
Die Schiffe der pleitegegangenen Hanjin-Reederei stecken fest. Das stört die globale Handelskette.
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Die siebtgrößte Reederei der Welt ist pleite. Das ist nicht nur ein Alarmsignal für die ganze Schifffahrtsbranche. Zehntausende Kunden weltweit müssen nun womöglich monatelang auf Bestellungen warten - auch in Deutschland.
Die "Seaspan Efficiency" wartet in den Gewässern vor Savannah im US-Bundesstaat Georgia schon seit Tagen auf die Erlaubnis zum Einlauf in den Hafen. Vor Singapur, einem der größten Container-Häfen der Welt, liegt die "Hanjin Rome" vor Anker. Und auch in vielen anderen Häfen verweigern die Behörden Dutzenden Schiffen der südkoreanischen Hanjin-Reederei die Einfahrt.
Denn das siebtgrößte Schifffahrtsunternehmen der Welt ist pleite und hat einen Insolvenzantrag gestellt. Seine Gläubiger versuchen weltweit viele der Hanjin-Schiffe festsetzen zu lassen, um an ihr Geld zu kommen. Mit rechtlichen Gegenmaßnahmen in bis zu 43 Ländern will Hanjin nun verhindern, dass seine Frachter beschlagnahmt werden. Doch solange der Streit läuft, stecken die Schiffe und die Waren darauf fest und blockieren außerdem dringend benötigte Liegeplätze. Die Terminalbetreiber befürchten auf den Abfertigungskosten für die Pleite-Schiffe sitzenzubleiben.
Für zehntausende Kunden rund um den Globus sind das schlechte Nachrichten. Hanjin gehören laut dem Branchendienst "Alphaliner" mehr als 600.000 Standardcontainer, rund drei Prozent des weltweiten Gesamtbestandes. Täglich verschifft die Reederei zehntausende davon in alle Welt. Die Bestellungen, die vor der Pleite mit Hanjin-Schiffen verschickt wurden, werden sich nun zumindest verspäten. Denn wegen der drohenden Beschlagnahmungen könnte es Monate dauern, bis die Besitzer der Fracht ihre Ladungen von den Hanjin-Schiffen zurückbekommen.
Auch deutsche Importeure betroffen
Betroffen sind zum Beispiel die südkoreanischen Elektronik-Konzerne Samsung und LG. Sie verschiffen einen Großteil ihrer Waren mit Hanjin. Nun müssen sie sich über Nacht nach anderen Reedereien für ihre Exporte umschauen. Und auch deutsche Firmen und ihre Kunden hat die Pleite womöglich direkt erwischt. Denn die "Hanjin Europe", eines der größten Containerschiffe der Südkoreaner, steckt schon seit letzter Woche im Hamburger Hafen fest.
Der 366 Meter lange Frachter blockiert dort unfreiwillig einen Liegeplatz. Niemand weiß, wer nach der Pleite die Abfertigungsgebühren für die 13.000 Container an Bord bezahlen soll. Der Logistiker Eurogate, der das Hamburger Containerterminal betreibt, hat Angst auf den Kosten sitzenzubleiben. Inzwischen sei die Ladung gelöscht und stehe zur Abholung bereit, sagte der Deutschland-Chef von Hanjin der "Deutschen Verkehrs-Zeitung" (DVZ). Ob sie auch wirklich abgeholt wurde, wollte Eurogate auf Anfrage von n-tv.de nicht sagen.
Laut "Hamburger Morgenpost" soll sich nun sogar der Hamburger Wirtschaftssenator Frank Horch in den Streit eingeschaltet haben. Es ist unklar, wie es mit dem Schiff weitergeht. Den nächsten Zielhafen Rotterdam könne man nicht anlaufen, sagte der Hanjin-Deutschland-Chef der DVZ. Dort wolle man die "Hanjin Europe" derzeit nicht anlegen lassen.
Alarmsignal für die Schifffahrtsbranche
Die Hanjin-Pleite ist auch ein Warnsignal für die gesamte Reeder-Branche. Die kämpft seit Jahren mit Überkapazitäten: Auf den Weltmeeren fahren viel zu viele Container-Schiffe, weil viele Reedereien staatlich subventioniert werden. Die Flotten wachsen ständig schneller als die Frachtnachfrage. Das drückt auf die Preise. Viele Reedereien schippern deshalb in den roten Zahlen.
Durch die Pleite der Südkoreaner dürften die Preise auf den Strecken von Asien nach Europa und in die USA zwar kurzfristig steigen. Doch die Freude wird wohl nur kurz währen. Analysten rechnen zwar damit, dass sich die Frachtraten stabilisieren, aber auf niedrigem Niveau.
Selbst das Verschwinden der siebtgrößten Reederei wird die Überkapazitäten kaum verringern: Die Schiffe von Hanjin dürften von anderen Firmen aufgekauft werden. Hyundai Merchant Marine, die zweitgrößte Reederei Südkoreas, hat bereits angekündigt, den Großteil der Hanjin-Flotte zu übernehmen. Hyundai hängt wie Hanjin ebenfalls am Tropf der staatlichen südkoreanischen Entwicklungsbank und kämpft gerade selbst damit, seinen riesigen Schuldenberg loszuwerden.
Für die größte deutsche Reederei Hapag-Lloyd ist die Hanjin-Pleite Glück und Unglück zugleich. Erst im Mai hatten die Hamburger eine neue Allianz mit Hanjin und anderen Frachtfirmen geschlossen. Dieser Plan hat sich nun erledigt. Die Partnerschaft sollte aber erst im April beginnen. Über einzelne Verträge hinaus ist Fracht von Hapag-Lloyd deswegen nicht von der Pleite betroffen.
Quelle: ntv.de