Fußball

Nicht nur BVB macht Unmut Luft Zwayer steht schon wieder im Zentrum des Ärgers

Die Entscheidung auf Strafstoß sorgte bei den Dortmunder Profis für sichtbares Entsetzen.

Die Entscheidung auf Strafstoß sorgte bei den Dortmunder Profis für sichtbares Entsetzen.

(Foto: imago images/Uwe Kraft)

Die Spielleitung von Schiedsrichter Felix Zwayer beim Spitzenspiel der Bundesliga sorgt nachhaltig für Diskussionen. Vor allem Borussia Dortmund fühlt sich vom Unparteiischen benachteiligt - und verweist dabei auf die Historie Zwayers. Der steht nicht zum ersten Mal schwer in der Kritik.

Felix Zwayer stellte sich. Die Sky-Moderatoren lästerten gerade darüber, dass sich der Schiedsrichter verkrieche - da kam er doch zum Interview. Ruhig und nachvollziehbar erläuterte der Berliner Referee nach 100 aufwühlenden Minuten seine Entscheidungen beim Bundesliga-Spitzenspiel. Mildernden Einfluss auf die Bewertung hatte dies jedoch nicht. Dabei war eins besonders pikant: Ausgerechnet sein Erzfeind Manuel Gräfe sollte für das ZDF im Sportstudio Zwayers Leistung beim 2:3 (1:2) von Borussia Dortmund gegen Bayern München einordnen. Es wurde eine Abstrafung. "Ich kann den Ärger absolut verstehen", sagte Gräfe: "Die Entscheidungen sind zulasten vom BVB ausgefallen und damit leider spielentscheidend."

In Zwayers Spielleitung habe generell "die Balance nicht gestimmt", urteilte Gräfe: "Das gehört zu so einem Spitzenspiel dazu, dass ein Spitzenschiedsrichter das im Gespür hat und das auch richtig abarbeitet." BVB-Sportdirektor Michael Zorc nannte Zwayer "überfordert". Dazu sollte die Vorgeschichte erwähnt werden. Noch im vergangenen Sommer hatte Gräfe, selbst aus Altersgründen aussortiert, dem "Zeit Magazin" gesagt, es sei ein Witz, dass Zwayer Bundesligaspiele leite: "Wer einmal Geld angenommen und Hoyzers Manipulation ein halbes Jahr verschwiegen hat, sollte keinen Profifußball pfeifen."

Hoyzer. Der schmerzhafte Triggerpunkt im deutschen Schiedsrichterwesen, der größte Skandal. Gräfe hat ihn 2005 mit aufgedeckt. Laut Akten hat auch Zwayer, Robert Hoyzers Assistent und später Kronzeuge, damals Geld eingesteckt, eine Spielmanipulation wurde ihm nicht nachgewiesen. Auch deshalb schoss die Kritik von BVB-Profi Jude Bellingham übers Ziel hinaus: "Man gibt einem Schiedsrichter, der schon mal Spiele verschoben hat, das größte Spiel in Deutschland. Was erwartest du?"

"Grob sportwidrig" verhalten und vom DFB verurteilt

Immer wieder Ärger mit Zwayer. Lucien Favre, Friedhelm Funkel, RB Leipzig, der Hamburger SV, der FC Ingolstadt, Bayer Leverkusen, die Bayern selbst - die Liste der Wütenden in den vergangenen Jahren ist lang, der Berliner scheint Kontroversen magisch anzuziehen. Im DFB-Pokal-Finale 2018 gegen Eintracht Frankfurt (1:3) verweigerte er den Münchnern einen klaren Elfmeter, der wohl das späte 2:2 bedeutet hätte.

Nach einer umstrittenen Handspiel-Entscheidung im Revierderby 2019, das der BVB gegen Schalke mit 2:4 verlor, sagte er: "Wenn man mit dieser Regel an sich nicht einverstanden ist, dann sind die Schiedsrichter eigentlich die ärmsten Schweine." Manchmal tragen sie dazu aber auch einiges bei. Zumal bei Zwayer eben immer der Makel mitschwingt, in den Hoyzer-Skandal verwickelt gewesen zu sein.

Die "Zeit" zitierte 2014 aus dem erst neun Jahre nach dem Prozess öffentlich gewordene Urteil gegen Zwayer, der Schiedsrichter habe sich "grob sportwidrig" verhalten und "die ihm bekannten Spielmanipulationen des Robert Hoyzer über einen längeren Zeitraum hinweg nicht an den DFB gemeldet".

Sicher nicht zu Zwayers Nachteil war es damals, dass der Deutsche Fußball-Bund seine sechsmonatige Sperre mit der Zeit verrechnete, die er als Zeuge im Fall Hoyzer aus Schutzgründen aussetzen musste. Danach durfte er sofort wieder pfeifen. Das Urteil des Verbandes, dessen Formulierungen keine Zweifel daran lassen, dass der DFB sicher ist, Zwayer habe Bestechungsgeld angenommen - es blieb über Jahre unveröffentlicht. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren gegen Zwayer im November 2005 gegen Zahlung einer Geldstrafe ein. Keine Verurteilung, aber auch kein Freispruch. Laut "Zeit" erfolgte die Einstellung "mit nicht unerheblichen Bedenken", etwa weil Zwayer schnell seine Handynummer wechselte, als die Manipulationen Hoyzers öffentlich wurden.

Verband verteidigt Zwayer

Damals wie heute stellt sich der DFB hinter den Schiedsrichter. Jochen Drees, Projektleiter für den Videobeweis, lässt über die verbandseigene Webseite folgende Einschätzung mitteilen: "Diskussionen über den Handelfmeter gegen Mats Hummels (73.) seien angesichts von Zwayers großzügiger Linie "nachvollziehbar", aber "betrachtet man die Situation trotzdem losgelöst, ist die Bewertung eines strafbaren Handspiels und somit eines Strafstoßes korrekt."

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Beim Rempler von Lucas Hernandez gegen Marco Reus sei es "zu einem Oberkörperkontakt und einem leichten Schieben durch den Münchner Spieler" gekommen. "Einen Treffer im Fußbereich gibt es hier nicht." Zwayer habe die TV-Bilder nicht herangezogen, da er "eine vollständige Wahrnehmung und Kontrolle über den gesamten Vorgang" gehabt habe. "Der Zweikampf wird als nicht strafwürdig bewertet. Da sich die Information der vorliegenden Bilder nicht von der Wahrnehmung des Schiedsrichters unterscheiden, handelt es sich um eine reine Bewertungsfrage, die der Schiedsrichter auf dem Platz treffen muss."

Ohnehin habe sich BVB-Stürmer Erling Haaland "in der Eröffnung dieser Angriffssituation" mit einem Fuß im Abseits befunden, "sodass die nachfolgende Bewertung der Zweikampfszene für den VA regeltechnisch keine Rolle mehr spielt. Das bedeutet, dass selbst bei einer strafbaren Bewertung des Zweikampfes, dieser Strafstoß aufgrund der Abseitsstellung des Dortmunder Angreifers durch den VA korrigiert worden wäre." Beendet sein dürfte das Thema damit allerdings noch lange nicht.

Quelle: ntv.de, tsi/sid

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