Staat zahlt Ende 2022 Heizkosten Sondereffekt treibt Inflationsrate zum Jahresende
04.01.2024, 16:10 Uhr Artikel anhören
Besonders Lebensmittel sind weiterhin Treiber der Inflation.
(Foto: dpa)
Nach mehreren Rückgängen steigt die Inflationsrate in Deutschland im Dezember wieder etwas. Grund: Im Vergleichsmonat 2022 fielen für viele Deutsche keine Heizkosten an. Auf Jahressicht schlägt eine Teuerungsrate von 5,9 Prozent zu Buche.
Nach fünf Rückgängen in Folge ist die Inflation in Deutschland im Dezember erstmals wieder gestiegen. Waren und Dienstleistungen kosteten durchschnittlich 3,7 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt nach einer ersten Schätzung mitteilte. Im November war die Teuerungsrate noch auf 3,2 Prozent gefallen, den niedrigsten Stand seit rund zweieinhalb Jahren. Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 3,7 Prozent gerechnet. Im Gesamtjahr 2023 lag die Inflationsrate mit 5,9 Prozent auf dem zweithöchsten Niveau seit der Wiedervereinigung, übertroffen nur von den 2022 erreichten 6,9 Prozent.
Grund für den Anstieg am Jahresende ist ein Sondereffekt: Der Staat übernahm im Dezember 2022 einmalig die monatliche Abschlagszahlung für Erdgas und Fernwärme, um die Haushalte bei den Energiekosten zu entlasten, die nach dem russischen Überfall auf die Ukraine stark gestiegen waren. Dadurch verteuerte sich Haushaltsenergie etwa in Nordrhein-Westfalen diesmal um 5,6 Prozent im Vorjahresvergleich, darunter insbesondere Fernwärme um 40 Prozent.
Nahrungsmittel verteuern sich noch immer deutlich
"Einen derart großen Basiseffekt gibt es selten", sagte dazu der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding. "Abgesehen von statistischen Sondereffekten lässt der Inflationsdruck weiter nach." So sank die sogenannte Kerninflation - bei der Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet werden - bundesweit von 3,8 auf 3,5 Prozent.
Preistreiber blieben im Dezember die Nahrungsmittel. Sie verteuerten sich um durchschnittlich 4,5 (November: plus 5,5) Prozent. Energie kostete 4,1 Prozent mehr als ein Jahr zuvor (November: minus 4,5 Prozent). Dienstleistungen verteuerten sich um 3,2 (November: plus 3,4) Prozent.
Abwärtstrend "weiter intakt"
In den Monaten bis Dezember 2023 war die Inflationsrate kontinuierlich gesunken: von 4,5 Prozent im September über 3,8 Prozent im Oktober auf 3,2 Prozent im November. Die Chefvolkswirtin der staatlichen Förderbank KfW, Fritzi Köhler-Geib, riet trotz des "turbulenten Auf und Abs" zur Gelassenheit: "Der maßgebliche Grund für den Anstieg der Inflation liegt in der Vergangenheit." Der Basiseffekt lasse die Energiepreise von heute im Vergleich höher erscheinen, obwohl sie in den vergangenen Monaten weiter gesunken seien.
Auch der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, betonte, der Dezember-Anstieg sei "als vorübergehendes Phänomen zu beurteilen". Der Abwärtstrend bei der Inflation sei "weiter intakt". Das sei auch am Rückgang der sogenannten Kernrate zu erkennen, also der Inflation ohne Energie und Nahrungsmittel, und an der rückläufigen Inflationsrate für Nahrungsmittel.
Der Kampf gegen die Inflation dürfte im neuen Jahr eine zähe Angelegenheit bleiben, was auch an mehreren politischen Entscheidungen liegt. So dürften die Energiepreise im Januar zulegen, da der CO2-Preis von 30 Euro je Tonne nicht nur auf 40, sondern auf 45 Euro gestiegen ist. Zudem ist die Preisbremse bei Gas und Strom zum Jahreswechsel ausgelaufen. Ferner zahlen Gas- und Fernwärmekunden wieder die volle Mehrwertsteuer von 19 statt der ermäßigten 7 Prozent. Auch auf Speisen in Restaurants kehrt sie auf das alte Niveau von 19 Prozent zurück. Die Ökonomen der Deutschen Bank gehen dennoch davon aus, dass die Inflationsrate 2024 sinken wird. Sie soll auf 2,6 Prozent fallen.
Quelle: ntv.de, jog/jwu/rts/AFP