"Athen braucht nicht mehr Geld" Schäuble dementiert Mehrbedarf
18.08.2015, 14:36 Uhr
Bundesfinanzminister Schäuble rechnet noch einmal vor.
(Foto: picture alliance / dpa)
Braucht Griechenland noch mehr Milliarden? Kurz vor der Bundestags-Abstimmung über das Hilfspaket muss Finanzminister Schäuble entsprechende Berichte dementieren. Zementieren kann aber auch er die Bedarfsschätzungen nicht.
Das Bundesfinanzministerium hat Berichte dementiert, wonach das hochverschuldete Griechenland noch mehr Geld als bislang bekannt benötigt. "Der Finanzbedarf bleibt unverändert bei 86 Milliarden Euro", erklärte das von Wolfgang Schäuble geleitete Ministerium.
Die rund 86 Milliarden Euro, um die es bei der für Mittwoch geplanten Beschlussfassung im Bundestag gehe, seien der zu deckende Finanzbedarf Griechenlands, hieß es in der Erklärung. In der als Bruttofinanzbedarf Griechenlands genannten Summe von rund 92 Milliarden Euro seien 6,2 Milliarden Euro enthalten, die Griechenland durch Privatisierung sofort selber aufbringen könne.
86 oder 92 Milliarden Euro?
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuvor berichtet, die internationalen Geldgeber gingen nun von einer Gesamtsumme von etwa 92 Milliarden Euro aus, die Griechenland benötige. Das übersteige deutlich den Betrag von bis zu 86 Milliarden Euro, der in der Erklärung des Euro-Sondergipfels vom 12. Juli genannt worden sei, hieß es.
Die Zeitung hatte dabei ebenfalls die 6,2 Milliarden Euro Privatisierungserlöse als Knackpunkt ausgemacht. Im aktuellen Beschlussantrag des Bundesfinanzministeriums helfe der Posten "Privatisierung" dabei, dass die Maximalgrenze von 86 Milliarden Euro nicht überschritten werde. In der Erklärung des Euro-Sondergipfels sei dagegen noch im Juli davon die Rede gewesen, dass eine Verringerung des Finanzbedarfs durch "höhere Einnahmen aus Privatisierungen" geprüft werden sollte. "Die Erlöse aus dem Verkauf von griechischem Staatsbesitz sollten demnach dazu führen, die Gesamtsumme des Rettungspakets zu senken", folgerte die "Süddeutsche Zeitung". Der Münchener Rechnung zufolge wären das also 85,5 Milliarden minus 6,2 Milliarden Euro.
Tatsächlich geht das aber nicht so eindeutig aus dem Beschluss der Euro-Staaten hervor. Dort war am 12. Juli zwar von einem geschätzten Finanzierungsbedarf zwischen 82 und 86 Milliarden Euro die Rede. Danach folgte dieser Passus: "Der Euro-Gipfel ersucht die Möglichkeiten einer Verringerung des Finanzierungsrahmens - durch einen alternativen Konsolidierungspfad oder höhere Einnahmen aus Privatisierungen - zu prüfen." Die Summe von 6,2 Milliarden Euro wird in dem Dokument nicht explizit genannt. Denkbar ist also auch, dass gemeint war, dass die Einnahmen aus Privatisierungen die bisher absehbaren sechs Milliarden Euro möglichst noch überschreiten sollten, um den Finanzierungsbedarf spürbar zu senken.
Eine Schätzung bleibt eine Schätzung
Ist damit ein erhöhter Finanzbedarf Griechenlands über den jetzt im Bundestag vorliegenden Auszahlungsplan ausgeschlossen? Mitnichten. Denn zum einen wird schon hier ein erhöhter Bruttofinanzierungsbedarf zum ursprünglichen "Eligibility Report" festgestellt, der noch von 81,7 Milliarden Euro ausgegangen war. Als Gründe werden ein geringer als erwartet ausgefallener Primärüberschuss (4 Mrd. Euro) sowie eine Erhöhung des griechischen Liquiditätspuffers genannt.
Zum anderen müssen die Einnahmen aus Privatisierungen auch den hoch gegriffenen Erwartungen entsprechen. Das Privatisierungsziel liegt bei insgesamt 50 Milliarden Euro. Die Zahl wurde schon 2011 unter dem damaligen Premierminister Giorgos Papandreou genannt, realistischer ist sie seither nicht geworden. Gerade das hier aufgesetzte, in Deutschland allzu bekannte, Treuhand-Modell erinnert daran, dass in schwierigen Zeiten gerne unter Wert verkauft wird.
Der Bundestag wird am Mittwoch über einen Auszahlungsplan abstimmen, der bis zum August 2018 hochgerechnet wurde. Welche der Zahlen bis 2018 noch Bestand haben, wissen allein die Götter.
Quelle: ntv.de, mit AFP