Wirtschaft

Halbe Milliarde Euro eingeplant Banken erwarten Strafen für Cum-Cum-Affäre

Mindestens 85 deutsche Banken sind an "Cum-Cum"-Geschäften beteiligt.

Mindestens 85 deutsche Banken sind an "Cum-Cum"-Geschäften beteiligt.

(Foto: picture alliance / Max Rumpenhor)

Gemeinsam mit ausländischen Banken haben deutsche Finanzinstitute über Jahre ein Schlupfloch bei der Dividenden-Versteuerung genutzt. Nun drohen Strafen und Nachzahlungen für diese Cum-Cum-Geschäfte. Die Banken legen Millionen beiseite.

In der Cum-Cum-Affäre um Steuertricks mit Dividendenpapieren rechnen zahlreiche deutsche Banken mit Straf- und Steuernachzahlungen. 77 deutsche Institute erwarten wegen der Steuertricks Belastungen von gut einer halben Milliarde Euro, wie es in einer Antwort des Bundesfinanzministeriums und der Finanzaufsicht Bafin auf eine Anfrage der Grünen hieß. Es sei nicht auszuschließen, dass sich aufgrund weiterer Untersuchungen der Bafin oder aufgrund von Prüfungen der Finanzbehörden höhere oder niedrigere Steuernachzahlungen ergeben könnten.

"Teilweise besteht Anlass zu weiteren Untersuchungen durch die BaFin", heißt es in dem Schreiben, über das zuvor auch "Bild" berichtete. Die Cum-Cum-Transaktionen galten bis vor Kurzem – anders als Cum-Ex - meist als legales Steuerschlupfloch. Doch ein Sinneswandel des Finanzministeriums schreckte die Branche auf. Das Ministerium hält nach einem Schreiben vom Juli Cum-Cum-Geschäfte - anders als noch im November 2016 - in den meisten Fällen für rechtswidrig. Damit würden zumindest Strafzinsen für die Jahre 2013 bis 2015 fällig.

Die Finanzaufsicht Bafin hat bei allen 1600 deutschen Instituten abgefragt, welche Belastungen sie durch Cum-Cum-Geschäfte erwarten. Ergebnisse hat die Behörde bislang nicht veröffentlicht. Laut dem Schreiben an die Grünen gaben bis zum 14. November insgesamt 85 Institute an, in Cum-Cum-Gestaltungen involviert gewesen zu sein. Davon erwarteten acht keine finanziellen Belastungen oder machten keine Angaben.

Ein Institut erwartet der Aufstellung zufolge Steuernach- oder Strafzahlungen wegen Cum-Cum-Geschäften in Höhe von 80,85 Millionen Euro, insgesamt erwarten fünf Institute Belastungen von mehr als 50 Millionen Euro, zwei weitere rechnen jeweils mit rund 31 Millionen Euro. Die Namen der Banken werden auf der Liste nicht aufgeführt.

Kritik an zu niedrigen Strafen

Der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick kritisierte, dass dem Staat durch Cum-Cum-Geschäfte und ähnliche Steuertricks ein zweistelliger Milliardenbetrag an Steuern entgangen sei, die nun bekanntgewordenen Rückstellungen der Geldhäuser seien dagegen vergleichsweise gering. "Das zeigt, dass die Banken geschont werden und das verlorene Geld höchstens in sehr kleinem Umfang zurückgeholt werden soll", sagte Schick zu "Bild".

Cum-Cum-Geschäfte beruhen darauf, dass ausländische Investoren 25 Prozent Kapitalertragsteuer auf Dividenden zahlen müssen, Inländer aber nicht. Daher war es bis 2015 gängige Praxis, dass ausländische Banken und Investoren kurz vor dem Dividendenzahltag Aktien in großem Stil an deutsche Banken verliehen. Diese kassierten die steuerfreie Dividende und zahlten den ausländischen Geschäftspartnern eine Kompensation und eine Leihgebühr – man teilte sich also die Steuerersparnis auf. Seit 2016 ist dieses Steuerschlupfloch geschlossen.

Die meisten Geldhäuser haben zu Cum-Cum-Geschäften bislang geschwiegen. Die  Commerzbank erklärte Anfang November, sie habe 10,5 Millionen Euro zurückgestellt, da sie möglicherweise Kapitalertragssteuer zurückzahlen müsse. Zudem fordern Kunden, mit denen die Commerzbank Wertpapierleihgeschäfte eingegangen ist, Schadenersatz, weil ihnen Ansprüche aberkannt wurden.

Quelle: ntv.de, shu/rts

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