Das verflixte siebte Jahr Deutsche Bank trennt sich von Postbank
24.04.2015, 23:53 Uhr
Kursänderung nach Marathonsitzung: Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank beschließt den Abschied von der Tochter Postbank. Börsengang oder Verkauf, heißt es da. Es bleibt nicht der einzige Einschnitt.
Noch vor einem Jahr war der Optimismus groß: Ein"Powerhouse" sollte das um 14 Millionen Postbankkunden erweiterte Privat- und Firmenkundengeschäft der Deutschen Bank werden. Das Management des Dax-Konzerns gab die Parole aus, man wolle die "Position als führende Privatbank in Deutschland ausbauen". Zinsflaute, Regulierungswelle und hausgemachte Probleme zwingen Deutschlands größtes Geldhaus nun zum Umsteuern.
Knapp drei Jahre nach ihren Amtsantritt macht die Doppelspitze Anshu Jain und Jürgen Fitschen eine entscheidende Weichenstellung aus der Ära ihres Vorgängers Josef Ackermann rückgängig. Mitte September 2008, anlässlich des Einstiegs bei der Postbank, hatte Ackermann verkündet: "Die Deutsche Bank hat sich zu attraktiven Konditionen an einer der führenden Privatkundenbanken in Deutschland beteiligt. Dies ist eine gute Finanzinvestition, stärkt unser eigenes Privatkundengeschäft und schafft Wert für unsere Aktionäre."
Vom Stiefkind zur stabilen Säule
Lange war das Privatkundengeschäft für viele Großbanken - einschließlich der Deutschen Bank - eher ein Stiefkind. Kleine Summen und geringe Gewinnspannen schienen uninteressant, vielmehr lockte das milliardenschwere internationale Geschäft. Die Finanzmarktkrise 2007/2008 ließ manchen Banker umdenken, Privatanleger als stabile Säule waren plötzlich wieder begehrt, schließlich hatte das riskantere Kapitalmarktgeschäft riesige Löcher in viele Bilanzen gerissen.
Die Deutsche Bank zog den letzten großen Fisch im deutschen Bankenmarkt an Land und sicherte sich zwei Jahre nach dem Kauf des ersten großen Aktienpakets Ende 2010 die Mehrheit bei der Postbank. Ackermann und seine Mitstreiter nahmen auch in Kauf, dass die Übernahme deutlich teurer wurde als einst geplant und legten letztlich gut sechs Milliarden Euro für den gelben Riesen auf den Tisch. Selbst Jain, damals oberster Investmentbanker der Deutschen Bank, zeigte öffentlich "Begeisterung" für den Kauf der Postbank.
Die hohen Erwartungen jedoch, die Ackermann mit dem Kauf der Post-Tochter verknüpfte, erfüllten sich nie. Der Schweizer hatte gehofft, die Postbank werde helfen, den Konzern besser auszubalancieren und weniger abhängig vom schwankungsanfälligen Investmentbanking zu machen.
Noch 2011 legte Ackermann die Latte hoch: "Auch im Privatkundengeschäft wollen wir eine Erfolgsgeschichte schreiben, wie wir sie in unserem Investmentbanking in den vergangenen zehn Jahren geschrieben haben." Ziel war, den Vorsteuergewinn der Privatkundensparte mittelfristig auf drei Milliarden Euro zu steigern. Im vergangenen Jahr waren es gerade einmal 1,3 Milliarden. Nun will die Deutsche Bank ihren Postbank-Anteil mindestens unter 50 Prozent senken.
Zu viele Vorbehalte
Skepsis gegenüber der Postbank-Übernahme gab es schon bald nach dem Einstieg der Deutschen Bank: Mancher Branchenkenner fragte sich, was ein Weltkonzern wie die Deutsche Bank mit Rentnern, Sekretärinnen und Hausfrauen anfangen will, die bei der Postbank monatlich ein paar hundert Euro bewegen. Durchgriff auf die Kundendaten hatten die Frankfurter dem Vernehmen nach ohnehin nicht. Und die Wunschvorstellung, Spareinlagen der Postbank zur Finanzierung des Investmentbankings heranzuziehen, ging wegen Vorbehalten von Seiten der Aufseher nur sehr begrenzt auf.
Dennoch investierte die Deutsche Bank mehr als eine Milliarde Euro, um die Postbank in den Deutsche-Bank-Konzern zu integrieren. So laufen beispielsweise die beiden Marken Postbank und Deutsche Bank inzwischen auf einer gemeinsamen IT-Plattform. Doch die historisch niedrigen Zinsen fressen sich immer tiefer in die Bilanzen, das drückt auf die Gewinne.
Eine Belastung weniger?
Nun also zieht die Deutsche-Bank-Führung die Reißleine. Ohne die Postbank, so das Kalkül, kann der deutsche Branchenprimus den strengeren Anforderungen der Aufseher weltweit zum Beispiel in Sachen Kapitalausstattung besser gerecht werden. Wenn die Bilanzsumme schrumpft, entlastet das die Deutsche Bank etwa bei der drohenden "Leverage Ratio". Bei dieser Verschuldungsobergrenze wollen die Regulatoren die Geschäfte einer Bank unabhängig vom Risikogehalt pauschal ins Verhältnis zum Eigenkapital setzen. Der Baufinanzierungsschwerpunkt der Postbank wäre in dieser Berechnung eher eine Belastung.
Klar ist aber auch: Die Aufgabe der Postbank-Mehrheit oder eine - zumindest mögliche - komplette Trennung von der Tochter löst bei weitem nicht alle Probleme der Deutschen Bank. Der Berg teurer Rechtsstreitigkeiten ist nach wie vor gewaltig, im Filialgeschäft muss die Bank Antworten darauf finden, dass immer mehr Kunden ihre Bankgeschäfte auf digitalen Wegen abwickeln - gleichzeitig aber den Berater um die Ecke für schwierige Fragen greifbar haben wollen. Auch die zweite Hälfte der Amtsperiode der beiden Co-Chefs bis Ende März 2017 birgt also genügend Herausforderungen.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/DJ