Technik

Wahlkampf im Internet Klon Dir den Kanzler!

Aufatmen heißt es für Web-Designer und Agenturen: Es herrscht Wahlkampf, da bekommen die Relikte der New Economy wieder ein paar Aufträge. Schließlich werden jetzt diverse Webseiten von zweifelhaften Nutzen aus dem Boden gestampft oder vorhandene Partei-Homepages durch interaktive Spielereien aufgepeppt.

Da wollen auch Kleinparteien mithalten, bringt ein interaktives Spielchen doch die Chance auf Erwähnung im Fernsehen. Was könnte hier witziger sein als ein "Kanzler-Klon-Studio", wie es die Ökologisch-Demokratische Partei - schon mal von ihr gehört? - auf ihrer Homepage anbietet und es damit bis in die RTL II-Nachrichten geschafft hat.

Nicht nur große Web-Agenturen bekommen so die Chance zu neuen Aufträgen, auch Kindergarten-Start-Ups. Von der ansonsten durchaus professionell gestalteten Homepage hebt sich das Wahlkampfinstrument Klon-Maschine ab: Unter dem Titel "Blick in die Zukunft!" prangen auf Sternen-Hintergrund (in der Mitte das schwarze Loch, das Kleinparteien schluckt?) die Lettern "Kanzler-Klon-Studio" in sieben verschiedenen Farben.

Die Gesichter des Wahlkampfs sind ja hinlänglich bekannt – da mag es schon mal für Abwechslung sorgen, sie am Computer miteinander zu vermischen. Das einzige unbekannte Gesicht in der Klon-Maschine ist Uwe Dolota, Spitzenkandidat und Bundesvorsitzender der ÖDP. Will man ihn klonen, sagt das Programm: "Nur Dolata bleibt Dolata – 100 % Unklonbar." Ist auch nicht notwendig, ihn erkennt auch ungeklont niemand.

Übrigens, liebe Öko-Demokraten, das "Ineinander-Übergehen-Lassen" zweier Bilder nennt man nicht "Klonen", sondern "Morphen". Geklont wird eine Dolly, dann gibt's zwei Schafe. Gegen das Morphen seid ihr ja nicht, oder? Da werden nämlich aus zwei Fotos eines.

Bleibt zu hoffen, dass die ÖDP sich bei ihrer Kanzler-Klon-Maschine auf ihr Parteiprogramm besinnt: Unter dem Punkt "Verantwortungsvoller Umgang mit Technik" steht da nämlich: "Wir haben uns in eine große Abhängigkeit von der Technik gebracht. Aufgrund negativer Erfahrungen [...] beharren wir auf dem Grundprinzip, dass die Einführung jeder Technologie umkehrbar sein muss."

Andreas Roesler-Schmidt

Quelle: ntv.de

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