"Es gibt keine Pläne" Regierung will keine Fernbus-Maut
10.08.2015, 16:36 UhrDas Bundesverkehrsministerium will den Fernbus-Boom nicht mit einer Abgabe ausbremsen. Es sieht noch viel Potenzial in dem Markt. Die Branche zeigt sich mit der Äußerung aus Berlin zufrieden.
Der boomende Fernbus-Markt wird nicht durch eine Verkehrsabgabe belastet. "Innerhalb der Bundesregierung und innerhalb des Verkehrsministeriums gibt es aktuell keine Pläne, eine Fernbus-Maut in Deutschland umzusetzen", wies ein Ministeriumssprecher in Berlin Forderungen einzelner Politiker zurück.
In der Branche stieß das auf Zustimmung. Durch eine Maut würde der gerade erst entstandene Wettbewerb im Fernverkehr ins Stocken geraten, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Omnibusunternehmer (BDO), Christiane Leonard.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte die Debatte zuvor mit einer Abfrage bei Verkehrspolitikern von CSU, SPD und der Opposition befeuert. Es sei "wenig realistisch, dass nach der Einführung einer Pkw-Maut am Ende die Busse die einzigen Kraftfahrzeuge wären, die keine Maut bezahlen", begründete dabei der bayerische Verkehrsminister Joachim Herrmann seine Forderung nach einer Maut für Fernbusse.
Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD, Kirsten Lühmann, argumentierte ähnlich. Vertreter von Linken und Grünen verlangten ebenfalls Straßennutzungsgebühren. Sie verwiesen dabei auf zusätzliche Kosten durch eine stärkere Abnutzung der Straßen und die Mehrbelastung durch Kohlendioxid.
Ministerium erwartet Anstieg
Das vom CSU-Mann Alexander Dobrindt geleitete Verkehrsministerium indes will den Fernbus-Boom nicht durch eine Maut ausbremsen. Dobrindts Sprecher Sebastian Rudolph betonte, der Fernbus habe die Wettbewerbsverha ltnisse im Personenfernverkehr verbessert, der Markt entwickele sich positiv. "Wir haben derzeit rund 300 genehmigte Linien, und wir erwarten einen Anstieg der Fernbus-Reisenden auf rund 25 Millionen", sagte Rudolph.
Das Ministerium sehe im Fernbus ein zusätzliches attraktives Mobilitätsangebot zu den bereits bestehenden Angeboten, sagte Rudolph. "Wir haben der Deutschen Bahn angeraten, stärker in den Fernbus-Markt einzusteigen", erklärte der Sprecher. "Das ist mittlerweile mit der Fernbus-Strategie auch erfolgt oder wird erfolgen." Hintergrund sind Pläne der Deutschen Bahn, die Anzahl der Fernbusverbindungen bis Ende 2016 zu vervierfachen.
Aus der Unions-Bundestagsfraktion gab es Applaus für Dobrindt. "Deutschland braucht keine Maut für Fernbusse", meinte die tourismuspolitische Sprecherin Daniela Ludwig (CSU). Der Markt befinde sich immer noch in der Aufbau- und Konsolidierungsphase. "Eine Fernbus-Maut wäre daher kontraproduktiv und stünde den ursprünglichen Zielen der Liberalisierung des Fernbuslinienverkehrs entgegen."
Seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes Anfang 2013 nutzen immer mehr Menschen den Bus für lange Strecken. Im vergangenen Jahr beförderte die Branche nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes etwa 19 Millionen Fahrgäste - bei jährlich mehr als fünf Milliarden Passagieren, die nach BDO-Angaben den Bus allgemein als Verkehrsmittel nutzen.
Auf den Boom wird in einzelnen Städten bereits reagiert. Berlin beispielsweise plant den Ausbau des Zentralen Omnibusbahnhofes unterm Funkturm und will dafür mehr als 3 Millionen Euro ausgeben. Das Geld dürfte gut angelegt sein. Der ZOB wird von einer Tochter der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) betrieben, Busse müssen Medienberichten zufolge für einen Stopp 13 Euro zahlen, in Spitzenzeiten kommt ein Zuschlag von 2,50 Euro dazu. 2014 gab es laut BVG rund 175.000 An- und Abfahrten nach 99.900 An- und Abfahrten im Jahr zuvor und jeweils zirka 64.000 in 2011 und 2012.
Lobby lobt den sauberen Bus
Die bis zu 18 Tonnen schweren Busse dürfen die Straßen kostenlos nutzen, obwohl von Oktober 2015 an auch Lkw mit mehr als 7,5 Tonnen Gewicht in das Mautsystem einbezogen werden. Züge müssen für die Nutzung der Schienen Gebühren zahlen.
Die Fernbus-Lobby hingegen fährt positive Zahlen auf. "Busse tragen nicht wesentlich zur Abnutzung der Straße bei, denn sie haben nur einen Anteil von 1,2 Prozent bei der Wegekostenrechnung auf der Autobahn", erklärte BDO-Geschäftsführerin Leonard. Die Ökobilanz des Busses sei gar "hervorragend". So habe der Bus den Ausstoß von Partikelmasse seit Mitte der 1990er-Jahre um 97 Prozent gesenkt. "Für mehr Gerechtigkeit sorgt eine Maut keinesfalls", sagte Leonard. Die Bahn trage ihre Infrastrukturkosten bei Weitem nicht, die Kostenunterdeckung liege bei 75 Prozent.
Quelle: ntv.de, Stefan Lange, DJ