Fußball

Münchner Fehlstart in die Rückrunde Wolfsburg demontiert die Über-Bayern

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(Foto: REUTERS)

Die Bundesliga-Rückrunde beginnt in Wolfsburg mit einem Paukenschlag: Gegen einen eiskalten VfL verliert Tabellenführer FC Bayern nicht nur den Nimbus der Unbesiegbarkeit, sondern wird phasenweise vorgeführt. Das nährt Hoffnungen auf ein echtes Titelrennen.

Die Bundesliga-Rückrunde war 53 Minuten jung, als Wolfsburg selig zu singen begann. Nach einem VfL-Konter hatte Kevin de Bruyne ein ohnehin schon unglaubliches Spiel mit seinem Tor zum 3:0 gegen den FC Bayern noch ein Stückchen unglaublicher gemacht, und die Wolfsburger Nordkurve gab höhnisch "Und ihr wollt deutscher Meister sein?" zum Besten. Am Ende hieß es nach den Treffern von Bas Dost (4., 45.) und de Bruyne (53., 74.) sogar 4:1 (2:0) für den VfL gegen die zuvor ungeschlagenen Münchner von Trainer Josep Guardiola, die die Hinrunde mit elf Punkten Vorsprung auf den Zweiten VfL Wolfsburg beendet hatten.

90 Minuten reichten dem VfL also, um die Gegentorzahl des FC Bayern zu verdoppeln und der Fußball-Bundesliga zumindest ein wenig Hoffnung auf ein echtes Titelrennen zu schenken. Ganz nebenbei beendeten die Wolfsburger ihre tiefschwarze Serie gegen die Münchner und feierten nach 15 vergeblichen Versuchen erstmals wieder einen Sieg. Das war ihnen zuletzt am 26. Spieltag der Saison 2008/2009 geglückt, damals hieß es sogar 5:1 – und am Ende wurde Wolfsburg Meister. Auch damals hatten die Wolfsburger einen Elf-Punkte-Rückstand noch aufgeholt.

Effizient gekontert, verdient gesiegt

Bas Dost traf zwei Mal - vor der Pause.

Bas Dost traf zwei Mal - vor der Pause.

(Foto: imago/Claus Bergmann)

Zweiter gegen Erster, das ist in normalen Fußballligen das Nonplusultra, mehr Spitzenspiel geht nicht. Den Spielplan-Architekten der Fußball-Bundesliga dürfte die Ansetzung Wolfsburg gegen Bayern in der sechswöchigen Winterpause aber mehr Bauchschmerzen als Vorfreude bereitet haben. Seit die Münchner unter Josep Guardiola das Verlieren ebenso eingestellt haben wie die Fußball-Unsitte, Gegentore zu kassieren und in Rückstand zu geraten, leidet die Liga unter chronischem Spannungsmangel. Ein Münchner Remis zum Rückrundenstart, oder schlimmer noch der 15. Sieg im 18. Saisonspiel, und das Titelrennen wäre bei dann 14 Punkten Vorsprung endgültig zur Farce verkommen.

Dazu kam es nicht. Mit ihrem überraschend effizient herausgekonterten 4:1-Erfolg nahmen die Wolfsburger Guardiolas Über-Bayern nicht einfach nur den Nimbus der Unbesiegbarkeit. Sie demütigten die Gäste und verhinderten auf geradezu spektakuläre Weise den vorzeitigen K.o. im Titelrennen. Spannungstechnisch mag sich die Bundesliga zwar vorerst weiter auf dem Niveau der schottischen Premier League bewegen, auch acht Punkte Vorsprung sind nach 18 Spieltagen ein selbst für Münchner Verhältnisse akzeptables Polster.

Die verblüffende Einfachheit, mit der die Wolfsburger die in der Hinrunde nur viermal bezwungene Bayern-Abwehr nicht nur bei ihren vier Toren aushebelten, dürfte Bayern-Coach Guardiola aber durchaus ins Grübeln bringen. Der Münchner Treffer durch Juan Bernat (55.) blieb Ergebniskosmetik in einem aus Münchner Sicht ernüchternden Spiel.

Applaus für Junior Malanda

Vor dem Anpfiff hatten die 30.000 Zuschauer im ausverkauften Wolfsburger Stadion gemeinsam mit den Spielern in beeindruckender Manier Junior Malanda gedacht. Das 20-jährige Wolfsburger Mittelfeldtalent war am 10. Januar bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt. "Für immer ins unseren Herzen" stand in der Nordkurve auf einem Banner der Wolfsburger Fans. Und die waren nicht etwa leise, nein, sie spendeten zusammen mit den Fans aus München und beiden Mannschaften nach britischem Vorbild eine Minute lang Applaus. Nur die Schiedsrichter Tobias Welz, Rafael Foltyn und Martin Thomsen klatschten nicht mit.

Guardiolas Versuche, die Offensive zu beleben, blieben fruchtlos.

Guardiolas Versuche, die Offensive zu beleben, blieben fruchtlos.

(Foto: AP)

Vom Spiel hatten die Gäste aus München zunächst mehr als die Gastgeber. Die Partie war noch keine Minute jung, da versuchte sich Arjen Robben zum ersten Mal an seinem Standardtrick: Von rechts in den Strafraum ziehen, mit links schlenzen. Aber nicht zum einzigen Mal bekamen die Wolfsburger ein Bein dazwischen.

Der auffälligste Offensivspieler spielte an diesem Abend in Grünweiß und hieß Kevin de Bruyne. Nach vier Minuten zeigte der Belgier seinen Standardtrick und legte Teamkollege Bas Dost den Ball nach einem verblüffend einfach wirkenden Konter gegen eine verblüffend entblößte Bayern-Abwehr maßgerecht auf. Der Niederländer nutzte das per Flachschuss ins rechte Ecke zum 1:0. Für de Bruyne war es bereits die elfte Vorlage der Saison.

De Bruyne setzt denkwürdigen Schlusspunkt

Es war nicht nur das fünfte Bayern-Gegentor der Saison und der erste dritte Bayern-Rückstand, sondern der Grundstein zur ersten Niederlage für die Münchner. Während den Bayern trotz klarer Vorteile bei Ballbesitz und Pässen in der Offensive zu wenig einfiel und der Zug zum Tor fehlte, konterte Wolfsburg dirigiert von de Bruyne konsequent. Noch vor der Pause legte der VfL erneut durch Dost nach, als der eher rustikale als filigrane Niederländer nach einem zu kurz abgewehrten Freistoß per Volleyabnahme von der Strafraumgrenze zum 2:0 traf.

Bayern-Keeper Manuel Neuer war erstmals in dieser Saison zweimal in einem Spiel bezwungen, doch es kam noch schlimmer. In der 53.Minute erhöhte de Bruyne nach einem Konter allein gegen Neuer souverän auf 3:0. Die seltsam lethargischen Münchner antworteten zwar umgehend durch Juan Bernat (55.) und Coach Guardiola versuchte die müde Offensive mit der Hereinnahme von Mitchell Weise, Mario Götze und Claudio Pizarro zu beleben.

Ein weiteres Tor fiel aber nur noch auf der Gegenseite. Im Eins gegen Eins mit dem Münchner Dante, der in Abwehr den Vorzug von 25-Millionen-Mann Mehdi Benatia erhalten hatte, tanzte erneut de Bruyne den Brasilianer lässig aus. Dann hämmerte er den Ball ebenso lässig in den linken Winkel. Es war der Schlusspunkt in einer denkwürdigen Partie, die der Startpunkt zu einer noch denkwürdigeren Aufholjagd sein könnte – wenn die Bayern weiterhin nicht mitspielen.

Quelle: ntv.de

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