Wirtschaft

Mammut-Streik in Frankreich Lokführer legen sich mit Macron an

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Der zweite Tag des großen Bahn-Streiks in Frankreich bringt für Reisende im Schienenverkehr keine Entspannung: Überall im Land fallen Züge auf stark frequentierten Pendlerstrecken aus. Millionen SNCF-Kunden müssen mit monatelangen Behinderungen rechnen.

Der landesweite Streik gegen Reformen bei der französischen Staatsbahn SNCF hat auch am Tag zwei des Ausstandes wieder die Reisepläne von Millionen von Pendlern durcheinandergewirbelt. Zwar beteiligten sich laut SNCF etwas weniger Beschäftigte am Ausstand als am Vortag. Auf den Verkehr hatte dies jedoch kaum Auswirkungen.

"Rühre meinen Status nicht an": SNCF-Mitarbeiter fürchten Macrons Bahn-Reform.

"Rühre meinen Status nicht an": SNCF-Mitarbeiter fürchten Macrons Bahn-Reform.

(Foto: REUTERS)

Besonders der Schienenverkehr im Großraum Paris mit seinen über zwölf Millionen Einwohnern war erneut weitgehend lahmgelegt. In der Metropolregion fuhr am zweiten Streiktag nur jeder fünfte Nahverkehrszug nach Plan. Im Großraum Paris leben fast ein Fünftel aller Einwohner Frankreichs.

Fernzüge nach Deutschland betroffen

Von den TGV-Fernzügen war nur einer von sieben unterwegs. Damit konnte die SNCF hier etwas mehr Verbindungen anbieten als am Dienstag. Rund ein Drittel der Züge zwischen Frankreich und Deutschland fuhr planmäßig. Die übrigen Verbindungen fielen streikbedingt aus.

Die Folgen der Arbeitsniederlegungen sind über die Grenzen Frankreichs hinaus zu spüren: Auch Nachbarländer wie Spanien, Italien und die Schweiz waren zu großen Teilen vom europäischen Fernzugnetz abgehängt.

Bahn-Streik in Frankreich

Nach zwei Streiktagen bei der französischen Bahn wird für Donnerstag, 5. April 2018, eine schrittweise Rückkehr zum normalen Fahrplan erwartet. Der Betreiber SNCF rechnet nur noch mit leichten Einschränkungen des Zugverkehrs.

Die TGV-Hochgeschwindigkeitszüge sollen nahezu planmäßig fahren, heißt es. Im Regionalverkehr dürfte im Schnitt noch jeder vierte Zug ausfallen. Für Fernzüge nach Deutschland kündigt die SNCF einen normalen Verkehr an.

Anlass der Proteste sind ehrgeizige Reformvorhaben des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron: Frankreich will den Schienenverkehr wie von der EU gefordert bis 2020 für ausländische Anbieter öffnen. Zugleich versucht die Regierung in Paris, die mit fast 50 Milliarden Euro verschuldete Staatsbahn zu sanieren. Im laufenden Betrieb häuft die SNCF derzeit jährlich rund drei Milliarden Euro neue Schulden an.

Machtkampf mit Macron

Ein Grund für die hohen Schuldenlasten sehen Experten unter anderem in den hohen Personalausgaben. Im Zuge der französischen Bahnreform soll unter anderem auch der beamtenähnliche Status der SNCF-Mitarbeiter wegfallen. Traditionelle Privilegien bei Frührente und Arbeitszeiten der Beschäftigten sollen abgebaut werden.

Die Gewerkschaften fürchten, die von der EU geforderte Öffnung des Marktes und die Sanierung würden letztlich auf eine Privatisierung der SNCF hinauslaufen. Der Streik gilt vor diesem Hintergrund daher auch als erste große Machtprobe zwischen den mächtigen französischen Gewerkschaften und Präsident Macron.

Entsprechend hart gibt sich die französische Regierung: Zwar will Paris die Liberalisierung des Bahnverkehrs so lange aufschieben, wie es die EU erlaubt. Auch sollen Änderungen für die Beschäftigten vor allem neu Eingestellte betreffen. An den Reformen will Macron aber grundsätzlich festhalten.

Streikaktionen bis in den Sommer

Damit zeichnet sich ab, dass der Streik auch in den kommenden Wochen fortgesetzt wird. Die Arbeitsniederlegungen sollen laut Gewerkschaften über drei Monate laufen, wobei an jeweils zwei Tagen innerhalb von fünf Tagen gestreikt werden soll. Insgesamt sind 36 Streiktage geplant.

Die Streikwelle hatte am Dienstag begonnen und soll noch bis zum Juni dauern. Die Gewerkschaften haben die nächsten Streiktage für kommenden Sonntag und Montag angekündigt. Am Mittwoch beteiligten sich laut SNCF 29,7 Prozent der Beschäftigten an dem Streik, etwas weniger als am Vortag (33,9 Prozent). Allerdings blieben 74 Prozent der Lokführer der Arbeit fern. Ein großer Teil des Zugverkehrs fiel deshalb aus.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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