Ungleichheit bleibt bestehen Junge Ostdeutsche haben 35 Jahre nach Einheit schlechtere Chancen
01.10.2025, 14:42 Uhr
Die SPD-Politikerin Elisabeth Kaiser vertritt Thüringen künftig im Bundesvorstand ihrer Partei (Archivbild).
(Foto: Patrick Pleul/dpa)
Auch 35 Jahre nach der deutschen Vereinigung haben junge Menschen aus Ostdeutschland nach Einschätzung der Ostbeauftragten Elisabeth Kaiser schlechtere Startchancen als Westdeutsche. Eine Herkunft aus Ostdeutschland bedeute "überdurchschnittlich oft ein Aufwachsen in Familien mit niedrigem Einkommen und wenig oder gar keinem Vermögen", schreibt Kaiser in ihrem ersten Jahresbericht, den sie am Mittwoch in Berlin vorstellte.
Diese Erfahrung "prägt den Lebensweg vieler Ostdeutscher bis weit ins Erwachsenen alter hinein", betonte die Ostbeauftragte der Bundesregierung. In "heiklen Lebensphasen" wie etwa beim Start in die berufliche Selbstständigkeit, bei Studienfachwechseln oder der Familiengründung könnten sich Ostdeutsche "viel seltener auf finanzielle Unterstützung durch die Eltern verlassen als Westdeutsche", kritisierte Kaiser.
Die SPD-Politikerin forderte, die Startbedingungen für junge Menschen aus weniger wohlhabenden Elternhäusern zu verbessern und über neue Möglichkeiten der Vermögensbildung zu diskutieren. Dies sei "kein rein ostspezifisches Thema", gab Kaiser zu bedenken. "Auch in Westdeutschland gibt es viel zu viele Familien, die trotz täglicher Anstrengungen in einer Armuts- und Schulden falle stecken. Das dürfen wir nicht hinnehmen."
Kaiser wies darauf hin, dass die Nachteile für die Heranwachsenden insbesondere in Kleinstädten und ländlichen Regionen Ostdeutschlands besonders ausgeprägt seien. Ein Grund sei die Alterung der Bevölkerung dort. Der Anteil junger Menschen liege hier "weit unter dem Bundesdurchschnitt", erklärte sie.
"Konkret gesprochen, bedeutet das: Junge Menschen treffen in der ostdeutschen Peripherie nur auf wenige Gleichaltrige", gab die Ostbeauftragte zu bedenken. "Die soziale Interaktion mit der Peer-Group wird außerhalb der Schulbesuchszeiten immer schwieriger, zumal der ÖPNV nur alle paar Stunden verkehrt." So verlagere sich der Austausch mit Gleichaltrigen weitgehend in den virtuellen Raum.
Quelle: ntv.de, AFP