Wirtschaft

"Der Minister zerstört Vertrauen" Gabriel bekommt Ärger wegen Aixtron

(Foto: dpa)

Ein chinesischer Investor will den Chipanlagenbauer Aixtron übernehmen, beißt aber derzeit beim Bundeswirtschaftsministerium auf Granit. Nun drohen Aktionärsschützer Minister Gabriel mit einer Klage.

Der Streit um die vom Bundeswirtschaftsministerium gestoppte Übernahme des Chipanlagenbauers Aixtron durch einen chinesischen Investor eskaliert. Die Aktionärsvereinigung DSW kündigte eine Schadenersatzklage gegen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel an, sollte die Übernahme platzen.

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"Der Minister zerstört Vertrauen", kritisierte Hauptgeschäftsführer Marc Tüngler. Aixtron-Gründer und Ex-Vorstandschef Holger Jürgensen wandte sich in einem offenen Brief an die Bundesregierung: Der Widerruf der bereits erteilten Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Übernahme sei ein "Dolchstoß für Schlüsseltechnologien."

Der chinesische Investor Fujian Grand Chip Investment (FGC) will den angeschlagenen Chipanlagenbauer für 676 Millionen Euro kaufen. Doch just als die Annahmefrist für die Offerte endete, zog das Bundeswirtschaftsministerium im Oktober die bereits erteilte Genehmigung der Transaktion zurück und kündigte eine monatelange Prüfung an. Auslöser sollen Medienberichten zufolge US-Geheimdienste gewesen sein, die die hiesige Behörde über den möglichen militärischen Einsatz der Halbleiter informiert haben, die auf den Aixtron-Anlagen produziert werden.

Das Bundeswirtschaftsministerium wollte sich dazu nicht äußern. Man habe bis dahin nicht bekannte sicherheitsrelevante Informationen erhalten", hieß es lediglich. Derweil haben die Aktionäre den Chinesen rund 73 Prozent der Aixtron-Aktien zum Preis von sechs Euro je Anteilsschein zum Kauf angeboten. Nach dem Verkaufsstopp sank der Kurs unter den Verkaufspreis - aktuell auf 4,50 Euro.

30 Jahre lang Exportgenehmigungen erteilt

Aixtron-Gründer Jürgensen kritisierte Gabriel scharf. "Ein ungeprüfter Widerruf im Laufe einer regulierten und zeitlich sehr eng gefassten Übernahme-Offerte und Andienungsphase bedeutet bekanntermaßen einen sehr drastischen Eingriff in den Kapitalmarkt." Mögliche Sicherheitsbedenken wies er zurück. 30 Jahre lang seien die Exportgenehmigungen für Aixtron-Anlagen erteilt worden. "In China stehen heute Hunderte derartige Anlagen, die sowohl von Aixtron als auch dem amerikanischen Konkurrenten Veeco stammen."

Das Bundeswirtschaftsministerium reagierte mit Erstaunen auf die Kritik. Vor einer Woche habe Aixtron-Chef Martin Goetzeler in einem persönlichen Telefonat mit Gabriel sein Verständnis für die Prüfung und seine volle Kooperationsbereitschaft erklärt, teilte eine Sprecherin des Ministeriums mit. Der Ausgang des Prüfverfahrens sei nach wie vor offen. Gabriel, derzeit zu Besuch in China, hat sich immer wieder kritisch über den Kauf deutscher Technologiefirmen durch chinesische Investoren geäußert. Auch bei der Übernahme des Augsburger Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Hausgeräte-Hersteller Midea hatte der SPD-Chef eingegriffen und europäische Unternehmen zu einem Gegenangebot aufgerufen.

Zugang zum chinesischen Markt

Aixtron produziert mit seinen rund 750 Mitarbeitern Chipanlagen zur Herstellung von Leuchtdioden (LED), die in der Unterhaltungselektronik, der Autoindustrie und bei industrieller Beleuchtung zum Einsatz kommen. Vorstandschef Goetzeler suchte seit längerem nach einem Käufer für die seit Jahren defizitäre Firma. In FGC sieht er den geeigneten Partner, um das Unternehmen aus der Misere zu holen und gleichzeitig Zutritt zum chinesischen Markt zu bekommen. Ein Aixtron-Sprecher betonte: "Wir sind selbstverständlich weiterhin an einem Dialog mit der Behörde interessiert." Ziel sei es, dass die Übernahme klappt.

DSW-Hauptgeschäftsführer Tüngler warf dem Bundeswirtschaftsminister vor, wirtschaftliche Interessen der USA zu schützen. "Herr Gabriel hat sich nach unserer Ansicht vor den Karren der Amerikaner spannen lassen." Würden die Chinesen Aixtron übernehmen, würden sie über eine Technologie verfügen, mit der amerikanische Unternehmen derzeit in der Volksrepublik noch Geschäfte machten. Gabriel habe Aixtron zu politischen Zwecken genutzt. "Daher prüfen wir eine Schadenersatzklage gegen Gabriel beziehungsweise die Bundesregierung. Wir müssen aber erst abwarten, ob der Deal wirklich platzt."

"Auch wenn die Vorgehensweise des Bundeswirtschaftsministers rechtmäßig gewesen sein mag, so steht geschädigten Aktionären die Möglichkeit offen, Schadensersatz zu verlangen", sagte Klaus Nieding von der auf Anlegerrechte spezialisierten Kanzlei Nieding + Barth. Die Aktionäre hätten in den Bestand der Unbedenklichkeitsbescheinigung vertraut und gerade deshalb ihre Aktien dem Übernehmer angedient. "Dass die Aktionäre nun für die Entscheidung des Bundeswirtschaftsministers bluten sollen, kann nicht hingenommen werden."

Quelle: ntv.de, wne/rts

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