Euro-Schuldenkrise kocht vor EZB-Sitzung hoch Chaos in Portugal schockt die Märkte
03.07.2013, 12:53 Uhr
Die Mitte-Rechts-Koalition von Ministerpräsident Coelho steht nach gut zwei Jahren vor dem Aus.
(Foto: picture alliance / dpa)
Am Donnerstag trifft sich der EZB-Rat, die Zinsschraube bleibt laut Experten außen vor. Der geldpolitische Kurs ist dafür viel interessanter, denn die Regierungskrise in Portugal bringt die Nervosität an die Finanzmärkte zurück. Aktienkurse und Euro fallen, die Anleiherenditen der Krisenländer steigen. Und damit nicht genug.
Die Euro-Schuldenkrise meldet sich kurz vor der Sitzung des Zentralbankrats voller Wucht an den Finanzmärkten zurück: Der Grund ist die schwere Regierungskrise in Portugal. Der Leitindex an der Börse in Lissabon brach ein. Der Dax verlor zeitweise rund 2 Prozent. An den Devisenmärkten fiel der Euro in Richung 1,29 Dollar. Und auch an Anleihemärkten sackten die Kurse weg.
Im Gegenzug stieg der Zinssatz für richtungsweisende zehnjährige Anleihen Portugals erstmals im laufenden Jahr wieder über die Marke von 7 Prozent. Zeitweise sprang die Rendite um 0,86 Prozentpunkte auf 7,38 Prozent und erreichte damit den höchsten Wert seit Mitte Dezember vergangenen Jahres. Neben portugiesischen Anleihen gerieten auch Schuldpapiere der Euro-Krisenländer Spanien und Italien unter Druck.
Mängel im Anleihekaufprogramm
Auslöser sind Rücktritte wichtiger Minister in der Regierung von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho. Die Mitte-Rechts-Koalition steht nach gut zwei Jahren vor dem Aus: Nur einen Tag nach dem Rücktritt von Finanzminister Vítor Gaspar stellte am Dienstag Außenminister Paulo Portas sein Amt zur Verfügung. Anleihe-Experten der Commerzbank sprachen von Chaos, das einen "äußerst negativen Nachgeschmack hinterlassen dürfte".
Nach Einschätzung der Experten zeigt der rasante Anstieg der Zinssätze die größte Schwäche des Anleihekaufprogramms der Europäischen Zentralbank (EZB). Seit Mitte 2012 hatte die EZB mit dem sogenannten OMT-Programm die Panik an den Anleihemärkten eindämmen können, indem sie unbegrenzt Anleihekäufe versprach. Sie verlangte zugleich aber Reformen und Ausgabendisziplin.
Griechenland muss liefern
Neben Portugal sorgt die Lage im Euro-Krisenland Griechenland für zusätzliche Nervosität bei den Anlegern. Hier machen die öffentlichen Geldgeber Druck, weil es bei der Umsetzung vereinbarter Reformen hapert. Auch die Bundesregierung drängt zu weiteren Reformschritten. Zudem kommt die vom Internationalen Währungsfonds (IWF) angestoßene Debatte um eine abermalige Schuldenerleichterung für Athen nicht aus den Schlagzeilen.
Nach Angaben aus Regierungskreisen w8ill sich Griechenland bis Montag mit seinen Geldgebern weitgehend über das umstrittene Reformprogramm einigen. Ausbleiben dürfte allerdings eine Verständigung über Reformen im öffentlichen Dienst, sagte ein Vertreter des griechischen Finanzministeriums. Sollte die anstehende Kredittranche von 8,1 Mrd. Euro verzögert werden, könnte Griechenland dies im schlimmsten Fall mit der Ausgabe zusätzlicher, kurzlaufenden Staatsanleihen ("T-Bills") auffangen. "Das wird nicht das Ende der Welt sein", hieß es weiter. Zugleich müsste Griechenland dann seinen Schuldendienst verzögern.
Griechenlands Geldgeber von EU und Internationalem Währungsfonds hatten Diplomaten zufolge ein Bekenntnis des Euro-Lands zur Fortsetzung seiner Reformen binnen weniger Tage gefordert. Die Euro-Finanzminister kommen am Montag zusammen.
Steigende Renditen
Neben portugiesischen Anleihen gerieten zur Wochenmitte auch Schuldpapiere der Euro-Krisenländer Spanien und Italien unter Druck. Die Rendite für zehnjährige Papiere aus Spanien stieg um 0,13 Prozentpunkte auf 4,74 Prozent, die Rendite italienischer Titel erhöhte sich um 0,12 Prozentpunkte auf 4,55 Prozent.
Dagegen profitierten die als besonders sicher geltenden deutschen Bundesanleihen von der angespannten Lage. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe sank um 0,07 Prozentpunkte auf 1,63 Prozent.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/rts