Der IOC-Chef und der Doping-Skandal Thomas Bach entkommt der Krise nur kurz

Bach beschwörte in Rio olympische Werte, die unter ihm schweren Schaden genommen haben.

Bach beschwörte in Rio olympische Werte, die unter ihm schweren Schaden genommen haben.

(Foto: AP)

Die Leichtigkeit der Eröffnungsfeier ist Thomas Bach kaum anzusehen. Der Chef des IOC hat andere Probleme: Der Doping-Skandal um die russische Mannschaft wird immer mehr mit seinem Namen verbunden. Trotzdem wird Bach in Rio freundlich empfangen.

Thomas Bach winkte mechanisch und lächelte verhalten. Und doch wirkte der "Herr der Ringe" im Maracana irgendwie erleichtert. Es gab warmen Applaus für den IOC-Präsidenten bei der Eröffnungsfeier, damit hatte er nach den jüngsten Chaostagen in der Doping-Krise offenbar selbst nicht gerechnet.

Und doch: Das anhaltende Krisenmanagement begleitete den ersten deutschen Olympia-Boss auch noch an diesem launigen, lauen Samba-Abend in Rio. Sein Fazit fiel selbstverständlich uneingeschränkt positiv aus: "Es war eine fantastische Eröffnungsfeier mit einer sehr menschlichen Note. Sie war voller Emotionen und positiver Botschaften", sagte Bach stolz.

Doch steif, ja fast verkrampft hatte er zuvor auf der Ehrentribüne des brasilianischen Fußball-Tempels Maracana gestanden. Selbst "seine" deutsche Mannschaft mit Fahnenträger Timo Boll lockte ihn nicht aus der Reserve. In seiner immer wieder von Beifall unterbrochenen Rede beschwor er Werte, für die er selbst längst nicht mehr steht: "In dieser olympischen Welt gibt es nur ein weltumspannendes Recht für jedermann, in dieser olympischen Welt sind wir alle gleich", rief Bach der Jugend der Welt zu. Worte, die für die von den Spielen ausgeschlossene Whistleblowerin Julia Stepanowa wie Hohn klingen mussten.

"Auf brasilianische Art feiern!"

Doch Pfiffe für Bach blieben aus - trotz seiner zuletzt fast verstörenden Entscheidungen in der "Causa Russland". Doch daran will Bach jetzt nicht mehr denken. Stattdessen ließ er "sein" Flüchtlingsteam bejubeln ("Ihr sendet eine Botschaft der Hoffnung aus.") und geißelte "eine Welt, in der Selbstsucht und Egoismus an Boden gewinnen, sich gewisse Menschen über andere stellen wollen". Am Ende seines Auftritts rief er: "Lasst uns alle gemeinsam diese Olympischen Spiele im Sinne Brasiliens und auf brasilianische Art feiern!"

Jetzt sollen, ganz im Sinne Bachs, der Sport, Tränen und Triumphe die schier endlosen Diskussionen um gedopte Russen und andere Ärgernisse aus den Schlagzeilen verdrängen. Schöne Bilder für schöne Olympische Spiele. Doch der Schein wird trügen - und Bach weiter im Zentrum der Kritik stehen. Zumindest in weiten Teilen der westlichen Welt.

"Der Skandal um das russische Staatsdoping wird immer mehr zur Affäre Thomas Bach", schrieb die Neue Zürcher Zeitung. Der IOC-Präsident schiebe "die Verantwortung für die laschen Sanktionen ab - und nimmt dabei Schaden". Der Fecht-Olympiasieger von 1976 muss mehr Angriffe parieren als ihm lieb ist.

Bachs Fehler

Als Reformator der Olympischen Bewegung war er vor drei Jahren mit seiner Agenda 2020 angetreten. Inzwischen ist das Ansehen des IOC auf einen Tiefpunkt gesunken. Das hat Bach zwar nicht alleine zu verantworten, machte aber auch keine Anstalten, es zu verhindern. Die Entscheidungen habe "immer ein Gremium" getroffen, sagte Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV), "aber das IOC als Organisation und seine Glaubwürdigkeit nimmt schweren Schaden".

Bach erlebte im Vorfeld seiner ersten Sommerspiele den ersten Rückschlag in seiner langen, streng durchgeplanten Funktionärskarriere. Seitdem er 1981 in die Athletenkommission des IOC einzog, ging es Schritt für Schritt die Karriereleiter hinauf. Doch in der Doping- und seiner größten Krise gab es wie so oft einen Kompromiss - für viele zu wenig. Zumal Bachs Taktieren und Lavieren auch Stepanowa zum Opfer fiel.

Die Leichtathletin hatte den "erschreckenden und beispiellosen Angriff auf die Integrität des Sports und der Olympischen Spiele" (Bach) aufgedeckt - und darf in Rio doch nicht starten. Weil es Wladimir Putin und Bach so wollen. Im Kampf um Ansehen, um die öffentliche Wahrnehmung war dies der größte Fehler der gesamten Doping-Krise. Bachs Fehler.

Quelle: ntv.de, Dominik Kortus, sid

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