Wirtschaft

Deutschland gewinnt vor Gericht Richter stärken das VW-Gesetz

Ein eigenes Gesetz für den Automobilgiganten: Der Staat darf bei Volkswagen weiter ein gewichtiges Wort mitsprechen.

Ein eigenes Gesetz für den Automobilgiganten: Der Staat darf bei Volkswagen weiter ein gewichtiges Wort mitsprechen.

(Foto: dpa)

Aufatmen in Wolfsburg: In der höchsten europäischen Instanz bestätigt ein Urteil eine wichtige Ausnahmeregelung für Europas größten Autobauer. Der Europäische Gerichtshof bekräftigt die Sonderstellung des Landes Niedersachsen bei Volkswagen. Deutschland entgeht einer Millionenstrafe.

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In einer mit Spannung erwarteten Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) das sogenannte VW-Gesetz insgesamt als rechtmäßig bestätigt. Die Richter bekräftigten mit ihrem Urteil die Sonderrolle, die Niedersachsen im Kreis der Anteilseigner des VW-Konzerns spielt.

Das sogenannte VW-Gesetz, das den Volkswagen-Konzerns im Kern vor allem vor feindlichen Übernahmen schützen soll, bleibt damit bestehen. Der Europäische Gerichtshof wies eine Klage der EU-Kommission gegen das seit 53 Jahren bestehende VW-Gesetz zurück (Rechtssache C-95/12). Die Sperrminorität Niedersachsens als Aktionär von Europas größtem Autobauer verstoße nicht gegen geltendes EU-Recht, urteilten die Richter. Deutschland sei seinen Verpflichtungen aus dem Urteil des EuGH von 2007 zum VW-Gesetz fristgemäß nachgekommen.

Das Bundesland hält 20 Prozent der Stimmrechte des Autobauers. Eine gesetzlich verankerte Ausnahmeregelung - das umstrittene VW-Gesetz - garantiert der Regierung in Hannover eine Sperrminorität, die ansonsten üblicherweise erst ab 25 Prozent der Anteile gilt. Das Land verfügt damit theoretisch über ein Vetorecht bei allen Richtungsentscheidungen des Autobauers und könnte damit zum Beispiel auch landespolitisch nachteilige Konzernentwicklungen etwa für den regionalen Arbeitsmarkt blockieren. Das VW-Gesetz macht feindliche Übernahmeversuche praktisch unmöglich.

Deutschland müsse das VW-Gesetz nicht ändern, urteilten die Richter. Die drohende Millionenstrafe in Höhe von 68 Millionen Euro ist damit vom Tisch. Das Gericht folgte damit wie erwartet der Einschätzung von Generalanwalt Nils Wahl, der Ende Mai für eine Zurückweisung der Klage plädiert hatte. Wahl hatte die Auffassung vertreten, dass Deutschland die geforderten Änderungen an dem Gesetz vorgenommen und somit seine Pflicht erfüllt hat. Deutschland sei seinen Verpflichtungen aus dem Urteil des EuGH von 2007 zum VW-Gesetz in vollem Umfang nachgekommen, teilten die EuGH-Richter nun mit.

Wettbewerbsverzerrung bei VW?

Der Streit zwischen Berlin und Brüssel um das VW-Gesetz schwelt seit Jahren. Die EU-Kommission hatte Deutschland verklagt und verlangt, dass Niedersachsen seine Sperrminorität bei Volkswagen aufgibt. Nach Brüsseler Ansicht widerspricht der staatliche Schutz für VW vor Übernahmen durch Konkurrenten dem freien Spiel der Kräfte im Binnenmarkt.

Die Kommission hatte Deutschland zudem vorgeworfen, ein Urteil des EuGH von 2007 zum VW-Gesetz nicht vollständig umgesetzt zu haben. Damals hatte der Gerichtshof Deutschland dazu verdonnert, das Gesetz zu ändern, da es den freien Kapitalverkehr einschränke und feindliche Übernahmen unmöglich mache. Nach jenem Urteil strich die damalige Bundesregierung zwei der drei beanstandeten Regeln aus dem Gesetz - das Entsenderecht in den Aufsichtsrat und das Höchststimmrecht von 20 Prozent. Sie behielt die Sperrminorität Niedersachsens aber bei.

Die EU-Kommission hatte Deutschland daraufhin erneut verklagt. Diese Klage ist nun gescheitert. Nach dem Urteil gibt sich Brüssel im Streit um das VW-Gesetz geschlagen. Man habe zwar eine andere Interpretation in dem Fall als das Gericht, respektiere aber das Urteil, teilte eine Sprecherin des zuständigen Binnenmarktkommissars Michel Barnier mit. "Mit der heutigen Entscheidung ist das Thema abgeschlossen." Die Klärung durch das Gericht sei nach den langwierigen Prozessen in jedermanns Interesse gewesen. Generell arbeitet die EU-Kommission darauf hin, den staatlichen Einfluss bei Unternehmen zurückdrängen.

Die Abweisung der Klage hat vor allem politische Bedeutung, denn die hauseigene Satzung von Volkswagen gesteht Niedersachsen mit seinen 20 Prozent bei wichtigen Entscheidungen ohnehin ein gehöriges Maß an Mitspracherecht zu. Das Land ist zweitgrößter VW-Aktionär hinter der Porsche Automobil Holding SE mit knapp 51 Prozent und vor dem Emirat Katar mit 17 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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