DIW zu Einkommensverteilung Topverdiener profitieren nach der Pandemie besonders
15.06.2023, 09:39 Uhr Artikel anhören
Wer hat, dem wird gegeben.
(Foto: picture alliance / Daniel Kalker)
Kurze Zeit wachsen hohe Einkommen in Deutschland langsamer als niedrige. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung weist nun auf eine Trendwende hin. Demnach nimmt die Einkommensungleichheit wieder zu. Das hängt unter anderem mit der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie zusammen.
Der 2020 begonnene Trend einer abnehmenden Ungleichheit der Einkommensverteilung in Deutschland ist einer Studie zufolge unterbrochen worden. Im laufenden Jahr dürften wie schon 2022 vor allem höhere Einkommen steigen, geht aus der kürzlich veröffentlichten Modellrechnung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor.
"Insgesamt dürfte die Ungleichheit der Arbeitseinkommen im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nach der Pandemie sogar leicht zugenommen haben und auch in diesem Jahr noch etwas größer werden", so das Fazit der Berliner Forscherinnen und Forscher. Das dürfte die Wirkung der Energiekrise, die ohnehin vor allem ärmere Haushalte treffe, noch verstärken.
Den Angaben zufolge legten die nominalen Bruttolöhne und -gehälter seit 2010 zu, insbesondere bei den unteren 40 Prozent: Hier wuchsen die Bruttoarbeitseinkommen von 2010 bis 2020 um knapp 40 Prozent, während die mittleren Einkommensgruppen einen Anstieg von 25 Prozent und die Topverdienenden von 19 Prozent verzeichneten.
In diesem Jahr dürften die unteren 40 Prozent dagegen nur auf ein Plus von 2,55 Prozent kommen, die Top Ten dagegen auf 2,81 Prozent. Schon 2022 sei das Bild ähnlich gewesen: In der untersten Einkommensverteilung lag das Plus mit 5,96 Prozent unter dem der obersten von 6,85 Prozent. Die hohe Inflation habe im vergangenen Jahr "zu einem realen Rückgang bei den Einkommensschwachen geführt, während Topverdienende noch von leichten realen Einkommenszuwächsen profitiert haben dürften".
Bei der Vermögensverteilung sieht es noch schlimmer aus
Der Gini-Koeffizient, der die Ungleichheit misst und vergleichbar macht, sank bei den Einkommen im vergangenen Jahrzehnt von 0,39 auf 0,37. Für das laufende Jahr sagen die DIW-Forscher nun einen Anstieg um 0,01 voraus. Der Gini-Koeffizient bewegt sich zwischen 0 und 1: Je höher der Wert, desto größer die Ungleichheit. Ungleicher wird es beim Vermögen. Laut Deutscher Bundesbank lag der Gini-Koeffizient dort 2021 bei 0,71. Bei einem Wert von 1 hätte eine Person das gesamte Vermögen, der Rest wiederum nichts. Wie sich der Wert im Verlauf der Energiekrise verändert hat, muss sich noch zeigen.
Als Grundlage für die Schätzung und Prognose der Arbeitseinkommensverteilung dienen dem DIW eine Vielzahl von aktuellen Daten, von der Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes über den Anteil der Menschen in Kurzarbeit bis hin zum Sozio-oekonomischen Panel - einer repräsentativen Befragung privater Haushalte in Deutschland. Das neue Prognosemodell erlaubt daher, Aussagen über den derzeitigen Stand der Ungleichheit der monatlichen Bruttoarbeitseinkommen abhängig Beschäftigter zu treffen. Relevante Daten für die Berechnung lägen bislang meist erst mit einer Verzögerung von teilweise mehr als zwei Jahren vor, weshalb bisherige Studien meist in die Vergangenheit gerichtet seien.
Quelle: ntv.de, tkr/rts