegel" ist das Spiel ein "Duell auf Hühneraugenhöhe", für sportliche Katastrophentouristen ein Leckerbissen, für die unmittelbar Beteiligten ein Schlüsselspiel. "Wenn man gegen einen Gegner spielt, der in einer ähnlichen Situation steckt, hat man schon das Gefühl: Wenn nicht jetzt, wann dann?", sagte Mainz-Trainer Jan-Moritz Lichte.
Schön wird es nicht, was auf alle zukommt an diesem Herbstsamstag: "Es wird aggressiv zur Sache gehen. Beide werden das Heft des Handelns übernehmen wollen. Beide wollen raus aus ihrer Situation", warnt Lichte alle Ästheten. "Wir erwarten eine gewisse Hektik von Schalke - aber genauso wollen wir auch Hektik erzeugen. Das tut unserem Spiel gut." Und 05-Sportvorstand Rouven Schröder brachte alles auf die Formel: "Mir wäre es am liebsten, wenn wir jetzt schon Samstag um 15.30 Uhr hätten, und das Ding endlich hinter uns bringen könnten."
Das "Wenn nicht jetzt, wann dann?" gilt beinahe ein bisschen mehr noch für die Gäste: Die "jagen" dem historischen Rekord Tasmania Berlins hinterher, die in ihrer einzigen Bundesligasaison mal 31 Spiele auf einen Sieg warten musste. Natürlich, Schalke steht im Hier und Jetzt schon verheerend da - aber eben noch zwei Punkte besser als die Mainzer.
"Begreifen, arbeiten, Schalke schlagen"
Die taumeln und streiten dem Abstieg einfach nur entgegen, außerhalb von Rheinland-Pfalz interessiert das aber beinahe niemanden - und selbst da überträgt sich die seltsame, vereinsgefährdende Lethargie vom Spielfeld aufs Umfeld. Die größere Fallhöhe gibt es weiterhin beim FC Schalke, auch wenn es für beide Mannschaften kaum weiter abwärts gehen kann. Die gerupften, einst stolzen Königsblauen durften unter der Woche immerhin mal wieder jubeln: Gegen den Viertligisten Schweinfurt mühte man sich mit einem wenig begeisternden 4:1 in die 2. Runde des DFB-Pokals. "Das wichtigste war, dass wir vier Tore geschossen haben und mal ein Erfolgserlebnis hatten. Mainz wird aber wieder ein ganz anderes Spiel", will Lichtes ähnlich glückloser Kollege auf der anderen Seite, Manuel Baum, nicht allzu viel Begeisterung aufkommen lassen.
Für den neutralen Zuschauer ist das nun eine spannende Versuchsanordnung: Welche Reaktion zeigen Not, Elend und Verunsicherung, wenn man sie unter dem Brennglas zusammenbringt und den Druck immer weiter erhöht? Lichte, der bei vier der bisher sechs Niederlagen für Mainz 05 an der Linie stand, hat immerhin beobachtet: "Ich habe wahrgenommen, dass die Mannschaft es mit Wut im Bauch herumreißen will. Die Spieler sind alle angepikst." Was man halt so sagt, vor einem solchen Spiel, in dem Mainz 05 seine desolate Situation ganz dezent verbessern muss und der FC Schalke sich vor einem bitteren Eintrag in die Fußball-Geschichtsbücher retten kann.
Eigentlich ist alles ja ganz einfach, wie Schröder weiß: "Wir sehen die besondere Chance in diesem sicher außergewöhnlichen Spiel und die müssen wir begreifen und ergreifen. Wir können positive Schlagzeilen schreiben. Also: Chance begreifen, arbeiten, Schalke schlagen." Druck hin, Druck her.
Was ist sonst noch los?
Was für eine Chance für passionierte Wetter - oder die Bewahrer traditioneller Fußball-Durchhalteparolen: Wenn der SC Freiburg bei RB Leipzig (Samstag, 15.30 Uhr) in Führung gehen sollte, sollte man Geld in die Hand nehmen und auf einen Leipziger Sieg setzen. Oder man wirft ganz lässig ein "Wer 1:0 führt, der stets verliert" in die (wegen Corona streng virtuelle) Expertenrunde. Mit großer Sicherheit kann man sich hinterher als Experte und/oder Wettgewinner feiern lassen: 13 Punkte verspielte der SC Freiburg 2020 schon nach Führung, ebenso viele rettete RB Leipzig noch nach Rückstand, wie der "Kicker" gezählt hat - beides sind Bundesligaspitzenwerte. Behalten Sie das im Auge und reagieren Sie, wenn sich die Chance ergibt! Freiburgs Trainer Christian Streich steht vor einem unschönen Jubiläum: Eine Niederlage wäre die 100. in seiner Bundesligalaufbahn als Trainer.
Zum "Spitzenspiel hinter dem Spitzenspiel" treffen sich in der Champions League entfesselt aufgaloppierende Gladbacher Fohlen und das in der Europa League erfolgreiche Bayer Leverkusen (Sonntag, 18 Uhr). 6:0 gewann Borussia Mönchengladbach bei Schachtjor Donezk, Leverkusen schlug Hapoel Beer Sheva 4:2. Zwei Siege, die zu einer makellosen Europa-Woche aus deutscher Sicht beitrugen. Kurios: Während beide also international ansprechend trafen, beide jeweils zehnmal in drei Spielen, klappt es in der Bundesliga noch nicht so spektakulär: Leverkusen steht nach sechs Spieltagen bei zehn Treffern, Gladbach sogar erst bei neun. Und das trotz der Edel-Stürmer Alassane Pléa und Marcus Thuram, hinter denen inzwischen halb Europa hinterher sein soll.
Die beiden Franzosen seien "gute Jungs, die auch privat einen guten Umgang haben", sagte Gladbachs Trainer Marco Rose, der aber "keine Riesenstory" aus seinem Sturm-Duo machen wollte. Für Leverkusen hatte er mit Blick auf Pléa eine schlechte Nachricht parat: "Lassos Formkurve ist ansteigend. Wir wissen, dass er ein wichtiger Spieler für uns ist, weil er die Qualitäten hat, auf dem Platz außergewöhnliche Dinge zu machen." Außergewöhnliche Dinge, wie Tore schießen? In der Bundesliga traf Pléa in dieser Saison erst einmal.
Das war gestern los:
Sie wollten während eines Bundesligaspiels schon immer mal Stricken lernen, Handstand üben oder Ihre Zinnsoldatensammlung putzen? Nun, dann haben Sie den perfekten Moment hoffentlich nicht verpasst! Vor allem die erste Halbzeit des Spiels zwischen Werder Bremen und dem 1. FC Köln war relativ, nun ja, langatmig. Ideenlosigkeit und fehlender Mut prägte die Partie, sie endete nach einem Eigentor von Werder-Kapitän Niklas Moisander und einem späten Handelfmeter von Leonardo Bittencourt 1:1. Spannender war da schon zu verfolgen, was sich die beiden Trainer - Florian Kohfeldt und Markus Gisdol - zu sagen/vorzuwerfen hatten. So ein Corona-leeres Stadion hat auch Vorteile - ein schwacher Trost. Wer das Trauerspiel wirklich nachlesen will: Bitte hier entlang. (Klick auf eigene Gefahr)
Wer spielt das beste Phrasenschach?
"Ich glaube, der Einzige, der kein Bundesliga-Niveau hatte, war der Schiedsrichter. Das war bodenlos für mich!" (Florian Grillitsch, Mittelfeldspieler der TSG Hoffenheim - die drei der letzten vier Bundesligaspiele verloren hat - nach dem 1:3 am Montag gegen Union Berlin)
Quelle: ntv.de