Merkel drückt aufs Tempo Charmiert sich Tsipras zu neuen Milliarden?
24.03.2015, 17:52 Uhr
Tsipras am Holocaust-Mahnmal - inmitten der Reparationsdebatte wohl kein zufälliger Besuch.
(Foto: picture alliance / dpa)
Athens Regierungschef Alexis Tsipras setzt seinen Antrittsbesuch in Berlin fort. Dabei macht er allen den wichtigen politischen Vertretern seine Aufwartung. Anschließend loben die Beteiligten ausnahmslos ein neues Tauwetter - doch darum allein geht es Athen wohl nicht.
Nach einem siebenstündiges Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Vortag hat der griechische Regierungschef Alexis Tsipras seine Gesprächsserie mit SPD-Ministern und der Opposition fortgesetzt. Dabei stellten die Gesprächspartner anschließend eine spürbare Entspannung im zuletzt arg strapazierten Verhältnis zwischen Deutschland und Griechenland fest.
Derweil dringt Merkel auf eine rasche Lösung der Finanzprobleme Griechenlands. "Die Zeit drängt", sagte sie nach Teilnehmerangaben auf der Unions-Fraktionssitzung. Denn offenbar droht dem Land nach Angaben eines Insiders ohne weitere Finanzhilfen innerhalb von knapp vier Wochen die Staatspleite. Wohl auch deshalb lässt Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem eine rasche Auszahlung von 1,2 Milliarden Euro prüfen. Das Direktorium des Euro-Rettungsschirms EFSF sollbereits morgen darüber diskutieren.
"Ich freue mich darüber, dass sich die Tonlage in den deutsch-griechischen Gesprächen in den letzten Tagen deutlich verändert und deutlich verbessert hat", sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach seiner Begegnung mit Tsipras. Dies sei zwar noch nicht die Lösung der finanzpolitischen Probleme, aber eine Voraussetzung für weitere ernsthafte Gespräche in den nächsten Tagen.
"Ich glaube, was wir erleben, ist Gott sei dank eine Normalisierung des Verhältnisses", sagte auch Vizekanzler und SPD-Chef Sigmar Gabriel. Es gehe hier nicht um einen deutsch-griechischen Konflikt, sondern "um die Frage, wie wir in der Eurozone insgesamt weiterkommen". Gabriel wie Steinmeier machten allerdings auch klar, eine Einschätzung der mit Spannung erwarteten griechischen Reformvorschläge könne nur auf europäischer Ebene erfolgen.
Kauder will das Original
Auch die Spitze der Linkspartei sprach nach ihrer Begegnung mit Tsipras von einer Verbesserung des deutsch-griechischen Verhältnisses. Dessen Gespräch mit Merkel scheine "geholfen zu haben, etwas mehr Verständnis für die Situation in Griechenland zu schaffen", sagte Linken-Chefin Katja Kipping. Sie verteidigte zudem die Forderungen von Tsipras nach einer Änderung der Reformauflagen, die Griechenland erfüllen soll, um weitere Finanzhilfen zu bekommen. Tsipras hat sich nach den Worten von Linken-Fraktionschef Gregor Gysi "klipp und klar" gegen Privatisierungen und höhere Verbrauchssteuern ausgesprochen.
Am Nachmittag stand auch noch ein Gespräch des griechischen Ministerpräsidenten mit den Spitzen der Grünen auf dem Programm. Ein Treffen mit der Führung der Unionsfraktion kam nicht zustande. Nach Angaben von Parlamentsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) gab es zwar eine Anfrage der griechischen Seite an Fraktionschef Volker Kauder (CDU). Da Tsipras aber nur einen Stellvertreter habe schicken wollen, habe Kauder auf den Termin verzichtet.
Die griechische Regierung kündigte unterdessen an, den Euro-Partnern "spätestens Montag" die zugesagte aktualisierte Liste mit Reformvorschlägen vorzulegen. Diese muss dann von EU-Kommission, Europäische Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds (IWF) bewertet werden. Erst wenn die Eurogruppe grünes Licht gibt, können neue Notkredite an Griechenland überwiesen werden.
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/rts