Gläubiger mit "letztem" Angebot Athen weist "Erpressung" zurück
02.06.2015, 09:36 Uhr
Hollande, Merkel und Juncker auf der Suche nach einer Lösung im Griechenland-Dilemma.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Annäherung", "kurz vor dem Durchbruch" und dann heißt es wieder "hohe Hürden", "Gegensätze": Seit Monaten drehen sich die Verhandlungen zur Griechenlandkrise im Kreis. Jetzt suchen die Gläubiger den Showdown.
Die griechische Regierung hat mit Empörung auf Berichte über ein geplantes "letztes Angebot" seiner Gläubiger zur Lösung der Schuldenkrise reagiert. Nach den Worten des stellvertretenden Regierungschefs Yanis Dragasakis werde Athen keine Ultimaten akzeptieren und sich von den Geldgebern nicht erpressen lassen. Die griechische Gesellschaft und die Wirtschaft könnten keine weiteren harten Sparmaßnahmen ertragen, fügte der für die Finanzen zuständige Vizeregierungschef in einer Twitter-Nachricht hinzu.
Griechenlands internationale Gläubiger wollen die Athener Regierung angesichts der seit Monaten festgefahrenen Gespräche mit einem "letzten Angebot" zum Einlenken bringen. Für ein Spitzentreffen der Gläubiger in Berlin hatten die Unterhändler von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) den Entwurf für ein solches Angebot erstellt. Damit sollen die notwendigen Wirtschaftsreformen festgeklopft werden, die Griechenland als Bedingung für die Freigabe der restlichen Hilfszahlungen erfüllen muss, wie mit der Materie vertraute Personen sagten.
Am Abend hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in Berlin mit IWF-Chefin Christine Lagarde und EZB-Präsident Mario Draghi über das weitere Vorgehen beraten. Konkrete Details zum weiteren Vorgehen wurden danach nicht offiziell bekanntgegeben.
Dieses Treffen diente nach Aussagen einer informierten Person dazu, ein finales Angebot an den griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras auszuarbeiten. Beobachter werten dies als eindeutiges Zeichen, dass die Geldgeber nach dem monatelangen Hin und Her in den Verhandlungen die Geduld verlieren.
Tsipras vor Dilemma
Nachdem sich Tsipras lange Zeit dagegen gesträubt hat, einschneidende Maßnahmen zu Reformen und Ausgabenkürzungen zu akzeptieren, dürfte ihm nun ein Dokument vorgelegt werden, das ihn ein schweres Dilemma stürzen dürfte. Lehnt er es ab, würde Griechenland auf Zahlungsunfähigkeit, Kapitalkontrollen und möglicherweise den Abschied aus dem Euro zusteuern. Akzeptiert er es, könnte es zu einer Spaltung der Regierungspartei Syriza kommen, die die Parlamentswahlen im Januar mit dem Versprechen gewonnen hatte, die dem Land von den Kreditgebern auferlegten massiven Sparanstrengungen zu beenden und umzukehren.
Vertreter der Gläubigerseite hatten wiederholt betont, dass es bei den Gesprächen mit den griechischen Unterhändlern keine rechten Fortschritte gegeben habe. Die Hauptdifferenzen drehten sich um die Reformen von Rentensystem und Arbeitsmarkt sowie um die Höhe des Primärhaushaltsüberschusses, bei dem Zinszahlungen unberücksichtigt bleiben, in den kommenden Jahren.
Der jetzt von den Kreditgebern ausgearbeitete Vertragsentwurf enthält die Forderungen, die Athen für die Auszahlung der letzten Tranche von 7,2 Milliarden Euro aus dem zweiten Hilfspaket erfüllen muss und ohne die das Land wohl spätestens im Juli zahlungsunfähig werden würde.
Bereits im Juni stehen Rückzahlungen von gut 1,5 Milliarden Euro an den IWF an. Die erste Rate über gut 300 Millionen Euro wird am 5. Juni fällig. Allerdings ist offenbar eine kombinierte Zahlung aller Raten zum Ende des Monats möglich.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa/DJ/AFP