Wirtschaft

Türkei belegt nur Platz 5 In diesen Ländern wütet die Inflation besonders heftig

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Mit Zinserhöhungen kämpft die türkische Zentralbank gegen die hohe Inflation.

Mit Zinserhöhungen kämpft die türkische Zentralbank gegen die hohe Inflation.

(Foto: AP)

In Deutschland nähert sich die Inflation dem grünen Bereich. Anderswo ist die Preissteigerung außerordentlich hoch. Nun meldet Argentinien eine Zahl, die an die Zeiten der Hyperinflation erinnert.

In Europa und den USA ist die Inflation ist auf dem Rückzug. Sowohl für die Eurozone als auch die USA ist das Ziel von zwei Prozent in Sichtweite, bei dem die Zentralbanken ihr Ziel der Preisstabilität erreicht sehen. Von den Rekordständen, die in vielen Ländern nach der russischen Invasion in der Ukraine erreicht wurden, ist die Inflation weit entfernt. In einigen Ländern ist sie allerdings chronisch - die Preise steigen dort schon seit Jahren rasant.

Spitzenreiter derzeit ist Argentinien. Im Januar lag das allgemeine Preisniveau 254 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Damit hat das Land die höchste Teuerungsrate seit der Hyperinflation von 1991 erreicht. Die zweitgrößte Volkswirtschaft Südamerikas leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht.

Der neue ultraliberale Präsident Javier Milei will Argentinien mit einem radikalen Sparprogramm wieder auf Kurs bringen. Die Regierung wertete die Landeswährung Peso kräftig ab und kündigte die Kürzung von Subventionen auf Gas, Wasser, Strom und den öffentlichen Nahverkehr an - was die Preise weiter befeuern dürfte.

Unter der zweitheftigsten Inflation leidet der Libanon. Die Währung befindet sich wegen der Wirtschaftskrise im freien Fall. Die Preissteigerung ist dramatisch, sie hat 192 Prozent erreicht.

In Venezuela liegt die Inflation der Weltbank zufolge bei 107 Prozent. Das ist zwar sehr hoch, aber meilenweit von den Raten der Hyperinflation entfernt, die das Land noch vor wenigen Jahren heimgesucht hatte. Der Internationale Währungsfonds IWF beschrieb 2018 die Situation in Venezuela als "ähnlich wie Deutschland 1923 oder Simbabwe in den späten 2000er Jahren" - und setzte die erwartete Inflation damals symbolisch auf eine Million Prozent.

Erdogan zieht die Notbremse

Vorne dabei ist auch die Türkei. Die türkischen Verbraucherpreise stiegen im Januar nach der starken Anhebung des Mindestlohns deutlich, sie lagen rund 65 Prozent höher als im Vorjahresmonat.

Die Zentralbank versucht durch kräftige Zinserhöhungen, die Inflation in den Griff zu bekommen. Der Leitzins beträgt derzeit 45 Prozent. Nachdem die Geldentwertung in der Türkei 2022 noch Werte über 80 Prozent erreicht hatte, war die Inflation im Verlauf des vergangenen Jahres spürbar gesunken. Zeitweise wurden Inflationsraten von unter 40 Prozent erreicht, bevor sich die Teuerung seit dem vergangenen Sommer wieder verstärkte.

Das Inflationsproblem in der Türkei ist zum Großteil hausgemacht: Bis zu seiner Wiederwahl im vergangenen Jahr hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan eine lockere Geldpolitik der - nur formal unabhängigen - Notenbank durchgesetzt, obwohl die Inflation außer Kontrolle zu geraten drohte.

Erdogan bezeichnet sich als "Zinsfeind", sieht in Zinsen die "Mutter allen Übels" und behauptet entgegen den praktischen Erfahrungen der Vergangenheit und der ökonomischen Lehre, dass niedrige Zinsen für niedrige Inflation sorgen und hohe Zinsen für hohe Inflation.

Um diese unorthodoxe Geldpolitik durchzusetzen, feuerte Erdogan mehrere Notenbankchefs und Finanzminister, bis er einen Notenbankgouverneur fand, der seinen Wunsch nach niedrigen Zinsen erfüllte. Zwischendurch musste der Leiter der Statistikbehörde gehen. Erdogan hatte ihm vorgeworfen, er habe das Ausmaß der Inflation übertrieben dargestellt.

Die lockere Geldpolitik heizte zwar Inflation und Währungskrise an, sorgte aber zugleich für Wirtschaftswachstum - ein wesentlicher Grund für Erdogans Popularität bei seinen Wählern. Wenige Tage nach Beginn seiner dritten Amtszeit zog Erdogan im vergangenen Sommer die geldpolitische Notbremse und setzte Hafize Gaye Erkan als Chefin der Zentralbank ein. Sie folgt der ökonomischen Lehre und schraubte die Leitzinsen schrittweise von 8,5 Prozent auf das derzeitige Niveau. Sie trat nach nur acht Monaten im Amt zurück. Ihr Nachfolger Fatih Karahan will die restriktive Geldpolitik aber fortsetzen.

Quelle: ntv.de, jga/dpa

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