Abwicklung von Pleite-Banken Berlin stemmt sich gegen EU-Pläne
10.07.2013, 15:45 Uhr
In Nikosia entfernt ein Handwerker ein Schild der geschlossenen Laiki-Bank.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die EU-Kommission will künftig entscheiden, ob angeschlagene Banken geschlossen werden. Zudem sollen nationale Sicherungsfonds durch eine gemeinsame Haftung ersetzt werden. Die Bundesregierung hält wenig von den Plänen - und droht mit einer Klage.
Die Pläne der EU-Kommission zur Schließung und Sanierung von Krisenbanken stoßen bei der Bundesregierung auf Widerstand. Berlin lehnt dabei zwei Kernelemente der Vorschläge von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier ab: Dieser will die Entscheidungshoheit über die Abwicklung maroder Banken von den nationalen Behörden auf die Brüsseler Behörde übertragen. Außerdem soll ein einheitlicher Bankenabwicklungsfonds geschaffen werden, der die nationalen Fonds ersetzen soll.
Die Pläne sollen 2015 in Kraft treten. Sie bedürfen aber der Zustimmung des Europaparlaments und der Mitgliedsstaaten. Bei beiden Punkten ist Streit mit Deutschland vorprogrammiert.
Die Bundesregierung will die Entscheidung über die Schließung angeschlagener Banken nicht Brüssel überlassen. "Nach unserer Auffassung überzieht der Vorschlag die Kompetenzen der Kommission", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Sie hat sie nach derzeitiger Rechtslage nach unserer Auffassung nicht." Seibert versicherte, es bleibe Ziel der Bundesregierung, die vereinbarten Ziele für eine Bankenunion umzusetzen. Der Kommission warf er vor, dies mit ihrem Vorschlag zu verzögern.
Deutschland und Frankreich hatten deshalb unter anderem vorgeschlagen, in einem ersten Schritt ein unabhängiges, zentrales Abwicklungsgremium zu schaffen, in dem die nationalen Aufsichtsbehörden, die Europäische Zentralbank sowie die EU-Kommission vertreten sind. Später sollen begrenzte EU-Vertragsänderungen vorgenommen werden.
Schäuble droht mit Klage
Barnier will stattdessen einen so genannten europäischen Abwicklungsmechanismus einführen, der der EZB als neuer zentraler Bankenaufsicht in der Eurozone zur Seite gestellt werden soll. Vertreter der Kommission, der EZB und der jeweils betroffenen nationalen Aufseher sollen bei einer drohenden Pleite die Abwicklung der Bank vorbereiten. Förmlich beschließen würde das die Kommission.
Genau gegen diese Kompetenzübertragung wehrt sich die Bundesregierung. Finanzminister Wolfgang Schäuble hatte bereits betont, eine Entscheidungsmacht der Kommission über die nationalen Behörden sei auf Grundlage der geltenden Verträge nicht zulässig – zuvor sei also eine Änderung der Verträge notwendig."Ich werde mit aller Kraft dagegen kämpfen, dass der Vorschlag im Rat angenommen wird", hatte der CDU-Politiker Mitte Juni gesagt. "Und wenn ich das nicht schaffe, bin ich gezwungen, den Europäischen Gerichtshof anzurufen."
Barnier selbst hielt dagegen: Der Zentralbeschluss stelle sicher, dass die Binnenmarkt- und Beihilferegeln eingehalten würden. Die Krise erfordere eben "ein System, das rasche und effiziente Entscheidungen ermöglicht". Eine Vertragsänderung in Zukunft sei nicht auszuschließen, aber "wir haben eine jetzt eine Verantwortung".
Die Abwicklungseinrichtung ist neben der Aufsicht durch die EZB der zweite Baustein der Bankenunion in der Eurozone. Das Gerüst für die erste Säule, eine zentrale Bankenaufsicht, steht inzwischen.
Ziel der Reform ist es, angeschlagene Banken in Zukunft einfacher sanieren oder sie auch schließen zu können. Die Steuerzahler sollen dafür künftig möglichst nicht mehr aufkommen. So soll der Teufelskreis angeschlagener Banken, deren Rettung die Etats ohnehin schon hoch verschuldeter Euro-Staaten belasten, durchbrochen werden.
Deutsche Banken unzufrieden
Auf Widerstand Berlins stößt auch der Plan der Kommission, einen einheitlichen Bankenabwicklungsfonds schaffen, der durch Beiträge des Finanzsektors aufgebaut werden soll. Und dieser Fonds soll, wenn er mit bis zu 60 bis 70 Mrd. Euro innerhalb eines Jahrzehnts ausreichend gefüllt ist, die nationalen Fonds ersetzen. In letzter Konsequenz könnten dann Rücklagen deutscher Banken zur Rettung etwa spanischer oder griechischer Banken verwendet werden.
Davon halten die deutschen Banken wenig. Sie wollen im Krisenfall nicht für Geldhäuser in anderen Staaten einspringen. "Wir lehnen die Schaffung einer europäischen Abwicklungsbehörde aus vielerlei guten Gründen entschieden ab", sagte der Präsident des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands, Gunter Dunkel. "Es ist für uns indiskutabel, wenn die von den deutschen Kreditinstituten geleisteten Beiträge für die Rettung von Banken aus anderen Mitgliedstaaten herangezogen werden."
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/AFP