"Schwachsinn, von Knacks zu reden" DFB-Team ohne Italien-Trauma

"Ich denke, im Fußball gibt es so etwas wie eine Revanche nicht" - Joachim Löw.

"Ich denke, im Fußball gibt es so etwas wie eine Revanche nicht" - Joachim Löw.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das verlorene WM-Halbfinale 2006? Abgehakt. Das neuformierte Italien? Schlagbar. Das Selbstvertrauen im DFB-Team vor dem EM-Halbfinalklassiker? Ungebrochen. "Wir wollen versuchen, unseren Rhythmus Italien aufzuzwingen", stellt Löw klar. Klose tönt: "Wir wissen, wo die Schwächen der Italiener sind."

Seine Gedanken zum EM-Halbfinale gegen Italien? Joachim Löw lachte. "Die kommen doch am Donnerstagnachmittag um 14.12 Uhr, die vielen Gedanken", spottete der Bundestrainer in Danzig. Es war ein Seitenhieb auf die Maulwurfaffäre im deutschen Lager, er blieb nur eine Randnotiz. Viel wichtiger als Maulwurfsuche und Medienschelte ist Löw trotz seines Ärgers die Vorbereitung auf den Halbfinal-Klassiker am Donnerstag. Dabei gilt: Das verlorene WM-Halbfinale 2006 ist kein Thema, die Fußballkünste von Andrea Pirlo schon, und auch auf die taktische Variabilität der Italiener wird Löw sein Team gezielt einstellen.

"Jeder wird nur spielen, wenn er zu 100 Prozent fit ist." Löw in Sorge um Schweinsteiger

"Jeder wird nur spielen, wenn er zu 100 Prozent fit ist." Löw in Sorge um Schweinsteiger

(Foto: REUTERS)

"Ich denke, im Fußball gibt es so etwas wie eine Revanche nicht", sagte Löw: "Die Niederlage 2006 können wir nicht mehr gutmachen. Das ist vorbei." Auch die ganzen Statistiken, wonach Deutschland noch nie ein Turnierspiel gegen Italien gewonnen hat, spielen für sein Team "überhaupt keine Rolle". Neues Spiel, neue Chance, neue Mannschaften, so sieht es auch Miroslav Klose: "Ich glaube, es wäre Schwachsinn, von einem Knacks zu reden." Der 34-jährige Stürmer ist neben Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Per Mertesacker einer von nur fünf DFB-Spielern, die schon 2006 dabei waren.

Präsenter als das damals traumatische Halbfinal-Aus in der Verlängerung ist im DFB-Team das Italien-Testspiel aus dem Februar 2011. Damals hatten sich Deutschland und Italien 1:1 getrennt und der Gegner wie auch jetzt bei der EM mit Angriffsfreude überrascht. "Da wissen wir schon auch, dass wir gegen eine Mannschaft gespielt haben, die einfach auch ein Stück weit anderen Fußball gezeigt als viele Jahre zuvor", sagte Löw: "Weil sie eigentlich ab diesem Zeitpunkt ganz verstärkt auch wieder auf ihre offensive Spielweise ausgerichtet sind und viel besser geworden sind."

Kein Manndecker für Pirlo

Der Ankerpunkt im italienischen Angriffsspiel ist noch immer Weltmeister Andrea Pirlo. "Er erlebt sowas wie eine Renaissance", sagte Löw: "Er ist ein hervorragender Fußballer, ein genialer Stratege, der schon auch viele Bälle hat und diese auch immer wieder ganz gefährlich dort hinspielt, wo es für dem Gegner am meisten wehtut." Deshalb werde er konkrete Aufgaben verteilen, um Pirlo zu stören. Eine Manndeckung für den 33-jährigen Pirlo schloss er aus.

Auch auf die taktische Variabilität der Italiener, die im Turnierverlauf zwischen einer Dreierabwehr im 3-5-2 und einem 4-4-2 gewechselt haben, wird Löw sein Team vorbereiten, um für alles gewappnet zu sein: "Das kann Italien vielleicht sogar besser als alle anderen Teams, einfach mal umzustellen, ohne dass man einen Qualitätsverlust feststellt." Italiens Nationalcoach Cesare Prandelli hatte gegen das DFB-Team taktische Überraschungen angekündigt.

Italien eine ganz andere Hausnummer

Das Ziel des DFB-Teams sei aber nicht, nur zu reagieren: "Wir wollen versuchen, unseren Rhythmus Italien aufzuzwingen." Ob er dazu personelle Umstellungen plane, ließ Löw wie üblich offen. Er verwies allerdings darauf, dass die hoffnungslos unterlegenen Griechen nicht der "alleinige Maßstab" sein dürften. "Ich mache es nicht vom Ergebnis abhängig, sondern davon, was wir im nächsten Spiel brauchen", sagte Löw: "Italien ist eine ganz andere Hausnummer. Ich glaube, dass wir schon nochmal einen draufsetzen müssen, um zu gewinnen."

Miroslav Klose bleibt entspannt: "Italien kann kommen." Der Italien-Legionär von Lazio Rom stellte in Danzig die gelobte Offensivlust der Italiener gegen England in Frage: "Wenn der Gegner sich zurückzieht, dann kann man das auch so deuten, dass Italien offensiv gespielt hat. Das ist nicht meine Meinung." Das DFB-Team werde sich nicht wie England zurückdrängen lassen, sondern aus einer sicheren Defensive heraus Nadelstiche setzen: "Wir wissen, wo die Schwächen der Italiener sind, und die müssen wir versuchen zu bespielen." Fehlende Fitness aufgrund der kürzeren Pause für Italien wird nicht dazu gehören, das verneinte Löw kategorisch: "In vier Tagen wird es jeder Profi schaffen, sich zu 100 Prozent zu regenerieren. Ich denke nicht, dass Italien unter diesem Spiel leiden wird."

Die Fragezeichen hinter dem Einsatz von Mittelfeldchef Bastian Schweinsteiger konnte der Bundestrainer nicht komplett zerstreuen. Den Bayern-Profi, der sich nach seinem schwachen Auftritt gegen Griechenland zu "100 Prozent selbstkritisch" (Löw) gezeigt hatte, quälen die Nachwirkungen seiner Sprunggelenksverletzung. Nach zwei Ruhetagen nimmt er seit Montag wieder am Mannschaftstraining teil: "Jeder wird nur spielen, wenn er zu 100 Prozent fit ist. Aber ich gehe davon aus, jeder Spieler ist einsatzfähig. Auch Bastian Schweinsteiger."

Quelle: ntv.de

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