Gegen EAs drückende Dominanz Fifas Gegner setzt auf Mario Götze
14.08.2014, 07:16 Uhr
Lionel Messi darf für Fifa 15 werben.
(Foto: REUTERS)
Lange sieht es so aus, als könnte niemand Fifa etwas entgegensetzen. Vergangenes Jahr schießt sich Pro Evo dann endgültig aus der Eliteliga der Fußball-Videospiele. Das Vakuum füllt Electronic Arts zwar umgehend - nun plant Konami mit einem deutschen Weltmeister den Neustart.
"Pro Evo ist ein hervorragendes Spiel, sie haben in den vergangenen Jahren viel gute Arbeit geleistet." Dieser Satz von Nick Channon, ausgesprochen auf der Gamescom im Gespräch mit n-tv.de, ist eine dreiste Übertreibung. Der Produzent der Fifa-Reihe kann es sich leisten. Das Fußballspiel von Electronic Arts agiert in einer eigenen Liga, aus der sich der Konkurrent Pro Evolution Soccer längst verabschiedet hat.
Vor ein paar Jahren sah es kurz so aus, als könnte Konami auf Augenhöhe mit dem langjährigen Marktführer agieren, aus der Alleinherrschaft Fifas zumindest ein Duell machen, aus dem jedes Jahr im Herbst ein neuer Sieger hervorgeht. Es war in dieser Zeit eine fruchtbare Konkurrenzsituation, die beide Seiten antrieb und vor allem Electronic Arts zu Höchstleistungen brachte. Doch nach PES 4 und PES 5 vor rund zehn Jahren begann der Abstieg von Pro Evo, der in PES 2014 seinen Tiefpunkt fand.
Electronic Arts nutzt Gelegenheit
Konami musste im Nachhinein zugeben, ein unfertiges Spiel veröffentlicht zu haben. Für Xbox One und Playstation 4 gibt es überhaupt keine Version. Konami verzichtete also für ein Jahr schlicht auf die Lizenz für die NextGen-Liga. Fifa war plötzlich ohne Gegner. Als hätten die Asiaten den Gegner auf dem Feld beim Warmmachen beobachtet und wären gar nicht erst angetreten, frustriert von der vermeintlichen Übermacht des Widersachers.
Electronic Arts nutzte die sich bietende Gelegenheit: Neben der fast schon obligatorischen Weltmeisterschaftsversion versucht sich das Unternehmen inzwischen auch an "Fifa World", einem Free-to-Play-Ableger des Premiumprodukts, das regelmäßig alle Verkaufscharts anführt. "Besonders in Asien sind wir damit erfolgreich", sagt Channon in einem entscheidenden Nebensatz. Der zeigt, wie drückend die Dominanz von Fifa geworden ist. Das Unternehmen kann sich offensichtlich leisten, Konami die Stammspielerschaft auf dem eigenen Kontinent per Gratisspiel abspenstig zu machen, wenn auch nur für PC.
Kaum einen Titel gibt es auf so vielen verschiedenen Geräten und damit auch in so vielen Versionen wie Fifa. "Wir wollen unterschiedliche Produkte für unterschiedliche Plattformen anbieten. Am Ende spielen alle Fifa, und das ist die Hauptsache", sagt Channon offen. Dabei spielt es auch kaum eine Rolle, ob die Hardware schon veraltet ist: Ob Handheld, NextGen, ältere Konsolen, oder PC - Fifa gibt es fast überall. Hardcore-Spieler sind nur ein Teil der Kundschaft. "Fifa World Cup war eher für den Markt der Gelegenheitsspieler gedacht. Auch Fifa World ist ein anderer Ansatz", so Channon.
Mehr Platz für den Ballführenden
Bei Fifa 15 sind indes vor allem das Dribbling und die Defensivmöglichkeiten vielseitiger geworden, außerdem hat Electronic Arts die Torhüter mit einer neuen Künstlichen Intelligenz ausgestattet. Die Unterschiede werden beim Anspielen auf der Gamescom deutlich: Die Akteure sind zwar nicht mit unendlicher Freiheit ausgestattet, aber der Ball ist nicht mehr so schwierig am Fuß zu halten wie noch bei Fifa 14. "Die gesteuerten Akteure reagieren in Fifa 15 viel mehr als zuvor, was die Bewegungen angeht. In Fifa 14 war es sehr eng, man wurde von den Gegenspielern scharf angegangen. Das hat sich geändert", sagt Channon: "Man kann mehr mit dem Ball am Fuß gehen, aber auf der anderen Seite gibt es für den verteidigenden Spieler auch häufiger die Möglichkeit, an den Ball zu kommen."
Jedes Jahr kommen wieder Diskussionen darüber auf, ob Fifa zu sehr Arcade oder doch eher Simulation sei. "Wir wollen es so realistisch wie möglich machen. Jedes Sportspiel soll Spaß machen, also werden wir auch kein Element einbauen, das unglaublich realistisch ist, aber nicht unterhaltsam", erklärt Channon den von Electronic Arts verfolgten Ansatz.
Die Künstliche Intelligenz der Torhüter wirkte bei einem ersten Eindruck allerdings noch etwas verbesserungswürdig. In zwei Partien verhielten sich die Schlussmänner zuweilen seltsam und verschuldeten auch Treffer, statt Rückhalt der Mannschaft zu sein. Derweil sind die Bewegungen und Paraden der Torhüter wesentlich vielseitiger geworden, was einen viel realistischeren Eindruck macht. Lange war Pro Evolution Soccer das Vergleichsprodukt für Fifa, das Unterschiede und auch Defizite aufzeigen konnte. Diese Rolle fiel im vergangenen Jahr schlicht weg.
Konami und der Götze-Effekt
Nun zeigt auch Konami auf der Gamescom die neue Ausgabe seiner Serie. PES 2015 wird die erste Version für Xbox One und PS4 sein. Und damit der Versuch, wieder in die Eliteliga der Fußball-Videospiele aufzusteigen. Eine Woche vor dem Fifa-Release, am 17. September, wird es ein Demo geben, das komplette Spiel dann im November. Die Japaner lassen sich also Zeit. "Es ist gut, einen starken Konkurrenten zu haben", sagt Fifa-Produzent Channon gönnerhaft. Es klingt nach purer Höflichkeit.
Zumindest was das Cover angeht, hat sich Konami jetzt schon etwas Neues ausgedacht: Während bei Fifa 15 erneut Lionel Messi auf den Packungen zu sehen ist, wird es bei PES Mario Götze im Trikot des FC Bayern sein.
Es gibt da durchaus Parallelen: Der eine war bei der WM der Fixpunkt der Argentinier und wurde zum Spieler des Turniers gewählt. Formal gesehen ist er deshalb die Referenz in Sachen Fußball, wie Fifa. Und Götze? Der saß in Brasilien hauptsächlich auf der Bank, weil er seine fußballerischen Qualitäten kaum abrufen konnte. Im Finale schoss er Deutschland gegen Messi trotzdem zum Weltmeistertitel. Vielleicht hofft Konami darauf, dass bei PES 2015 etwas Ähnliches geschieht.
Quelle: ntv.de